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Mit dem freundlichen kasachischen Paar, das Du auf Deiner Bahnreise nach Lyon kennen gelernt hast, teilst Du Dir nach Ankunft gleich auch noch das Taxi. Deinen Teil überweist Du dem Paar aus Astana per Libra. Bild: Adobe Stock

Einwurf Was Facebooks Digitalwährung Libra der Reisewelt bringt

Andreas Güntert

Facebook will eine virtuelle Weltwährung lancieren. Wenn das Vorhaben Libra gelingt, wird das den Umgang mit Geld auf Reisen nicht nur verändern und vereinfachen. Sondern auch verbessern.

An Facebook regt mich eine ganze Menge auf, schreibt Andreas Güntert diese Woche auf seinem Reiseblog «Der Internaut». Beispielsweise die ewigen Datenskandale, welche die Firma von Mark Zuckerberg (im Folgenden «Zuck» genannt) produziert. Und natürlich auch, wie über diese Plattform öfters Fake-News in die Welt hinaus hyperventiliert werden.

Zusätzlich beschäftigt es mich, wie eine einzige Firma quasi die gesamte Deutungshoheit der sozialen Medien der (westlichen) Welt bündelt. Immerhin gehören auch WhatsApp, Messenger und Instagram zum FF.

FF? Ja genau: Fürstentum Facebook.

Was mich auf einer Mikro-Ebene zudem gefährlich nahe an die Grenze zum Irrsinn bringt: Die kleinen roten Benachrichtigungszeichen (Zuck nennt das «notification badges», was es auch nicht besser macht), diese giftigen Zahlenzeicheli also, die immer auf meiner Facebook-App auftauchen. Und die ich oft nicht wegbringe.

Trotzdem bin ich noch nicht ausgetreten aus der Kirche. Ja, auch damit meine ich Facebook. Immerhin soll das weltumspannende Netzwerk mehr Mitglieder haben als das gesamte Christentum dieses Planeten.

Heute aber lobe ich Facebook einmal. Weil Zuck etwas plant, das mich elektrisiert: Eine Weltwährung. Digitales Geld also, das sich User gegenseitig hin- und herschicken können.

Libra liberalisiert den Zahlungsverkehr. Oder verspricht es mindestens


«Libra» heisst diese Währung, die nächstes Jahr Realität werden soll. Warum dieses Währungsprojekt den Internauten derart fesselt, packt und beseelt? Weil Libra nicht nur die Art des Bankings grundlegend beeinflussen kann – sondern auch die Art, wie wir mit Zahlungsmitteln und Geld auf unseren Reisen umgehen werden.  

Klar, es gibt heute schon Länder oder Weltgegenden – etwa China mit WeChat oder Ostafrika mit M-Pesa – wo Geldüberweisungen zwischen irgendwelchen Menschen per Smartphone gut klappen.

Aber wenn das über Facebook mit einer eigenen Währung zum Standard werden sollte, sind auf Anhieb über zwei Milliarden Menschen Teil des Systems – und das ist natürlich schon ausserordentlich.

Reisefirmen dabei in der Libra Association

Immerhin zeigt ein kurzer Überblick aller 29 Firmen, die sich zur Libra Association gefunden haben, dass hier einige illustre Namen aus dem Travel-Bereich dabei sind.

Angedockt haben die Transportanbieter Uber und Lyft, sowie die Hotelplattform Booking. Das kann kein Zufall sein.

Acht Apps, die heute noch nicht zusammengehören. Aber über die Libro-Association zusammenwachsen werden. Bild: Internaut

Wenn nächstes Jahr die zugehörige App Calibra online gehen wird, lassen sich Anwendungen denken, die ich mir 2016 einfach mal so spasseshalber vorgestellt habe. Das alles könnte bald schon Realität werden:

  • Im Flugzeug möchtest Du statt in der Economy-Class lieber im weichen Business-Stuhl sitzen. Du findest jemanden im Business-Teil, der mit Dir tauschen will. Ihr fixiert einen Tauschwert. Du bezahlst das gleich per Libra.
  • Oder die Airline bietet Dir unterwegs ein Upgrade an – mit einem Wisch oder Fingerabdruck bezahlt. Oder mit einem Augenzucken.
  • Lokalwährung wechseln vor Abreise? Oder erst nach Ankunft? Fragen und Sorgen von gestern. Weil Libra in den meisten Ländern funktioniert.
  • Mit dem freundlichen kasachischen Paar, das Du auf Deiner Bahnreise nach Lyon kennen gelernt hast, teilst Du Dir nach Ankunft gleich auch noch das Taxi. Deinen Teil überweist Du dem Paar aus Astana per Libra.
  • Beim Nachtessen in Tiflis fällt Dir ein, dass Du der sympathischen Person, welche die Stadttour geleitet hat, gar kein Trinkgeld gegeben hast. Du holst es nach – per Libra.
  • Du hast in Deinem Hotel in Kathmandu Freundschaft geschlossen mit lokalen Angestellten, die Du auch nach der Heimreise dann und wann unterstützen möchtest. Bisher aber war der Geld-Transfer mühsam oder teuer. Oder mühsam und teuer. Per Libra geht das einfacher und günstiger.

Wird Libra komplett frei von Missbrauch sein?

Ehrlicherweise kann das heute noch kein Mensch sagen. Aber die Erfahrung lehrt natürlich: Wenn viele Menschen mit viel Geld zu tun haben, ist leider immer der eine oder andere darunter, der sich irgendwelche Vorteile verschaffen will. Auf Kosten der anderen.

Natürlich ist nicht auszuschliessen, dass es mit einer neuen Weltwährung auch zu Datendiebstahl kommen wird, zu gemeinen Hacker-Attacken und Missbrauch in jeder menschlich nur erdenkbaren Form.

Facebook selber, in Kombination mit der Libra Association, müsste eigentlich alles Interesse daran haben, dass Datenschutz und Datensicherheit höchste Priorität haben. Sollten auch nur wenige Dinge schief laufen, dann wäre das quasi die Rückseite der Medaille.

Eine Rückseite, die man aber mit jedwelcher Währung verknüpfen kann.

Aktuell mag ich mich jedenfalls lieber freuen auf eine aufregende Payment-Zukunft als mir in den schlimmsten Farben auszumalen, was da alles an Fakereien und Mauscheleien auf uns zukommen könnte.

Zumal ich aktuell ganz andere Sorgen habe: Wie, verdammt, bringe ich nur dieses giftrote Benachrichtungsmönsterli weg von meiner Facebook-App?

Hört das denn nie auf? Schon wieder so eine rote Anzeige auf der Facebook-App. Nein, das hört nie auf.