Travel Tech

Technologie wird in der sich schneller denn je ändernden und zunehmend kontaktlosen Reisewelt immer wichtiger. Bild: AdobeStock

Neue Tools für die Vertrauensbildung von Reisenden gefragt

Die Coronavirus-Pandemie verändert die Reisebranche markant, und mit ihr den technologischen Wandel. Das sieht man jetzt schon an diversen Massnahmen - sowie an spezialisierten Startups, die wie Pilze aus dem Boden schiessen.

Das aktuelle Schlagwort in der Reisebranche ist «Vertrauensbildung». Wie bringt man die Menschen wieder dazu, auf Reisen zu gehen, nachdem sich wegen dem Corona-Schock viele bisherige Selbstverständlichkeiten in grosse Fragezeichen verwandelt haben? Schaut man sich um, fällt auf, dass es im rein technischen Reisesinn so ist, dass der technologische Wandel, ohnehin schon in Gang, von der Pandemie nochmals beschleunigt wurde. Allerdings ist das «menschliche Element» auch wieder wichtiger geworden, insbesondere bei der «sanften Vertrauensbildung», also in der Phase der Entscheidungsfindung.

Die vorrangigen aktuellen Fragen bei potenziellen Reisenden lauten etwa:

  • Wohin kann ich reisen? Unsere regelmässig aktualisierte Übersichtsliste wird seit Wochen täglich rege genutzt. Tatsächlich ist es ein Riesenaufwand, den Überblick zu bewahren im Dschungel der oft kurzfristig ändernden, von Land zu Land unterschiedlichen Einreise- und Hygienebestimmungen und allfälligen Quarantäneregeln. In diesem Zusammenhang wird auch sehr viel via Social Media nachgefragt bzw. geteilt. In der jetzigen Phase verlagern sich die Fragen darüber hinaus zusehend vom «Wohin» zum «Wie» - sprich, selbst wenn man einreisen darf, gibt es viele Fragen dazu, was offen ist und was nicht, ob im öffentlichen Raum Maskenpflicht herrscht, wie die Einreise vonstatten geht. Auch hier gibt es das menschliche Element, in Form der «Schwarmintelligenz»: Erlebnisberichte von solchen, die bereits gereist sind, haben sowohl bei uns als auch in Sozialen Medien Hochkonjunktur. Allerdings gibt es längst auch Technologie-Anbieter, welche den Informationsdurst nutzen und für praktisch alle Länder stets aktuellste Infos zur Hand haben - ein Beispiel etwa ist Smartvel. Allerdings sind solche Lösungen nicht kostenlos. Es gibt allerdings auch behördliche Lösungen, wie das jüngst vorgestellte EU-Portal.
  • Gibt es Flüge? Die einfachste Lösung ist eine Online-Suche. Allerdings gibt es hier das Problem, dass viele Flüge kurzfristig wieder annulliert werden, bzw. dass die Flugpläne aktuell äusserst volatil sind. Das ist auch für den stationären Vertrieb ein riesiges Problem. Je mehr Kommunikationsstufen notwendig sind, desto umständlicher und fehleranfälliger wird es. Das machen sich auch erste Unternehmen (in der Regel Startups) zunutze. Zum Beispiel Rubiq: Das israelische Startup hilft Airlines mittels einer White-Label-Lösung, die Umbuchungen und Refunds von Passagieren nach Annullierungen zu streamlinen. Damit werden Call Center entlastet und Verzögerungen minimiert. Die Umbuchungen erfolgen automatisch, mithilfe von KI.
  • Ist das Fliegen überhaupt sicher? Was haben wir nicht alles schon gehört über neue Hygieneregeln an Flughäfen und in Flugzeugen. Abstand, Maske, Desinfektionsmittel - so der Standard. Doch künftig wird spezielle Technologie wohl noch verstärkt in Betracht gezogen. So schauen Flughäfen und auch Airlines bei Spitälern rein, welche spezielle antimikrobielle Beschichtungen an Wänden und oBerflächen bereits nutzen. Das wäre auch in der Reisebranche angebracht, also vor allem an Orten mit hoher wechselnder Personenfrequenz. Auch technologisch fortgeschrittene Reinigungs- und Desinfektionsmethoden, etwa per UV-Licht, finden immer häufiger Anwendung. Gleichzeitig erfährt die Reinigungsindustrie gerade weltweit eine Art «Update» hinsichtlich der Methoden und Anwendungen. In der Beherbergungsindustrie werden derweil neue Reinigungsstandards lanciert.
  • Wie kann ich mich am besten schützen? Diese Frage hängt mit der vorherigen zusammen - es geht ja auch nicht nur ums Fliegen: In jedem öffentlichen Transport ist man quasi exponiert, weshalb es zahlreiche Fragen gibt hinsichtlich der getroffenen Massnahmen. Die Schweiz pflegt hier bislang einen recht entspannten Umgang, obwohl seit den steigenden Fallzahlen von letzter Woche die Maskenpflicht im ÖV wieder verstärkt verlangt wird. In vielen anderen Ländern ist dies längst Pflicht. Und beim «sich schützen» spricht man auch nicht nur von Transport, sondern von zahlreichen täglichen Interaktionen im öffentlichen Raum. Auch hier kommt zunehmend Technologie zum Einsatz: Kontaktloses Bezahlen. Sprachaktivierte Interaktionen, wo man auf den Knopfdruck verzichten kann. Automatische Türen. Hilfsroboter an Flughäfen, für die Information oder für die Reinigung. Inzwischen sind auch Chatbots auf öffentlichen (Reise-)Seiten vermehrt auf Fragen hinsichtlich Covid-19 vorbereitet.
  • Bin ich gesund? Diese Frage ist wichtig, vor und nach dem Reisen. Es ist eigentlich eine zentrale Frage unseres Lebens, welche nun wieder stärker in den Vordergrund rückt. Selbsttests haben Hochkonjunktur, und werden entsprechend von Firmen wie Viselio oder Check Your Health bereits angeboten. Das eigene Monitoring der Gesundheit, mit technologischen Hilfsmitteln, aber auch prophylaktisch, wird an Wichtigkeit weiter zunehmen.

Unter dem Strich lässt sich sagen, dass der technologische Wandel weiter zunehmen wird. Das wird, wie oben beschrieben, in täglichen Prozessen zu sehen sein, aber auch in komplexen technologischen Prozessen. Das ist beispielsweise für die klassischen Reiseveranstalter eine Herausforderung. Viele operative Prozesse sind längst viel zu träge geworden, um den heutigen Anforderungen gerecht zu werden. Die Antwort liegt in der «Hyperautomation» zahlreicher Prozesse. Das Marktforschungsunternehmen Gartner prognostiziert, dass bis 2024 zahllose Firmen ihre operativen Kosten um 30 Prozent reduzieren werden, indem sie Prozesse automatisieren und zunehmend auf KI setzen. Auch da sind bereits Startups mit Lösungen am Start, etwa die in San Francisco basierte «Automation Hero», welche repetitive Arbeiten unter Einsatz von KI übernimmt.

Kurzum: Die Reisebranche wird, wenn es um technische Abwicklungen geht, immer stärker automatisiert werden. Das humane Element bleibt aber sicherlich in der Entscheidungsfindungs-Phase ganz wesentlich.

(JCR)