Travel Tech

Katja Altmann, CEO von Bedfinder, dem 2016 gegründeten Startup der Hotelplan Group. Bild: TN

«Die aktuell herausfordernde Situation öffnet uns auch neue Tore»

Gregor Waser

Das Hotelplan-Startup Bedfinder hat turbulente Anfangsjahre hinter sich. CEO Katja Altmann erläutert den angepassten Fokus und sagt, dass die Post-Corona-Reisewelt für Bedfinder Chancen bietet.

Frau Altmann, wie hat sich die Ausrichtung von Bedfinder seit Firmengründung im 2016 verändert?

Katja Altmann: Zu Beginn stand die Distribution von Hotel-only über Metasearch-Channels, wie Google, Trivago und anderen in unserem Fokus und wir haben die Produkte in über 25 Quellmärkte ausgerollt. In einer weiteren Phase haben wir Flug-Packages für den internationalen Vertrieb aufgesetzt und ebenfalls über Google und weitere Kanäle wie Kayak lanciert. Und in Phase 3 haben wir unser Angebot um White-Lable-Modelle erweitert und mit Partnern wie weekend.com und Travelzoo erste Projekte realisiert. Das Hotel-only-Geschäft hat sich zusehens schwieriger entwickelt, da die Konkurrenz zunahm, Distributionskanäle die Rahmenbedingungen zu unserem Nachteil verändert haben oder wir mit hohen Forderungsausfällen von Betrugsbuchungen zu kämpfen hatten. Wir konnten das Geschäfts nicht mehr rentabel betreiben und haben uns im August 2019 dazu entschieden, diesen Zweig einzustellen und vollends auf den Absatz von Flug-Packages mit Fokus auf White Label zu konzentrieren. Das White-Label-Geschäft hat sich bis vor Corona vielversprechend entwickelt und die Umsatz- und Margenentwicklung war gut.

An welchen aktuellen Projekten arbeiten Sie?

Wir haben vor vier Wochen Flug-Packages mit der Hotelkette Iberostar für den deutschen Markt lanciert und sind gerade noch dabei, die Integration zu optimieren. Weiter werden wir bis Ende dieses Jahres noch die Integration mit Travelzoo Deutschland und UK abschliessen. Bisher hatten wir hier nur den amerikanischen Markt bedient. Als neues Produkt werden wir mit Bahn-Packages zeitnah im deutschen Markt live gehen. Wie Sie sehen, nutzen wir die aktuellen Zeit des «Corona-Stillstands», um laufende Projekte voranzutreiben und abzuschliessen, um für die Zeit «danach» gut gerüstet zu sein.

Dann bieten Sie nur noch technologische White-Label-Lösungen an ohne eigenes Touroperating?

Nein, wir sind weiterhin als Touroperator tätig, sozusagen als White-Label-Touroperator. Das heisst, wir stellen nicht unseren eigenen Brand in den Vordergrund. Wir betreiben also kein B2C-Marketing mit dem Bedfinder-Label, sondern wir agieren für grosse Travel Brands als Touroperator im Hintergrund. Dies beginnt beim Produkt, geht über eine hochperformante Technologie im Bereich Dynamic Packaging bis hin zu Touroperator- und Midoffice-System. Wir bilden alle Liability-Themen wie Haftung oder Kundengeldabsicherung ab; und ein weiterer Part ist dann auch das Kunden-Handling im Namen des Partners, dazu gehört alles, was mit Customer Support, Krisenhandling und Reklamationen zu tun hat.

Wie muss man sich in der Praxis die Zusammenarbeit zwischen Bedfinder und zum Beispiel Iberostar vorstellen?

Bei Iberostar bieten wir eine Frontend-Lösung an, den Web-Auftritt, in den Iberostar hineinverlinkt, um Flug-Package «made by bedfinder» zu verkaufen – das Ganze im Look und Feel von Iberostar. Auf Iberostar.com hat die Hotelkette viel eigenen Traffic und dabei das Interesse, den Kunden direkt zu bedienen, wie mittlerweile viele andere Hotelketten auch. Sie möchten die Wertschöpfungskette erweitern und dem Kunden mehr als nur die Hotelnacht anbieten, sie wollen ihm das volle Programm bieten, inklusive Flug und angereichert mit Ancillaries wie Transfers, Mietwagen und so weiter.

«Haftungsübernahme, krisenerprobte Kundenkommunikation, schnelle Rückerstattungen an den Kunden sind Argumente, die für einen starken und verlässlichen Partner wie uns im Hintergrund sprechen.»

Zeichnen sich neue Projekte ab?

Die aktuell herausfordernde Situation öffnet uns auch neue Tore. Gerade jetzt können wir beweisen was es heisst, ein Touroperator zu sein. Haftungsübernahme, krisenerprobte Kundenkommunikation, schnelle Rückerstattungen an den Kunden sind Argumente, die für einen starken und verlässlichen Partner wie uns im Hintergrund sprechen. Wir sind mit verschiedenen Interessenten in Gesprächen und guter Dinge, dass sich hieraus die eine oder andere Zusammenarbeit realisieren lässt.

Welche Herausforderung stellt die Covid19-Krise für Bedfinder dar? Wie hat sich die Anzahl Mitarbeitenden jüngst entwickelt?

Die grössten Herausforderungen sind auch für uns die stornierten hohen Umsätze und Erträge im Frühling und Sommer sowie die ausbleibenden Buchungen aktuell. Wir könnten das nicht ohne Weiteres stemmen, hätten wir nicht den Rückhalt unserer Mutter Hotelplan Group und somit auch den Rückhalt derer Aktionärin Migros. Viel Aufwand bereitet uns auch die Reisebeschränkungen der verschiedenen Quellmärkte (DE, UK und US) und Destinationen, um alles im Überblick zu behalten. Diese müssen mit bestehenden Buchungen abgeglichen und die Kunden laufend informiert werden. Wichtig zu erwähnen sind aber auch die positiven Entwicklungen in einer solche Phase. So hat unser Team in Zürich und Budapest, zum Grossteil aus dem Homeoffice, einen sehr guten Job gemacht und Teamgeist gezeigt. Unsere Partner sind mit dem Kunden Support sehr zufrieden, was uns zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Wir arbeiten mit unserem Team in Zürich (4 Mitarbeitende) seit Beginn der Krise in Kurzarbeit und werden dies auch noch die nächsten Monate tun, solange sich keine Verbesserung einstellt. In unserem Team in Budapest (17 Mitarbeitende) haben wir scheidende Mitarbeiter nicht ersetzt und arbeiten hier ebenfalls in einer Art Kurzarbeit.

Wo sehen Sie die Erfolgschancen von Bedfinder in Zukunft?

Wir und unsere Gesellschafter glauben sehr stark an unsere Strategie. Immer mehr Brands wie Hotelketten versuchen ihre Wertschöpfungskette zu erweitern. Bei Travelzoo handelt es sich um ein Reiseportal mit einer weltweiten Community und diese wollen sie mit eigenen Flugpackages bedienen. Gleichzeitig sagen sie sich, wir sind Marketingspezialist und Spezialist beim Deals finden, aber wir wollen nicht auch Touroperator sein. Genau da kommen wir ins Spiel mit unserer Kernkompetenz, die sich die Hotelplan-Gruppe in über 80 Jahren aufgebaut hat, indem wir Produkte einkaufen, uns zusätzlcih in den letzen 10 Jahren sehr stark technologisch aufgestellt haben und es verstehen, wie man mit einem Kunden umgeht. Gerade Corona hat nun gezeigt, wie wichtig die Rolle eines Touroperators in der aktuellen Phase ist. Starke Reisemarken wollen diesen Service künftig in Anspruch nehmen, weil sie die im Bereich Technologie nötigen Investments nicht tätigen wollen und auch nicht ins Haftungsrisiko gehen wollen. Auf Bedfinder bezogen öffnet die Post-Corona-Zeit zusätzliche Tore, davon bin ich überzeugt. Denn viele Brands möchten nicht in die Haftung gehen. Es ist davon auszugehen, dass nach der Corona-Pandemie eine gewisse Unsicherheit im Reisemarkt verbleibt und dass in den nächsten Jahren viele Leistungsträger noch unter dem Schaden leiden oder auch möglicherweise ihren Betrieb einstellen müssen. Man ist in den nächsten Jahren nicht vor zusätzlichen Insolvenzen gewappnet.

Spielt Ihnen diese Positionierung nicht auch einen Berg von Problemen zu – in einer Welt der Unsicherheit, Verschiebungen und Insolvenzen?

Das ist durchaus ein Risiko. Wir schauen uns die Partner, mit denen wir arbeiten, natürlich sehr gut an. Andererseits vereinnahmen wir auch die Kundengelder, der Kunde schliesst den Reisevertrag mit uns ab. Aber wir wissen auch, die Airlines werden nach wie vor nach Buchung bezahlt. Das ist ein Risiko, bei dem wir hoffen, dass sich gewisse Dinge ändern werden und man nicht mehr 100 Prozent bei Buchung abführt. Wir hoffen auf eine Entspannung für den Markt und dass wir nicht monatelang auf Rückerstattungen warten müssen. Dieses Risiko ist uns bewusst, aber wir haben das Know-how frühzeitig einschätzen zu können, welche Leistungsträger wir möglicherweise nicht mehr anbieten, so dass wir frühzeitig die Reissleine ziehen und uns von gewissen Partnern trennen.