Tourismuswelt

Haben mit der Kundengeldabsicherung Fair-Reisegarant in der Schweiz viel vor (v.l.): Peter Singer (Präsident), Anna Bertsche (Vorstand) und Marcel Gsell (Vorstand/Mitgründer). Bild: TN

Ein kleiner Schritt für den SRV, ein grosser Schritt für Fair-Reisegarant

Jean-Claude Raemy

Die Kundengeldabsicherung Fair-Reisegarant wurde offiziell vom SRV anerkannt. Erstere sieht dank 500 Reisebüros ohne Kundengeldabsicherung viel Potenzial in der Schweiz. Offenbar laufen schon jetzt die Drähte heiss.

Ausgangspunkt der Gründung des Kundengeldabsicherers Fair-Reisegarant war eine SRV-Meldung von vor vier Jahren, in welcher die Rede von Hunderten Reisebüros ohne Kundengeldabsicherung war. Der Mitgründer und heutige Vorstand Marcel Gsell (Inhaber Sunshine Reisen) sah darin eine Geschäftschance, welche «sorgfältig umgesetzt» sein sollte. Nach der Gründung und dem Aufbau wurden bereits einige Mitglieder gewonnen, hauptsächlich wegen den vergleichsweise tiefen Beitrittskosten von 20‘000 Franken. Wichtig war für Gsell aber von Anbeginn, dass auch SRV-Mitglieder bei Fair-Garant Mitglied sein konnten – doch wurde ihm von Seiten des SRV beschieden, dass eine Rückversicherung notwendig für eine Anerkennung sei.

Im vergangenen Oktober präsentierten Gsell sowie Peter Singer (Leiter Sunshine Reisen Gossau und Präsident Fair-Garant) eine Rückversicherungslösung mit Helvetia. Gestern nun kommunizierte der SRV offiziell, dass Fair-Reisegarant als vierte Kundengeldabsicherung (nebst dem Garantiefonds, STS und TPA) anerkannt sei. «Ich bin natürlich hoch erfreut», sagt dazu Gsell, den travelnews.ch telefonisch in Gossau erreicht, wo er für den abwesenden Singer einspringt. Gsell erklärt, dass er SRV-Geschäftsführer Walter Kunz an der Ferienmesse St. Gallen getroffen habe, wo er ihm einen Geschäftsbericht von Fair-Garant mitsamt externer Revisionsbescheinigung sämtlicher Leistungen und (Rück-)Versicherungen habe vorlegen können. Kunz bestätigt gegenüber travelnews.ch, dass er an einer nachfolgenden Vorstandssitzung einen Antrag um Anerkennung der Fair-Garant gestellt habe, was per simplem Mehrheitsbeschluss angenommen wurde.

Gsell freut sich natürlich über die Anerkennung und hofft, jetzt mit Fair-Garant durchzustarten: «Seit der Bekanntgabe des Abschlusses einer Rückversicherung haben wir ein weiteres fixes Mitglied, Brazil-Insider.ch, dazu gewonnen. Damit bewegt sich unsere aktuelle Mitgliederzahl immer noch um die 40. Doch haben wir zahlreiche Anfragen erhalten, was uns veranlasst, weiterhin am Ziel festzuhalten, unsere Mitgliederzahl im Jahr 2018 zu verdoppeln.» In die Hände spielt der Fair-Garant dabei natürlich auch die «Motion Markwalder», welche ein Verbot von Reisebüros ohne Kundengeldabsicherung zum Ziel hat. Auch da war der SRV gerade neulich aktiv und traf sich, gemeinsam mit Vertretern der Kundengeldabsicherungen Garantiefonds, STS und TPA sowie dem Ombudsman der Reisebranche – mit dem Bundesamt für Justiz zu einem «runden Tisch» in Bern ein. Ziel ist ein Gesetzesentwurf, der laut SRV-Mitteilung «möglichst politisch mehrheitsfähig sein sollte und damit ohne grosse Änderung durch die Vernehmlassung geht.» Der Zeithorizont bis zur definitiven Umsetzung dürfte rund drei Jahre dauern.

Grosses Potenzial vorhanden – auch in der Romandie

Gsell geht davon aus, dass in der Schweiz weiterhin rund 500 Reisebüros oder «Akteure, die in irgendeiner Form Pauschalreisen verkaufen», ohne Kundengeldabsicherung aktiv sind. Diese haben also rund drei Jahre Zeit, um eine Absicherung abzuschliessen. Viele dieser Büros haben zu wenig finanzielle Kraft, um grösseren Versicherungen beizutreten. Hier sieht Gsell die Chance. Es gehe schliesslich auch darum, kostendeckend zu arbeiten: «Die Gründung und kompetente Aufstellung der Fair-Reisegarant hat von uns grosse Investitionen verlangt, etwa für Rechtsabklärungen und geforderte externe Prüfungen.»

Für Gsell etwas überraschend kommen viele jüngst eingegangene Anfragen aus der Romandie. Fair-Reisegarant hat bislang gar keine Unterlagen auf Französisch. Geschäftsführer Claude Ferrari spreche aber Französisch und werde sich um alle Anfragen kümmern, erklärt Gsell. Überraschend seien die Anfragen insofern, als man in der Romandie bisher kaum aktiv gewesen sei und die Anfragen auch schon vor der Publikation der Anerkennung durch den SRV eingegangen seien. In der Romandie war bisher nebst dem Garantiefonds vor allem die Lösung TPA etabliert. Gsell erklärt, dass er sowohl mit Michel Ayer (TPA) als auch Stefan Spiess (Garantiefonds) in Kontakt sei und man versuchen wolle, mit diesen «Kollegen und Konkurrenten» konstruktiv zusammen zu arbeiten.