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«Pricecoach ist tot»

Das Motorhome-Buchungstool wird nicht mehr gepflegt. Die Firma dahinter zeigt Auflösungszustände.

Seit rund zwei Monaten müssen die Reservationsteams bei Kuoni und bei Knecht Reisen die Motorhome-Buchungen manuell vornehmen. Dies, weil das Buchungstool Pricecoach der Firma XSS seit Dezember nicht mehr verfügbar ist. Sämtliche Websites, ob B2B oder B2B2C, sind offline.

Anfragen bei Eddy Zürcher, CEO der Firma XSS Solutions, welche hinter Pricecoach steht, verhallen unbeantwortet – sowohl solche von Travelnews.ch als auch von den Reservationsteams bei Kuoni und Knecht, aber auch von früheren Mitarbeitenden.

Die Lage scheint dramatisch: Die Büros am Bahnhof Rüti mussten geräumt werden, weil über Monate keine Mietzahlungen mehr an die SBB Immobilien überwiesen wurden. Drei ehemalige Mitarbeitende bereiten eine Sammelklage vor, um ausstehende Lohnzahlungen einzufordern. Die Rede ist dabei auch von nicht überwiesenen AHV- und BVG-Beiträgen, trotz Abzügen bei den Arbeitnehmern.

Eddy Zürcher hatte seine aktuellen (Schweizer) Kunden überdies seit über einem Jahr mit dem Versprechen eines 3.0-Release von Pricecoach hingehalten. Dieses steht immer noch aus, während das aktuelle Release 2.0 nicht nur seit mehreren Wochen offline ist, sondern auch keine Techniker mehr angestellt sind, um die Probleme zu beheben. Auch Programmierer hat es keine mehr. Dem Vernehmen nach gibt es auch keine Buchführung mehr. Einem Betreibungsauszug gegen die XSS Solutions sind Konkursandrohungen zu entnehmen; nebst Lohnforderungen sind auch Forderungen von BVG-Partner Axa Winterthur oder von der Ausgleichskasse des Kantons Zug (die XSS Solutions ist offiziell in Baar beheimatet) aufgelistet. Bei XSS Solutions sieht es demzufolge ziemlich nach Lichterlöschen aus.

Die involvierten Grosskunden Kuoni und Knecht geben sich derweil bedeckt. Offenbar seien sie mit Pricecoach in Kontakt, heisst es auf Anfrage. Die Situation sei allerdings «nicht befriedigend». Es ist kein Geheimnis, dass beide Firmen aktiv daran arbeiten, alternative Buchungslösungen für Motorhomes zu evaluieren oder selber aufzubauen.

Diesen Schritt hatten frühere Pricecoach-Kunden wie Hotelplan, TUI Suisse oder World-Wide-Wheels  - ursprünglich eine von Eddy Zürcher selber aufgebaute Firma - schon vorher vernommen. Dass sich die XSS Solution nun nochmals retten kann und Pricecoach wieder normal läuft und sogar einen neuen Release im Markt bringen und somit auf Kundenakquisition gehen kann, wird von den wenigsten befragten Branchenvertretern erwartet. «Pricecoach ist tot», lautet der Tenor.

Bis auf Weiteres müssen die Reservationsteams bei Kuoni und Knecht also die komplexen Motorhome-Buchungen manuell einbuchen. Reisebüros, welche selber einbuchen konnten, können dies nun nicht mehr und müssen sich an die Veranstalter werden. Dass dadurch bei Kuoni und Knecht teils Reservationen an Konkurrenten verloren gehen, liegt auf der Hand. Da die Pricecoach-Dienstleistungen relativ teuer sind und  jeweils im Voraus per Jahres- oder Transaktionspauschale bezahlt werden, steht noch die Frage im Raum, ob Kuoni und Knecht rechtlich vorgehen werden, da die Leistungen  längst nicht mehr erbracht werden. Auch dazu gibt man an der Neuen Hard und in Windisch keine Auskunft.

(JCR)