Travel Tech

Haben interessante Einblicke in die neue Travelport-Ausrichtung gegeben: Sabrina Schwab und Dieter Rumpel. Bilder: Travelport

Travelport und die neue Philosophie des Reisevertriebs

Gregor Waser

Der Technologiedienstleister Travelport begibt sich in die Cloud, um den Reisevertrieb künftig intuitiv, reibungslos, schneller und leichter zu gestalten. DACH-Chef Dieter Rumpel setzt dabei auf Datenwissenschaft und Personalisierung und er macht sich stark für einheitliche Standards.

Im jüngsten Travelport-Webinar haben Dieter Rumpel, Managing Director Germany, Austria & Switzerland, sowie Sabrina Schwab, Head of New Business Marketing EMEA, deutschsprachigen Reisebüros einen treffenden Einblick gegeben, wie sich der Technologiedienstleister Travelport die Zukunft des Reisens und des Reisevertriebs vorstellt.

Die Good News vorweg: die überwältigende Mehrheit der Befragten will wieder reisen und würde dazu auch auf andere Dinge verzichten. Das hat eine Travelport-Konsumentenstudie in mehreren Ländern ergeben.

Reisen geniesst bei den meisten Leuten weiterhin einen sehr hohen Stellenwert.

Doch was die Studie ebenfalls preisgibt: ein grosser Teil der Reisenden möchte die Reise an einer einzigen Stelle buchen und nicht verzettelt auf verschiedene Apps und Websites. «Reisen ist das schönste der Welt, das Einkaufen von Reisen ist aber unangenehm», sagt Sabrina Schwab und sie blickt dabei über den Tellerrand Richtung Autoindustrie, um zu veranschaulichen, wie Konsumenten heute ticken.

«Die Leute hassen den Gang ins Autohaus. Kaum haben sie es betreten, werden sie vom Verkäufer bedrängt. Und beim Preis kriegen sie nie eine klare Antwort. Kein Wunder ist der Sonntag der beliebteste Tag, um Autos anzusehen, weil man dann nicht belästigt wird», sagt sie. Tesla mache es vor. Statt Autohäuser betreibe Tesla Ausstellungsräume im Stil von Galerien – ohne Verkaufspersonal, nur mit Leuten, die Fragen beantworten. Kein Marketing, keine PR-Massnahmen stünden im Einsatz, nur Mundzumund-Propaganda sowie die Medienberichterstattung über Innovationen. «Nach dem Besuch gehen die Leute nach Hause und kaufen das Auto online».

Sie erwähnt auch Beispiele aus dem US-Finanzwesen, wo Venmo und Revolut sich mit dem Geldtransfer von Mensch zu Mensch durchgesetzt haben. Analog diesen Entwicklungen will auch Travelport den Reisevertrieb neu erfinden und dabei die Kommunikation zwischen Veranstalter, Reisebüros und Kunden reduzieren. «Das Besondere an guten Erlebnissen ist, dass sie einfach sind, intuitiv, reibungslos, schneller und leichter.» Doch wie man das schaffe? Es gelte die Haltung zu ändern und die gesamte Marke von Travelport auf den modernen Reisevertrieb auszurichten.

Weg vom statischen Modell

DACH-Chef Dieter Rumpel konkretisiert die Stossrichtung. Das herkömmliche PNR habe ausgedient, «wir rücken mit Travelport + vom statischen Modell ab». Heute kämen eine ganze Reihe von Serviceleistungen hinzu, ob ein Upgrade, Wifi, eine Mahlzeit, eine Lounge-Reservation. Die Zahl der Optionen sei explodiert. «Es gilt diese Optionen zu sortieren, sie auf die Bedürfnisse des Reisenden zuzuschneiden.» Für die Umsetzung will Travelport künftig offene Systeme nutzen, die Cloud und maschinelles Lernen.

Das neue Reisemodell basiert auf maschinellem Lernen und Personalisierung.

Datenwissenschaft, Personalisierung, Cloud Computing und einheitliche Standards heissen dabei die Losungsworte des Technologiedienstleisters, der Erfolge aus anderen Branchen, etwa Amazon, adaptieren will. Die Cloud ermögliche es verschiedenen Playern an einer Buchung gleichzeitig zu arbeiten, ganz im Sinne von kollaborativen Dateien, wie man sie von Google Docs kenne.

Die Datenwissenschaft kommt etwa dort zu tragen, wo es um die Verfolgung der Nutzerpräferenzen gehe. «Wir lernen ständig dazu, wo Agenten auf Probleme stossen und wie sie durchs System navigieren. Wir zeigen Nutzern nur diejenigen Optionen, die relevant sind», sagt Rumpel und spricht dabei von einem neuen Suchparadigma. Dank dieser Datennutzung und Bereitstellung der Präferenzen lasse sich auch eine Umsatzsteigerung erzielen. Und der Travelport-DACH-Chef aus dem solothurnischen Schwarzbubenland ist überzeugt: «Die Cloud ermöglicht uns eine global verfügbare Datenarchitektur, die uns das Reisen sehr viel einfacher macht.»

Und dann blendet Dieter Rumpel eine Grafik ein, bei der es einem schwindlig wird. Diese stellt die unzähligen, verschiedenen Namen dar, die Airlines für ihre Premium-Economy-Klasse verwenden.

Wie viele verschiedene Namen gibt es eigentlich für die neue Zwischenklasse?

Ein Unding, das die Komplexität der Tourismusindustrie bestens veranschaulicht. Für mehr oder weniger das gleiche Produkt, verwendet jede Airline eine andere Bezeichnung, im Bestreben sich abzugrenzen.

Eine ähnliche Entwicklung zeichne sich bei der Nachhaltigkeit ab, stellt Rumpel fest: «Wir werden scheitern, wenn wir alle losziehen und unser eigenes Ding machen – und dann noch darüber reden, wie toll unser Ansatz ist.»

Die Reisebranche müsse unbedingt besser zusammenarbeiten. Zwar gebe es die IATA, «aber wir brauchen kleinere, wendigere Organisationen», sagt Rumpel und nennt das Beispiel ICANN. Die gemeinnützige Organisation widmet sich in vorbildlicher Weise der Sicherheit, Stabilität und Operabilität des Internet. «Wir brauchen ähnliche Systeme, die helfen, dass wir als Branche schneller werden».

So gesehen, ist das vierte Losungswort der Travelport-Strategie, «einheitliche Standards», zurzeit wohl noch eher Wunsch als Realität.