Tourismuswelt

19 Stätten wurden dieses Jahr von der Unesco neu ins Welterbe aufgenommen: 13 Weltkulturstätten, 3 Weltnaturerbestätten (darunter Fanjingshan in China, Bild) sowie zwei Mixed-Stätten, die sowhl Natur- als auch Kultuerbestätten sind. Alle Bilder: Unesco

Das sind die neuen Unesco-Welterbestätten

Jean-Claude Raemy

Insgesamt 19 von 29 Kandidaten wurden neu aufgenommen. Das Unesco-Welterbe zählt damit neu 1092 Stätten in 167 Ländern.

Das «World Heritage Committee» der Unesco tagte zwischen dem 24. Juni und dem 4. Juli in Manama (Bahrain), um darüber zu entscheiden, welche der insgesamt 29 Kandidaten Aufnahme in die exklusive Liste des Unesco-Welterbes erhalten. In den vergangenen Tagen wurden insgesamt 19 Stätten in diese Liste aufgenommen: 13 Kulturerbestätten, 3 Naturerbestätten und 2 «Mixed Sites», welche sowohl Natur- als auch Kulturerbestätten sind. Es gab somit auch einige Absagen - so wurde etwa die Kandidatur der französischen Stadt Nimes, welche ihr Stadtzentrum ins Welterbe aufnehmen lassen wollte, nicht berücksichtigt. Neu umfasst das Unesco-Welterbe nun 1092 Stätten in 167 Ländern. Für viele dieser Stätten ist die Bezeichnung als Unesco-Welterbe ein wunderbarer touristischer Marketinghebel.

Im Rahmen der Unesco-Session wurde überdies entschieden, dass der Lake Turkana Nationalpark in Kenia auf die Liste der bedrohten Weltkulturerbestätten gesetzt wird, währenddem das Barriereriff von Belize von derselben Liste gestrichen werden konnte. Die nächste Session des Unesco-Welterbekomitees findet im kommenden Jahr in Baku (Aserbaidschan) statt.

Das sind die neuen Unesco-Welterbestätten im Überblick:

Kulturerbestätten

Al-Ahsa Oase (Saudi-Arabien)

Die Oase Al-Ahsa im Osten der arabischen Halbinsel ist mit ihren 2,5 Millionen Dattelpalmen nicht nur die grösste Oase der Welt, sie ist auch eine einzigartige geokulturelle Landschaft, welche seit dem Neolithikum dauerhaft von Menschen besiedelt ist. Die Zivilisationsspuren mehrerer Jahrhunderte sind an Gärten, Kanälen, Brunne, Gebäuden, archäologischen Stätten, Moscheen und Wasseraufbereitungsanlagen zu sehen.

Bild: IPOGEA

Bikin-Tal (Russland)

Das Bikin-Tal, durch welches der gleichnamige Fluss fliesst, wurde als Erweiterung des Sikhote-Alin in die Welterbeliste aufgenommen. Sikhote-Alin figuriert bereits seit dem Jahr 2001 in der Liste; das Bikin-Tal befindet sich etwa 100 km nördlich davon. Die Erweiterung umfasst eine Fläche von 1'160'469 Hektar und macht die geschützte Zone damit dreimal so gross wie bislang. Dazu gehören dunkle Nadelwälder in Süd-Okhotsk und ostasiatische Laubwälder. Hier leben endemische Tiere wie der Amur-Tiger, der Sibirische Moschus-Hirsch oder der Bärenmarder.

Bild: V.Kantor

Göbekli Tepe (Türkei)

Im südöstlichen Anatolien finden sich in Göbekli Tepe runde und rechteckige megalithische Bauten, welche von Jägern und Sammlern bereits zwischen 9600 und 8200 vor Christus, also vor möglicherweise bis zu 12‘000 Jahren angelegt wurden. Sie sind nicht nur ein wichtiges Zeugnis der Kultur in Mesopotamien vor über 10‘000 Jahren, sondern möglicherweise die ältesten erhaltenen Tempel der Menschheit: Die Megalithen von Göbekli Tepe sind doppelt so alt wie jene in Stonehenge und auch deutlich älter als die ägyptischen Pyramiden.

Bild: DAI, Göbekli Tepe Project

Haithabu und Danewerk (Deutschland)

Im 9. Jahrhundert errichteten die Wikinger im heutigen Norddeutschland ein Handelszentrum namens Haithabu (in ihrer Sprache «Hedeby»), welche durch das Danewerk, eine 30 Kilometer lange Wallanlage quer durch das heutige Schleswig-Holstein, geschützt wurde. Die archäologische Stätte umfasst Strassen, einen Hafen, Friedhöfe und mehr; sieben Wikinger-Häuser und ein Steg wurden nach originalen Baubefunden rekonstruiert.

Bild: Archäologisches Landesamt Schleswig-Holstein

Industriestadt Ivrea (Italien)

Die Stadt liegt im Piemont und war vor allem eine Produktionsstätte des Schreibmaschinen- und Rechnerproduzenten Olivetti. Die Fabriken und anderen Industriegebäude wurden zwischen 1930 und 1960 erbaut und bilden eine «moderne Vision der Beziehung zwischen industrieller Produktion und Architektur».

Bild: Guelpa Foundation

Inuit-Jagdgründe von Aasivissuit-Nipisat (Grönland/Dänemark)

Die Stätte befindet sich im Herzen von Westgröndland, nördlich des Polarkreises, und bietet Zeugnis von über 4200 Jahren Siedlungsgeschichte. Mehrere Gebäude und Jagdgegenstände der Inuit-Kultur sind erhalten und geben Aufschluss über die Jagd von Tieren zu Land und zu Meer, über das Leben in harscher Umgebung und über die saisonalen Migrationen der Inuit.

Bild: Laust Løgstrup

Kalifatsstadt Medina Azahara (Spanien)

Die im mittleren 10. Jahrhundert erbaute Planstadt sollte der neue Sitz des Kalifats von Cordoba sein, wurde aber – nach einer Bauzeit von 40 Jahren – nach nur 44 Jahren Existenz im Rahmen der Vertreibung der islamischen Zivilisation aus Spanien in Schutt und Asche gelegt. Nach der Wiederentdeckung vor rund 100 Jahren ist nun die Stadt mit ihren Strassen, Brücken, Bauten etc. weitgehend freigelegt und ein wichtiges Zeugnis der ehemals glanzvollen maurischen Zivilisation von Al-Andalus.

Bild: Madinat al-Zahra Archaeological Site (CAMaZ)

Naumburger Dom (Deutschland)

Der Naumburger Dom liegt am Ostrand des Thüringer Beckens im Bundesland Sachsen-Anhalt und wurde ab 1028 über einen längeren Zeitraum erbaut. Die Kirche ist ein sehr gut erhaltenes Zeugnis mittelalterlicher Kunst und Architektur.Das romanische Schiff wird von zwei gothischen Chören flankiert und markiert damit auch den Übergang zweier Stilepochen. Berühmt sind vor allem die lebendig wirkenden Skulpturen des unbekannten «Naumburger Meisters» im westlichen Chor, welche den Einzug von Wissenschaft und Natur in die religiöse Darstellung signalisieren.

Bild: Förderverein Welterbe an Saale und Unstrut

Ruinenstätte von Qalhat (Oman)

Die archäologische Stätte im Nordosten des Oman umfasst die frühere Stadt Qalhat, welche zwischen dem 11. und 15. Jahrhundert eine bedeutende Handelsoase war. Die Ruinenstadt mit ihren inneren und äusseren Befestigungen und mehreren Nekropolen ist ein wichtiger Zeuge des intensiven mittelalterlichen Handels zwischen Arabien, Ostafrika, Indien, China und Südostasien.

Bild: MHC

Sansa, Buddhistische Bergklöster (Südkorea)

Die «Sansa» sind buddhistische Bergklöster, welche im ganzen Süden der koreanischen Halbinsel zu finden sind. Zum Welterbe zählen insgesamt sieben Klöster, welche zwischen dem 7. und 9. Jahrhundert errichtet wurden. Spezifisch für koreanische Klöster ist der «Madang» (offener Innenhof), der von vier Gebäuden (Buddha-Saal, Pavillon, Lesesaal und Schlafsaal) flankiert wird. Trotz jahrhundertelanger Unterdrückung konnte sich in den abgeschiedenen Bergklöstern die Tradition des koreanischen Buddhismus bis heute erhalten.

Bild: CIBM

Sassaniden-Städte der Region Fars (Iran)

Im Südosten der iranischen Provinz Fars finden sich acht archäologische Stätten in den drei Regionen Firuzabad, Bishapur und Sarvestan. Die Stadtpläne und Paläste stammen aus der frühesten und spätesten Zeit des Sassanidenreiches, das sich von 224 bis 658 n. Chr. über die Region erstreckte. Dazu gehört die von Ardashir Papakan, dem Gründer der Dynastie, erbaute Hauptstadt sowie eine weitere Stadt mitsamt architektonischen Überresten, deren Bau von seinem Nachfolger Shapur I. angeordnet wurde. Hier zeigt sich wie die natürliche Topographie optimal mit der Architektur verbunden werden kann. Diese wiederum zeugt vom Einfluss des achämenidischen und der römischen Kunst.

Bild: ICHHTO

Thimlich Ohinga (Kenia)

Die archäologische Stätte liegt im Nordwesten Kenias bei der Stadt Migori, nahe dem Viktoriasee. Eine «Ohinga» ist eine traditionelle Siedlung, welche durch Trockensteinmauern (also nur aufgetürmte Steine, ohne Mörtel verbunden) umringt sind. Die Thimlich Ohinga ist die bei Weitem am besten erhaltene solche Siedlung und eine der bedeutendsten archäologischen Stätten Ostafrikas. Sie zeugt von der Hirtenkultur im Viktoriasee-Bassin, welche vom 16. bis ins mittlere 20. Jahrhundert Bestand hatte.

Bild: National Museums of Kenya

Verborgene christliche Stätten in der Region Nagasaki (Japan)

Die Welterbestätte liegt im Nordwesten der Insel Kyushu und umfasst zehn Dörfer, das Schloss Hara und eine Kathedrale. Allesamt wurden zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert erbaut und zeugen von der versuchten Christianisierung Japans. Zwischen 1614 und 1873 war die Verbreitung des Christentums in Japan verboten und härtesten Verfolgungen und Repressionen ausgesetzt, was übrigens im Hollywood-Film «Silence» von Martin Scorsese eindrücklich dargestellt wird. Dennoch hielten sich einzelne christliche Gruppen im Untergrund, die als «Kakure kirishitan», also «versteckte Christen», bezeichnet werden. Die Stätten nahe Nagasaki gehören zu den wenigen erhaltenen Gebäuden der frühneuzeitlichen christlichen Tradition in Japan.

Bild: Nagasaki Préfecture

Viktorianisches und Art-Deco-Viertel in Mumbai (Indien)

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts lancierte das zum globalen Handelszentrum aufgestiegene Mumbai (damals noch Bombay genannt) ein ehrgeiziges Städtebau-Projekt: Es liess ein ganzes Viertel zunächst im viktorianisch-neogotischen Stil und dann zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Art Deco-Stil errichten. Die Art-Deco-Gebäude samt Kinos und Wohngebäuden verbinden indisches Design mit Art Deco. Dieser neu geschaffene Stil wird als Indo-Deco bezeichnet; von Mumbai aus verbreitete sich dieser Stil über den indischen Subkontinent. Die beiden Ensembles zeugen überdies von den Modernisierungsphasen Mumbais im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts. 

Bild: Abha Narain Lambah Associates

Naturerbestätten

Barberton-Makhonjwa-Berge (Süd Afrika)

Das im Nordosten Südafrikas gelegene Gebiet umfasst 40 Prozent des Barberton Greenstone Belt, eines der ältesten geologischen Gebirge der Welt. Hier finden sich die besterhaltensten vulkanische und sedimentäre Gesteine weltweit, die 3,6 bis 3,25 Milliarden Jahre alt sind. Sogar Meteoritengestein, das aus der Entstehungszeit der Erde stammt und damit 4,6 bis 3,8 Milliarden Jahre alt ist, ist hier zu finden.

Bild: Dion Brandt

Chaine des Puys - Limagne fault tectonic arena (Frankreich)

Die vulkanische Zone besteht aus etwa 80 erloschenen Vulkankegeln, die durch den Limagne-Graben im Osten und das Tal der Sioule im Westen begrenzt wird. Diese kontinentale Riftzone bildete sich nach der Entstehung der Alpen vor 35 Millionen Jahren. Hier sind die verschiedenen Formen des Vulkanismus gut zu sehen wie auch verschiedene Eruptionsformen, Lavaformen und Erosionszustände. Auch sonst nur selten zu sehende tieferliegenden Strukturen sind hier teils sichtbar.

Bild: Denis Pourcher

Fanjingshan (China)

Die neue Weltnaturerbestätte Fanjingshan liegt in den Wuling-Bergen in der südwestlichen chinesischen Provinz Guizhou und ist eine einzigartige Berglandschaft - die 1978 eingerichtete «Fanjingshan National Nature Reserve» war übrigens bereits ein Unesco-Biosphärenreservat. Der Fanjingshan selber ist der höchste Berg der Region, mit 2572 Metern, doch wird die ganze Region geschützt, welche im Tertiär entstand und hauptsächlich aus Karstgebieten besteht. Die Isolation dieser Region hat zu endemischen Arten geführt, etwa der Fanjingshan-Tanne oder dem Guizhou-Stumpfnasenaffen oder auch dem chinesischen Riesensalamander. Nicht zuletzt verfügt die Region des Fanjingshan über den grössten subtropischen Buchen-Urwald der Welt.

Bild: Cesar Moreno

«Mixed Sites» (Natur- und Kulturerbestätten)

Chiribiquete-Nationalpark (Kolumbien)

Der Chiribiquete-Nationalpark liegt im nordwestlichen kolumbianischen Amazonasgebiet und ist das grösste Naturschutzgebiet des Landes. Benannt ist der Park nach der Tafelberg-Landschaft Serranía de Chiribiquete, die den Park prägt. Die einstigen Bewohner hinterliessen über 75‘000 Felsmalereien, die heute mehr als 20‘000 Jahre alt sind. Sie wurden vermutlich zur Ehrung des Jaguars angefertigt, der als Symbol für Macht und Fruchtbarkeit gilt. Zu sehen sind Jagdszenen, Schlachten, Tänze und Zeremonien. Für die indigenen Bewohner der Umgebung ist dieser Ort heilig.

Bild: Jorge Mario Álvarez Arango

Pimachiowin Aki (Kanada)

Pimachiowin Aki («Das Land, das Leben schenkt») ist eine von Flüssen, Seen und Sumpfgebieten durchzogene Waldlandschaft. Ein Teil davon gehört zum Lebensort der Anishinaabeg, ein indigenes Volk, das von Fischen, Jagen und Sammeln lebt. Das Gebiet umfasst das Land von vier Anishinaabeg-Verbünden: Bloodvein River, Little Grand Rapids, Pauingassi und Poplar River. Pimachiowin Aki ist ein herausragendes Beispiel für die kulturelle Tradition des Ji-ganawendamang Gidakiiminaan («das Land behalten»). Diese besteht daraus, die Gaben des Schöpfers zu ehren, alle Formen des Lebens zu respektieren und harmonische Beziehungen untereinander zu pflegen. Ein komplexes Netzwerk bestehend aus Siedlungsgebieten, Reiserouten und zeremoniellen Stätten, die meist durch Wasserwege verbunden sind, spiegelt diese Tradition.

Bild: Pimachiowin Aki

Tal von Tehuacán-Cuicatlán (Mexiko)

Das Tehuacán-Cuicatlán-Tal beherbergt die weltweit dichtesten Säulenkaktus-Wälder. Das Biosphärenreservat besteht aus einem komplexen System aus Gebirgsketten und Tälern und beheimatet verschiedene Ökosysteme. Das Tal beeindruckt mit einer riesigen Artenvielfalt und mit seiner geschichtsträchtigen Kultur. So weist das Tehuacán-Cuicatlán-Tal ein aussergewöhnliches Wassermanagementsystem aus Kanälen, Brunnen und Staudämmen auf, die vom frühen Vorhandensein von landwirtschaftlicher Planung zeugen.

Bild: CHAC