Tourismuswelt

Sunday Press Der globale Tourismus ist schädlicher als gedacht

Acht Prozent der weltweiten Treibhausgas-Emissionen werden durch das Reisen verursacht. – Lufthansa will Wachstum nach Zürich verlagern. – Bitterböse Abrechnung mit Niki Lauda.

Der wichtigste Artikel für die Reise-Branche findet sich heute im Ressort «Wissen» der «SonntagsZeitung». Gestützt auf eine in «Nature Climate Change» publizierte neue Forschungsarbeit heisst es, dass der nationale und internationale Tourismus viermal mehr zum Klimawandel beiträgt - schon letzte Woche hatte die «NZZ am Sonntag» in Kurzform dazu berichtet. Bisher waren Studien von einem geringeren Ausstoss von CO2-Emissionen ausgegangen, nämlich 1,1 bis 1,3 Gigatonnen Kohlendioxid oder 2,5 bis 3 Prozent der globalen CO2-Emissionen. Gemäss der neuen Untersuchung stiegen die Emissionen der Reisetätigkeit allein zwischen 2009 und 2013 von 3,9 auf 4,5 Gigatonnen CO2, was einem Anteil von rund 8 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen entsprechen würde, also mehr, als weltweit durch die Gebäudeheizung oder den Bausektor versucht werden.

«Neu an der Studie ist, dass sie den ökologischen Fussabdruck des Tourismus in seiner Gesamtheit abbildet», sagt Ralph Winkler vom Volkswirtschaftlichen Institut und dem Oeschger-Zentrum für Klimaforschung der Universität Bern, der nicht an der Publikation beteiligt ist. «Die Resultate zeigen, dass Tourismus ein sehr treibhausgasintensiver Wirtschaftssektor ist, sogar treibhausgasintensiver als die Industrie im Durchschnitt.» Soweit er das anhand der Publikation beurteilen könne, würde diese keine offensichtlichen methodischen Fehler enthalten. Winkler weist gegenüber der «SoZ» aber auch darauf hin, dass das Ergebnis der Studie nicht dahingehen interpretiert werden dürfe, dass 8 Prozent der CO2-Emissionen eingespart werden könnten, falls die Menschen nicht mehr reisen würden. «Das ist aus zwei Gründen nicht der Fall. Erstens würden Touristen auch essen, duschen, Transportmittel nutzen und so weiter, wenn sie zu Hause wären und nicht auf Reisen. Und zweitens würden sie das Geld für irgendetwas anderes ausgeben.» Wie viel Treibhausgase ein Verzicht auf Tourismus einsparen würde, käme dann sehr darauf an, was die Konsumenten anstatt der Reise kaufen würden.

Als ganzes Land betrachtet, verursachen die USA die grössten Emissionen, vor China, Deutschland und Indien. Pro Kopf betrachtet liegen die Schweizer Touristen knapp vor den Amerikanern und weit vor Chinesen oder Indern. Einen speziellen Fokus legen die Autoren auf den internationalen Tourismus. Die Bilanz zeigt, dass mehr Touristen in Länder wie die USA und Indien reisen, als sich die Bürger dieser Länder ins Ausland begeben. Umgekehrt reisen aus der Schweiz, Deutschland und China mehr Menschen in andere Länder, als ausländische Touristen diese Destinationen besuchen. «Das hat zur Folge, dass der Fussabdruck der Schweizer Touristen ausserhalb der Schweiz grösser ist als der Fussabdruck aller Touristen in der Schweiz».

Die Studienautoren weisen darauf hin, dass alle Appelle, weniger zu fliegen und öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen, wenig gefruchtet hätten. Auch die Anreize, den Tourismus energieeffizienter zu machen, hätten wenig bewirkt. Der Tourismus sei ein Luxusgut, dessen Nachfrage mit zunehmendem Einkommen überproportional steige. Daher sei die Nachfrage nach Tourismus vor allem in Schwellenländern wie China stark gestiegen und werde dies in Zukunft auch weiter tun. Gemäss der Studie dürfte der Tourismus bis 2025 für 5 bis 6,5 Gigatonnen CO2 pro Jahr verantwortlich sein. Das entspräche rund zwölf Prozent der heutigen globalen Emissionen.

Klar ist: Das starke Wachstum im Tourismus hat die Bestrebungen, die Energieffizienz zu erhöhen, überflügelt. Für den Ökonomen Ralph Winkler wäre die globale Besteuerung von Treibhausgasen daher die beste Lösung zu deren Vermeidung – nicht nur im Bereich des Tourismus. «Dies würde automatisch dazu führen, dass stark treibhausgasintensive Güter wie das Reisen im Vergleich zu weniger treibhausgasintensiven Gütern relativ teurer würden. So würde sich die Nachfrage in Richtung der weniger treibhausgasintensiven Güter verschieben.» Besonders nennt Winkler hierbei die nach wie vor fehlende globale Besteuerung von Flugbenzin, die Fliegen vor allem im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln viel zu billig mache. «Das ist mitverantwortlich für den enormen Anstieg des Flugverkehrs in den letzten zwei Jahrzehnten.» Für Studienautor Manfred Lenzen ist jedenfalls klar: «Ohne eine weitverbreitete Änderung des Reiseverhaltens ist ein signifikanter Rückgang von tourismusbezogenen Emissionen undenkbar.»

Lufthansa-Chef Spohr winkt mit dem Zaunpfahl

Falls der Frankfurter Flughafen seine Probleme mit der Qualität und Verspätungen nicht in den Griff kriege, werde der Lufthansa-Konzern vermehrt auf andere Drehkreuze wie München, Wien oder Zürich ausweichen. Mit dieser Ankündigung erhöhte Carsten Spohr an der Lufthansa-Hauptversammlung den Druck auf den wichtigsten deutschen Flughafen. Wie die «SonntagsZeitung» schreibt, wurde vergangene Woche auch klar, dass der Standort Zürich gestärkt werde, nachdem der Lufthansa-Aufsichtsrat der Swiss zwei zusätzliche Langstreckenflugzeuge von Typ Boeing 777 genehmigt hat. Damit erweitert die Swiss ihre Langstreckenflotte auf 31 Maschinen, und es entstehen 300 zusätzliche Arbeitsplätze. Die Swiss will mit den neuen Maschinen ab 2020 ihr Langstreckennetz erweitern.

Swiss-Chef Thomas Klühr sieht in erster Linie Chancen für Ziele in Nordamerika, Asien und Südamerika. Zudem schreitet die Flottenerneuerung voran. Zwischen 2019 und 2022 will die Swiss ältere Maschinen mit zehn Airbus A320 neo und fünf Airbus A321neo ersetzen. Trotz Spohrs deutlichen Worten und dem angekündigten Ausbau der Swiss-Flotte gibt es auch ein Fragezeichen für die Kapazitätsverlagerung von Frankfurt nach Zürich. Auch der Flughafen Zürich stösst an seine Kapazitätsgrenze und hat deshalb Probleme mit der Pünktlichkeit, wie Swiss-Kunden immer wieder erfahren müssen.

Niki Lauda hat sich in der Flugbranche diskreditiert

Wegen des überraschenden Verkaufs seiner neuen Fluglinie Laudamotion an die Billigairline Ryanair kommt der Ex-Formel-1-Rennfahrer Niki Lauda in der «SonntagsZeitung» an die Kasse. Ehemalige Geschäftspartner, meist anonym, werfen ihm unlautere Methoden vor, weil er hinter dem Rücken des deutsch-britischen Reisekonzerns Thomas Cook mit Ryanair verhandelt und an die Billigairline verkauft hat. Laut der Zeitung soll die Führungscrew von Thomas Cook «stinksauer auf Niki Lauda sein».

Eigentlich hätte Condor, die deutsche Tochter, Starhilfe für Laudas neue Airline geben sollen, die er aus der Konkursmasse von Air Berlin herausgekauft hat. Erst im Februar hatten die beiden Partner eine enge Zusammenarbeit verkündet und Niki Lauda «grosse Hoffnungen auf die Kooperation mit Condor» gesetzt. Derweil verhandelte er bereits mit Ryanair und wenige Wochen später erfuhr die Spitze von Thomas Cook über eine Medienmitteilung vom Deal. Per Ende April wurde die Zusammenarbeit beendet, nach einem frostigen «Scheidungsgespräch» mit Lauda, wie es aus Firmenkreisen heisst.

«Gas geben, ausbremsen, tricksen – als Profi-Rennfahrer musste der Entrepreneur mit eigenem Pilotenschein lernen, andere eiskalt auszustechen», heisst es im Artikel weiter. «Lauda ist ein Egoist, er ordnet alles dem Sieg unter», sagt ein Chef einer Fluglinie. Für Hans-Rudolf Wöhrl, den deutschen Unternehmer und Gründer der Air-Berlin-Vorgängerin Deutsche BA, ist Lauda «ein einsamer Wolf mit einem Riecher für Geschäfte». Wöhrl war zuvor selbst in das Bieterverfahren um Air Berlin involviert und sagt: «Mir hätte ein engerer Schulterschluss mit Thomas Cook besser gefallen.» Mit seinem «durchtriebenen Vorgehen», so die «SoZ» habe der Geschäftsmann nach Meinung vieler in der Branche eine rote Linie überschritten. «Sein Verhalten war unmöglich und ist weder gut für die Branche noch für Laudamotion. Ich bin froh, dass ich in dieses Chaos nicht involviert bin», äussert der Chef einer Schweizer Airline.

Air-France-Personal glaubt an staatliche Rettung

Mit den existenzbedrohenden Streiks und Turbulenzen bei der Air France beschäftigt sich ein Hintergrundbericht der «NZZ am Sonntag». Der Arbeitskampf, der seit drei Monaten andauert und immer wieder für Flugausfälle sorgt, hat bereits einen Verlust von 300 Millionen Euro verursacht. Zudem ist Jean-Marc Janaillac als Chef des Mutterkonzerns Air France-KLM zurückgetreten, nachdem das Personal mit 55 Prozent der Stimmen seine Lohnofferte abgelehnt hatte.

Am Dienstag findet nun die Generalversammlung statt und es sieht ganz danach aus, dass für Janaillac, der am 4. Mai den Bettel hingeschmissen hat, kein Nachfolger gefunden werden kann. «Im Würgegriff heimischer Gewerkschaften einer davoneilenden internationalen Konkurrenz Paroli zu bieten, ist wenig verlockend», heisst es im Artikel.

Auch die Investoren wenden sich von Air France/KLM ab. Seit Jahresbeginn hat die Aktie die Hälfte an Wert verloren. Trotzdem setzt die Mehrheit der Belegschaft weiterhin auf Kampfmassnahmen, um höhere Löhne durchzusetzen. Wirtschaftsminister Bruno Le Maire hat zwar mit Nachdruck davor gewarnt: «Entweder das Unternehmen wird wettbewerbsfähiger oder es verschwindet.» Auch hat er versichert, dass der mit 14,3 % an Air France/KLM beteiligte französische Staat sich nicht in der Pflicht sehe, finanziell auszuhelfen. Die starken französischen Gewerkschaften lassen sich von diesen Aussagen jedoch nicht beeindrucken und vertrauen darauf, dass die Regierung den Nationalstolz Air France nicht fallenlässt und im Notfall finanziell doch noch einspringt.

SBB ohne WLAN

Die SBB wollen laut «Le Matin Dimanche» ihre Züge aufgrund der hohen Kosten nicht mehr mit WLAN ausstatten. Umfragen unter Kunden hätten ergeben, dass die Kundschaft den Internetservice häufig nur nutzen würde, falls er kostenlos wäre. Die SBB würden nunmehr auf eine Verstärkung der Mobilfunknetze in den Waggons mit sogenannten Repeatern setzen, statt ihre Wagen flächendeckend mit WLAN auszustatten.

Marokkos Wüste, eine neue Hotelmarke, Mallorca und Fünen

Einen bunten Mix präsentieren heute die klassischen Reiseteile. Die grosse Reportage der «Zentralschweiz am Sonntag» entführt uns in die Wüste Marokkos entlang des Atlasgebirge, wo es trotz karger Natur «viel zu entdecken gibt». Wer gerne Veloferien macht, dem wird die Jura-Route 7 von Basel nach Nyon näher gebracht: «278 Kilometer durch stille Täler und einsame Hochebenen mit Pferden und Moorseen».

Die «SonntagsZeitung» stellt mit «Jaz» eine neue Hotelmarkte von Steigenberger vor. Ein Berner setzt das «muntere Konzept» in Stuttgart um. Im deutschen Offenburg wurde das ehemalige Stadtgefängnis in ein Luxushotel umgebaut. Fünen in der dänischen Südsee wird als «perfekte Familiendestination» angepriesen, wo man nicht nur den Spuren von Hans Christian Andersen folgen kann. Und schliesslich gibt es wieder einmal einen Versuch, Mallorca «jenseits von Palmas Flaniermeilen» zu beschreiben.

(HPB)