Travel Tech

Der 29-jährige Kevin Brandes hat zusammen mit Volkerer Kammerer die Geschäftsleitung von Tourdata-Gründer Hugo Hofmann übernommen. Bild: TN

«Die Tourdata-Apps für Chauffeure, Reiseleiter und Kunden erfreuen sich einer grossen Nachfrage»

Gregor Waser

Seit drei Monaten leitet Kevin Brandes zusammen mit Volker Kammerer die Tourdata AG, Anbieterin von IT-Lösungen rund ums Reisen. Im Interview äussert sich Brandes zu den jüngsten Entwicklungen.

Herr Brandes, seit drei Monaten leiten Sie zusammen mit Volker Kammerer als neue Co- Geschäftsführer die Tourdata AG. Was hat sich bei Tourdata in der neuen Konstellation geändert?

Kevin Brandes: Einiges. Die Nachfolgelösung wurde bereits vor drei Jahren im Einvernehmen mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Tourdata beschlossen. Volker Kammerer, der bereits seit 1995 für Tourdata tätig ist, hat sich in seine neue Position seit zwei Jahren eingearbeitet und die Verantwortung für die gesamte Produktion übernommen. Ich selbst habe nebst meiner Ausbildung als Informatiker eine Zweitausbildung als Betriebswirtschafter gemacht und stehe kurz vor dem Abschluss. Meine Abschlussarbeit befasst sich mit dem Marktumfeld und den Zukunftschancen der Firma Tourdata. Seit Mitte 2019 übernehme ich laufend die Aufgaben im Bereich Unternehmensplanung, Marketing und Verkauf und Finanzen von Hugo Hofmann.

Wie aktiv ist Firmengründer Hugo Hofmann noch im daily business?

Hugo Hofmann hat sich aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen und bildet zusammen mit seiner Frau den Verwaltungsrat. Bei uns finden regelmässig MitarbeiterInnen-Sitzungen statt, an denen Hugo Hofmann teilnimmt. Ebenso halten wir pro Monat eine GL-Sitzung ab und besprechen Vorgehen und Strategie. Bei Fragen können wir auf ihn zurückgreifen und das ist auch wichtig so, in den letzten 30 Jahren seit der Tourdata-Gründung hat Hugo Hofmann ein enormes Wissen angereichert. Die Ablösung ist ein laufender Prozess.

Wie gross ist Tourdata mittlerweile?

Tourdata beschäftigt 11 MitarbeiterInnen und arbeitet mit rund 100 Firmen zusammen und ist an 800 Arbeitsplätzen in der Schweiz und Deutschland im Einsatz.

Wie beurteilen Sie das Geschäftsjahr 2019 für die Tourdata AG?

Wir sind zufrieden mit dem Ergebnis, es liegt auf Vorjahresniveau. Unsere Kunden haben mit unserer Booking Engine über 200’000 Online-Buchungen von Reisebüros und Direktkunden erhalten. Neue Anforderungen an uns konnten wir bewältigen. Seit 2012 sind insbesondere unsere grösseren Kunden gewachsen und haben Forderungen an uns herangetragen. 2013 waren wir sechs MitarbeiterInnen – heute sind wir elf. 2013 beschäftigten wir zwei Informatiker, heute sind es sechs, inklusive Lehrling. Personell müssen wir den Wechsel der Geschäftsführung verarbeiten und den Abgang von Arlette Gahler, die seit 21 Jahren für den Support tätig war. Für Arlette Gahler haben wir in Judith Bertolaso eine ausgewiesene Nachfolgerin gefunden. Sie arbeitete während vielen Jahren für verschiedene Tour Operator im Support, am längsten bei Kuoni. Seit Mitte Jahr haben wir einen zusätzlichen Softwareentwickler in unseren Reihen, David Zeindler.

«Wir haben unser Personal massiv ausgebaut»

Jüngst hat sich Universal Reisen für das DaVinci-System entschieden. Ist dieser Absprung ein Einzelfall?

Wir bedauern den Wechsel von Universal zu einem anderen System. Wir verlieren in Universal einen Kunden, mit dem wir über 20 Jahre zusammengearbeitet haben. Das schmerzt auch persönlich. Wir wünschen Universal für die Zukunft nur das Beste. Veränderungen bei Kunden sind üblich. Die Reisebranche ist in Bewegung. Unsere Kunden kaufen andere Unternehmungen, andere Unternehmungen kaufen unsere Kunden, die dann zum bestehenden System des Käufers wechseln. Über die letzten zehn Jahre hinweg haben wir mehr Kunden und Arbeitsplätze gewonnen als verloren.

An 800 Arbeitsstationen, bei vielen Reiseveranstaltern und Carunternehmen ist Tourdata im Einsatz. Orten Sie überhaupt noch Wachstumspotenzial?

Ja. Wir haben einige Zukunftsprobleme angegangen. Die wichtigsten Unternehmensfragen sind Rendite, Fortbestand und Wachstum. Tourdata schreibt seit ihrer Gründung vor 30 Jahren schwarze Zahlen. Durch die Regelung der Nachfolge ist der Fortbestand, und damit die Sicherheit, dass es weitergeht, für die Kunden und die MitarbeiterInnen gewährleistet. Wir haben unser Personal massiv ausgebaut, was unserer Auftragslage auch entspricht und eine Investition in die Zukunft ist. Die Komplexitäten wachsen. Der Markt und die Anforderungen unserer Kunden werden sich verändern – und wir sind dabei. Mit neuer zukunftsorientierter Führung, mit qualifiziertem Personal und mit fundierten Kenntnissen der Reisebranche. IT ist wichtig – und das dürfte sich in Zukunft nicht ändern.

Welche Bereiche deckt Tourdata für ein Reiseunternehmen ab?

Tourdata ist in einer Vielzahl von Bereichen für die Reiseunternehmen tätig. Vor der Reise unterstützt unsere Lösung zum Beispiel im Bereich der Webseite, worüber Informationen zu den Produkten aus dem Inhouse-System präsentiert oder Onlinebuchungen abgewickelt werden können. Hat ein Endkunde gebucht, so können Dokumente und Reiseunterlagen direkt mit Tourdata erstellt und versendet werden. Tourdata unterstützt aber nicht nur beim Buchen. Newsletter und Katalogbestellungen können zum Beispiel ebenfalls über Tourdata abgewickelt werden. Bei der Planung von Reisen bietet das System ebenfalls Unterstützung.

Während der Durchführung einer Reise unterstützen wir unsere Kunden mit Hilfe von verschiedenen Apps. Der Endkunde hat so zum Beispiel die Möglichkeit sein Reiseprogramm in digitaler Form direkt auf seinem Smartphone über eine App abzurufen. Und der Reiseanbieter wiederum hat die Möglichkeit, den Kunden auf digitalen Weg während der Reise zu erreichen und mit ihm zu interagieren. Bei Reisebussen haben Chauffeure die Möglichkeit, über eine App ihren Einsatzplan abzurufen.

Nach der Durchführung unterstützt Tourdata zum Beispiel mit der automatischen Erhebung von Qualitätsrückmeldungen und natürlich mit diversen Auswertungen und Statistiken. Dies sind einige Beispiele für Bereiche, in welchen Tourdata die Reiseunternehmen unterstützt. Der Funktionsumfang ist über die Jahre stark gewachsen.

«Der Service ist unsere wichtigste Aufgabe – damit unsere Kunden im Tagesgeschäft zur Zufriedenheit arbeiten können»

Mit welchen Produkteneuerungen wartet Tourdata 2020 auf?

Unsere Apps für Chauffeure, Reiseleiter und Kunden erfreuen sich einer enorm steigenden Nachfrage und führen zu massiven Steigerungen in Downloads und Programmaufwendungen. Wir sind mit einigen Grosskunden daran, unser bestehendes CRM massiv weiterzuentwickeln. Unser grösstes Projekt ist die Entwicklung einer neuen Benutzeroberfläche, welche in Zukunft über den Browser abgerufen werden kann. Da haben wir wesentliche Schritte für 2020 geplant. Die wichtigste Aufgabe, die wir haben, ist aber unser Service, damit alle unsere Kunden im Tagesgeschäft zur Zufriedenheit arbeiten können. Hier haben wir die erforderlichen Kapazitäten für die Zukunft geschaffen.

Welche technologischen Trends dürften Ihrer Meinung nach die Reisebranche in Zukunft bewegen?

Die Durchdringung des Reisemarktes durch die IT ist eine Realität. Die Buchungsmöglichkeiten für Einzelleistungen sind unendlich und schreiten weiter voran. Diese Entwicklung ist nicht zu stoppen. Unsere Kunden bieten aber in der Regel hochqualifizierte Reisen mit Beratung an, die nicht so leicht durch die IT ersetzt werden können. Wir glauben, dass in den Arbeitsabläufen noch sehr viel Potential steckt und daran werden wir mit unseren Kunden arbeiten.

Ein Thema das uns noch mehr beschäftigen wird ist künstliche Intelligenz. Die Technologie wird uns in Zukunft bei der Betreuung des Endkunden noch besser unterstützen. Dazu kommt die weitere Vernetzung der Systeme. Reiseunternehmen haben eine Vielzahl von unterschiedlichen Systemen im Einsatz, welche wenn immer möglich, miteinander kommunizieren. Der Trend zeigt momentan, dass diese Vernetzung noch weiter zunimmt. Die Bedürfnisse der Reiseunternehmen an ihre Gesamtsysteme werden somit noch individueller. Bei Tourdata ist es heute schon so, dass jeder Kunde einzigartig ist, den es so nicht noch ein zweites Mal gibt.