Tourismuswelt

Sunday Press André Lüthi und die Touristenflut am Blausee

Der Kritiker des Massentourismus muss in seinem Hotel jetzt selber mit Overtourism klarkommen. – Türkei, Ägypten und Tunesien melden sich zurück. – «Happy Day» und Helvetic Tours in der Touristenfalle.

In der heutigen Sonntagspresse wartet die «Sonntagszeitung» mit den meisten Tourismus-Themen auf. Im Wirtschaftsbund etwa wird die «Touristen-Flut am Blausee» beleuchet, wo derzeit Tagesausflügler, Hochzeitsgäste und Touristen aus dem Ausland, viele aus dem arabischen Raum, den pittoresken Fleck Natur immer mehr in Beschlag nehmen.

Seit vier Jahren gehört das idyllische 17-Zimmer-Hotel samt Forellenzucht Globetrotter-Chef André Lüthi mit zwei weiteren Partnern. Die Zeitung nimmt Lüthis regelmässige Kritik am Massentourismus auf, nennt ihn den Prediger des korrekten Reisens und wiederholt sein Mantra «Respekt vor Mensch und Natur». Doch jetzt sehe sich Lüthi selber mit dem Phänomen des Overtourism konfrontiert und stehe unter Zugzwang.

«An sonnigen Feiertagen und Wochenenden werden wir zum Teil überrannt, bis zu 3000 Leute besuchen dann den Blausee. Das ist kaum mehr zu bewältigen», sagt Lüthi. Vom Ansturm betroffen sei vor allem die Gastronomie. Ein zusätzliches Selbstbedienungsbistro wurde eingerichet. Ein Ausbau des Hotelbetriebs komme aber nicht in Frage. «Bei uns passiert nun dasselbe wie im Ausland», stellt André Lüthi fest. «Die Kunden machen heute mit Selfies für uns die Werbung. Das ist schön, aber auch heikel und nicht kontrollierbar.»

Am Rande des Swiss Economic Forums, das am 7. und 8. Juni in Interlaken stattfindet, will sich der Gemeindepräsident von Interlaken, Urs Graf, mit André Lüthi über Lösungsansätze austauschen, wie der Touristenstrom im Berner Oberland zu bewältigen ist.

Muslimische Badeferienländer wieder gefragt

Die Badeferiendestinationen Türkei, Ägypten und Tunesien stehen wieder hoch im Kurs, stellt die «Sonntagszeitung» fest. «Der Terror-Effekt klingt ab», sagt Bentour-Chef Deniz Ugur. Für die Badeferienorte um Antalya habe Bentour bei den Buchungszahlen bereits wieder das Vorkrisenniveau von 2014/15 erreicht. Selbst die eher vorsichtigen Golfer buchten wieder Türkeiferien. Auch die drei Branchenleader sprechen von einem deutlichen Plus Richtung Türkei.

Klar sei jedoch, stellt die Zeitung fest, dass die Touristen zwischen Badeferien und Städtereisen unterscheiden. Nur wenige Schweizer ziehe es in das einst so beliebte Istanbul. Zudem erfolgen die Buchungszuwächse von einem tiefen Vorjahresniveau.

Auch bei Ägypten nennen TUI Suisse, Hotelplan Suisse und DER Touristik Suisse dreistellige Zuwachsraten. In Tunesien habe die Erholung später als in der Türkei und Ägypten eingesetzt.

Happy Day in der Touristenfalle

Über einen Schockmoment für die Macher der SRF-Sendung «Happy Day» schreibt der «Sonntagsblick». Letzte Woche flogen sie huntert Leute, die noch nie oder schon lange nicht mehr Ferien machten, nach Mallorca.

Bevor die Teilnehmer letzten Sonntag abflogen, mussten die Organisatoren aber vernehmen: Das Hotel, in dem Gäste und Crew wohnen sollten, war Gegenstand der RTL-Sendung «Team Wallraff». Das Enthüllungs-Magazin fällt ein vernichtendes Urteil über das Resort Calimera Es Talaial: verschimmelte Badezimmer, fleckige Bettwäsche und Staubschwaden. Von chronischer Überbuchung ist die Rede, von Abzocke und ignorierten Beschwerden.

Der RTL-Bericht wenige Tage vor Abflug versetzte die «Happy Day»-Crew in Panik, schreibt der SonntagsBlick. Hektische Ad-hoc-Sitzungen und die Diskussionen mit Organisator Helvetic Tours, ob man notfallmässig eine andere Bleibe finden könne, waren die Folge. Ein Team sei nach Mallorca geflogen, habe das Hotel selbst unter die Lupe genommen und schliesslich Entwarnung geben können.

Der Bericht des deutschen Privatsenders sei zwar erst Mitte Mai ausgestrahlt worden, doch hätten die Dreharbeiten bereits vor einem Jahr stattgefunden. In der Zwischenzeit seien laut Renovations- und Putzarbeiten gemacht worden. So habe man von den Feriengästen, die letzten Samstag von der Reise zurückkehrten, nur positive Rückmeldungen erhalten, heisst es seitens SRF. Die Sendung wird am 1. September ausgestrahlt.

Kein Fan-Ansturm auf Russland

Die «Sonntagszeitung» hält fest, dass 40 Prozent weniger Tickets für die Fussball-Weltmeisterschaft in Russland abgesetzt werden, als noch vor vier Jahren in Brasilien. Der Ansturm der Schweizer Fans sei gering.

Die Fifa reserviert acht Prozent der Ticket pro Spiel für die beiden Fanlager. Für die Schweizer Spiele bedeutet dies ein Kontingent von 3600 Eintritten für die Spiele gegen Brasilien (17.6.) und Costa Rica (27.6.), 2800 für das Spiel gegen Serbien (22.6.).

Ab einem Achtelfinal – möglicherweise gegen Deutschland – dürfte die Schweizer Fanpräsenz aber deutlich geringer sein als noch vor vier Jahren. Damals flogen mehrere Hundert Fans spontan nachts von Zürich nach São Paulo, um sich am frühen Nachmittag das Spiel gegen Argentinien anzuschauen. In Russland seien solche Spontanbesuche «undenkbar», sagt SFV-Medienchef Marco von Ah. Visum oder Fan-ID müssten Wochen im Voraus bestellt werden.

Für professionelle Anbieter von WM-Reisen dürfte die WM gleichwohl ein schönes Geschäft darstellen. Der Anteil der Fans, die mit Reiseanbietern buchen, sei deutlich höher als noch vor vier Jahren, sagt Victor Tinari von Sportreisen-Spezialist Travelclub. «Für Individualbucher sind die Flugverbindungen an die russischen Austragungsorte sehr schlecht. Davon profitieren Reiseanbieter, die Charterflüge anbieten», sagt er. An die WM in Brasilien transportierte Travelclub 700 Nati-Fans, in diesem Jahr sind es 1000.

Überbordende Anzahl Airbnb-Wohnungen

Die Schweizer Städte kämpfen zunehmend mit der Problematik untervermieteter Wohnungen. Die Anzahl Airbnb-Objekte hat sich in den letzten drei Jahren vervierfacht. Jetzt werden die Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt immer spürbarer. Die «Zentralschweiz am Sonntag» nimmt sich dem Thema an. Nach Bern und Genf sollen bald auch Luzern und Zürich gegen Airbnb vorgehen, um die Verdrängung einheimischer Mieter zu stoppen.

In Genf dürfen Mieter ihre Wohnung maximal an 60 Tagen pro Jahr über Plattformen wie Airbnb untervermieten. Der Kanton Bern steht vor dem selben Schritt. Der Zürcher Mieterverband hat anhand einer Studie festgestellt, dass sich die kommerziellen Anbieter rasch ausbreiten. Rund 15 Prozent der Vermieter bieten auf Airbnb mehr als ein Objekt an und machen inzwischen ein Drittel des Angebots aus. Nun flammt die Diskussion auch im Kanton Luzern auf, die Rede ist von einer maximalen Vermietdauer von drei Monaten.

Nur 23 Prozent mit barrierefreien Zimmern

Hunderte Hotels in der Schweiz sind laut der «SonntagsZeitung» und «Le Matin Dimanche» nicht behindertengerecht. Das gehe aus einer Überprüfung des Verbandes Hotelleriesuisse, der Paraplegiker-Vereinigung und anderer Institutionen hervor.

Insgesamt wurden 500 Gastbetriebe in allen Regionen inspiziert. Nur 23 Prozent der Unterkünfte bieten demnach ein komplett barrierefreies Zimmer. Rund 30 Prozent hätten ein entsprechendes Bad oder behindertengerechte Parkplätze. Die Datensammlung solle Transparenz schaffen, inwieweit ein Gesetz aus dem Jahre 2004 für alle bewilligungspflichtigen Neu- und Umbauten umgesetzt sei.

Von Marseille bis Kaliningrad

In der «NZZ am Sonntag» herrscht heute Flaute in Sachen touristischer Themen. Einzig im Stilbund wird die Provence beleuchtet und deren neue Highlights für Kulturinteressierte: etwa das neue «Muceum» in Marseille, in Arles wurde ein Reparaturwerk der Französischen Staatsbahnen renoviert und in ein Kulturzentrum verwandelt, auch Aix-en-Provence hat ein eigenes Kulturviertel aufgebaut.

Der Gesellschaftsbund der «NZZaS» widmet sich unserem südlichen Nachbarland, gemeinerweise auf der Frontseite illustriert mit dem Trikot der Azzurri und dem Titel «Campioni». Politisch und wirtschaftlich abgewrackt, fussballerisch im Abseits: Italien durchlebe gerade schwarze Zeiten. Doch das Land der Sehnsüchte sei in vielem immer noch unschlagbar – in elf Episoden kommen Italien-Fans auf ihre Rechnung.

Im Reiseteil der «Sonntagszeitung» wird Kaliningrad porträtiert, wo die Schweiz ihr WM-Spiel gegen Serbien austrägt. Die russische Enklave liege zwar im Nirgendwo zwischen Polen und Litauen, habe aber eine lebendige Stadt mit bewegter Vergangenheit zu bieten. In einem weiteren Beitrag kommt Reiseführer-Verleger Michael Müller zu Wort, er äussert sich über Apps, Stöbern in der Buchhandlung und über die Zukunft von Reiseführern.

Und die «Zentralschweiz am Sonntag» beleuchtet die Neuheiten des Velolandes Schweiz, La Route Verte, die Herzschlaufe Napf und Ride the Alps. Zudem war die Zeitung auf dem Nil und besuchte Kairo, Luxor und Assuan.

(GWA)