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Vernetztes Zuhause, vernetzte Arbeitswelt: Wir brauchen für unsere neue Lebensweise immer mehr Daten, und deshalb auch schnelle, leistungsfähige Technikstandards. Bild: Samsung Newsroom

Amadeus Blog Warum der Mobilfunkstandard 5G nötig ist

Vernetzte OP-Säle, schlaue Kühlschränke: Wenn Maschinen zum Wohle der Menschen miteinander reden sollen, muss neue, superschnelle Funktechnik her.

Computergesteuerte Drohnen werfen die Post im Vorgarten ab. Maschinen der Fabrik 4.0 kommunizieren in Echtzeit und hohen Datenraten miteinander. Das führt zu einer nie zuvor erreichten Produktivität. Virtual Reality kehrt in den Alltag vieler Menschen ein. Der schlaue Kühlschrank merkt, wenn zu wenig Käse im Hause ist und bestellt gleich selbständig nach. Die Autos fahren autonom.

Sogar Gebäude – oder Brücken – sprechen miteinander. Während der Mobile World, der weltgrössten Messe für mobile Kommunikation in Barcelona im Februar, zeigte die Deutsche Telekom digitale Frühwarnsysteme für smarte Bauwerke. Sensoren messen die Luftfeuchtigkeit und verschicken Warnsignale, bevor Schäden überhaupt erst entstehen. Vieles von dem wird mit hoher Wahrscheinlichkeit Realität.

Die Zahl der Produkte, die mit dem Internet verbunden sind, wird Schätzungen zufolge in den kommenden Jahren stark steigen: Die Marktforscher von Gartner glauben, dass die Anzahl der mit dem Web verbundenen Geräte von 8,1 Milliarden im vergangenen Jahr auf 19 Milliarden im Jahr 2020 steigen wird.

LTE ist jetzt schön …

Das aber funktioniert nur mit einem neuen Datenstandard. Der derzeit schnellste nennt sich 4G. Wer ein moderneres Smartphone in der Tasche hat, der nutzt diesen vierten Mobilfunkstandard namens Long Term Evolution. Das Kürzel dazu heisst LTE, und ermöglicht Übertragungsraten, die früher nur Glasfaserleitungen schafften. Wer den richtigen Mobilfunktarif hat und mit seinem mobilen Endgerät in einer LTE-Funk-Wabe steht, kann Daten mit 150 Mbit/s übertragen.

... aber reicht nicht für die Digitalisierung

Das reicht leicht dazu, gleich mehrere Filme parallel in HD zu streamen. Aber für das Internet der Dinge ist LTE langsam wie eine Schnecke. Doch nicht nur die Geschwindigkeit, auch die schiere Menge überfordert den LTE-Standard. Drei Exabyte, das sind drei Milliarden Gigabyte, wurden im Jahr 2010 laut eines Berichts des internationalen Berufsverbands der Ingenieure (IEEE) weltweit über drahtlose Verbindungen wie Bluetooth, WLAN oder das Mobilfunknetz, übertragen. Das hört sich nach viel an. Doch schon in diesem Jahr werden 70 Mal mehr Daten durch die Lüfte sausen.

Schon jetzt: Datenexplosion durch Smartphones

Eine Datenexplosion, die vor allem durch die Verbreitung der Smartphones kommt. Schon jedes Grundschulkind kommuniziert mit seinen Freunden beispielsweise per WhatsApp, schickt Bilder, Filmchen, Witze. In diesem Jahr werden schon 200 Exabyte kabellos übertragen. Bis zum Jahr 2020 sollen es 500 Exabyte werden, prognostiziert der Ingenieursverband. Deswegen wird spätestens in zwei Jahren die nächste Mobilfunkgeneration 5G erwartet. Zurzeit wird in mehreren Ländern an einer solchen 4G-Nachfolgetechnik geforscht. So will Japan zu den Olympischen Sommerspielen in Tokio mit 5G glänzen.

Mehr Funkmasten, schnellere Reaktion

Dazu muss viel gebaut werden: 5G braucht ein dichteres Netz mit mehr Funkmasten als im LTE-Standard. Nur dann kann das 5G-Netz eine hundertmal höhere Datenrate liefern als 4G. Zudem soll die Verzögerungszeit bis es zur Datenübertragung kommt (Latenzzeit) deutlich sinken. Hier soll das 5G-Netz mit einer Latenzzeit von weniger als einer Millisekunde einen neuen Meilenstein setzen. Diese Latenzzeit möglichst kurz zu halten, ist schon aus Sicherheitsgründen wichtig. Autonom fahrende Autos müssen bei Gefahrenmomenten in Sekundenbruchteilen die um sie verkehrenden Fahrzeuge warnen können und selbst schneller als ein Mensch mit einer Bremsung oder einem Lenkmanöver reagieren.

Die Kinder würden’s lieben: intelligente Fasern

Wenn genug Datenkapazität vorhanden ist, dann wäre es daheim mit den Kindern noch schöner. Die Telekom forscht gerade an intelligenten Fasern, die in eine Tischdecke eingewebt den Jüngsten beim Essen mal kurz das WLAN abschaltet. Dann hätte die Daddelei wenigstens beim Essen ein Ende. Derlei schlaue Fasern könnten auch melden, wenn der neue Freund der Tochter auf der Fussmatte steht und Einlass begehrt. Da er uns natürlich stets willkommen ist, würde ihm dann das intelligente Gästehandtuch auch den Key für den WLAN-Gastzugang verraten. Ach ja, wunderbare digitale Welt – wenn wir mangels guter Datenstandards nicht noch mit angezogener Handbremse herumführen.

Sicherheit – es muss noch eifrig geforscht werden

Denn bis 5G weltweit einsetzbar ist, muss nicht nur sehr aufwändig die Zahl der Funkmasten und deren Antennen vervielfacht werden. Die neue Mobilfunkgeneration soll auch ein absolut sicheres Funknetz werden, um nicht Kriminellen oder Terroristen neue Angriffsflächen zu bieten. Dazu muss noch viel geforscht werden. In einem Gemeinschaftsprojekt haben Forscher der Universitäten in Bochum, Wien und Abu Dhabi herausgefunden, dass alle bisherigen Mobilfunknetze sehr verwundbar sind. Solche Lücken seien im 5G-Mobilfunk nicht länger tolerierbar. Die Gruppe veröffentlichte eine Liste mit 14 Schwachstellen.

Verschlüsselung: noch Note mangelhaft

So lässt sich die Authentifizierung austricksen, mit der Nutzer ihre Zugangsberechtigung nachweisen. Auch die bisher eingesetzten Verschlüsselungsverfahren sind vergleichsweise leicht zu knacken. Hacker oder Geheimdienste können den Datenverkehr also anzapfen oder zum Zusammenbruch bringen. Nicht auszudenken was passiert, wenn es üblen Gesellen gelänge, sich in lebenswichtige 5G-Anwendungen wie der Vernetzung von Operationssälen einzuhacken.

500 Milliarden Euro: Netzbetreiber müssen investieren

Die meisten Experten während des Messe-Kongresses Mobile World in Barcelona waren sich einig: diese Sicherheitslücken könnten geschlossen werden. Genauso, wie sie sich einig waren, dass das Internet der Dinge 5G braucht. Bis dahin müssen Telekom, Vodafone und Co. noch heftig investieren. Denn billig wird 5G nicht: Allein für Europa werden Kosten in Höhe von 500 Milliarden Euro geschätzt. Mal sehen, wer die Zeche zahlt.

(KEN)