Tourismuswelt

Sunday Press Ist das Wort «Reisebüro» noch zeitgemäss?

Jean-Claude Raemy

Swiss setzt auf iPads und erntet Kritik für ihr Flug-Abo. – Wie man mit Naturkatastrophen Geld macht. – Die Schweiz als Soap-Kulisse in Saudi-Arabien. – Das Neuste zu Air Berlin. – Ferien per Autostopp.

Die Krux mit den Reisebüros

«Rentiert der stationäre Reiseverkauf in der Schweiz noch?», fragt sich die «Zentralschweiz am Sonntag». Zwar kämpfe man weiter mit der Digitalisierung. So hat sich die Zahl der stationären Verkaufsstellen in den letzten zehn Jahren in der Schweiz halbiert und liegt jetzt bei knapp unter 2000, doch die Talsohle scheint erreicht. «Es ist nur noch mit leichten Korrekturen gegen unten zu rechnen», sagte Walter Kunz, Geschäftsführer des Schweizer Reise-Verbandes, am Dienstag in Zürich. Bezugnehmend auf die Umfrage von Allianz Allianz Global Assistance, wonach 67 Prozent aller Reisen online abgewickelt werden und der stationäre Verkauf sich mit einem Marktanteil von 22 Prozent behauptet, stelle sich die Frage, ob es reicht, sich nur behaupten zu können: Sind sie denn auch ein Geschäft?

«Wenn wir mit unseren Reisebüros kein Geld verdienen würden, würden wir sie nicht betreiben», sagt Hotelplan-Suisse-CEO Kurt Eberhard. TUI-Chef Martin Wittwer differenziert: «Wir betrachten unsere Reisebüros betriebswirtschaftlich nicht isoliert. Sie sind Bestandteil der Marketing- und Betriebsplattform der TUI Suisse» Laut Wittwer brauche es ein neues Verständnis: Die Reisebüros sollen zum einen noch stärker als erste Anlaufstation bei Kundenanliegen eingesetzt und «als verlängerter Arm des Hauptsitzes» mit mehr Kompetenzen ausgestattet werden: «Das Profitcenterdenken muss den Kundenbedürfnissen Platz machen.» Bei TUI Suisse überlege man sich gar, das Wort Reisebüro zu verändern. «Reisebüro» klinge nicht mehr zeitgemäss, sagt Martin Wittwer. Stattdessen sollen sie neu «TUI Stores» heissen.

Bei DER Touristik Suisse wird im Gegensatz dazu alle drei Monate das Filialnetz überprüft. An Toplagen steht der Gewinn nicht an vorderster Stelle. «Sie haben auch einen hohen Marketingeffekt», sagt CEO Dieter Zümpel. Alle drei grossen Reiseanbieter haben gemein, dass sie online und offline mit ihren Reisebüros noch stärker verknüpfen wollen. Einen ganz anderen Weg hat André Lüthi von der Globetrotter-Gruppe eingeschlagen. Auf der Website von Globetrotter können keine Reisen auf der Einstiegsseite gebucht werden. Der Webauftritt soll vielmehr dazu dienen, zu inspirieren und dann in einem persönlichen Beratungsgespräch dem Kunden eine Reise zusammenzustellen.

Swiss setzt auf iPads für das Bordpersonal

Swiss rüstet alle 3500 Flight Attendants mit iPads aus. Das Investment soll laut «SonntagsBlick» mehrere Millionen Franken betragen. Reto Schmid, Head of Cabin Crew bei Swiss, verrät den Hintergrund der Aktion – welche durchaus auch mit Sparen zu tun hat: «Flight Attendants haben vor dem Flug ein Briefing. Sie bekommen Informationen zum Flug, zur Destination, aber auch zu den Passagieren – das läuft heute alles noch auf Papier.» In Zukunft werde das mit einer App einfacher. Zudem können die langen Reglemente nun abgespeichert statt in schweren Ordnern herumgeschleppt werden. Und für die Passagiere können so Informationen, etwa bei knappen Anschlussflügen, schnell und problemlos abgefragt werden.

Mit den «SkyPads» spart Swiss also einerseits beim Papier, andererseits soll sie aber auch Geld verdienen - «mit einem iPad lässt sich beispielsweise der Verkauf von Duty-Free-Produkten vereinfachen», so Schmid, und auch fürs kontaktlose Bezahlen sei das iPad eventuell künftig geeignet. Schmid lässt diesbezüglich wissen, dass künftig alle Swiss-Flugzeuge über Internet an Bord verfügen werden – aktuell sind es ja nur die Langstreckenflugzeuge Boeing 777 und Airbus A330. Die iPads seien zudem eine Aufwertung des Jobs der Flight Attendants («diese dürfen das iPad auch privat benutzen»), wobei dies gar nicht nötig wäre: Aktuell verzeichne Swiss zahlreiche hochkarätige Bewerbungen für solche Jobs.

Kritik am «Flug-Abo» der Swiss

Auch die SonntagsZeitung setzt sich mit der Swiss auseinander – allerdings mit deren Angebot einer Art «Zehnfahrtenkarte» für Flüge ab Genf. Das vernichtende Urteil: Swiss werde damit kaum Neukunden gewinnen. Laut dem Artikel ist der Preis des Flugpasses zwar attraktiv. Allerdings gebe es bei der Nutzung einige Einschränkungen, die abschreckend wirken. Der Kunde muss alles auf einmal bezahlen und hat dann das Recht auf zehn einzelne Flüge zu einer Swiss-Destination. Nach dem Kauf kann er nur sechs Monate lang Flüge buchen und insgesamt während zwölf Monaten reisen. Der zitierte Luftverkehrsspezialist Pierre Candom bezweifelt, dass der Flugpass die Hoffnungen erfüllt: «Dieses neue Abonnement bringt keinen entscheidenden Vorteil.» Gleicher Meinung ist Robin Eymann, Leiter Wirtschaftspolitik des Westschweizer Konsumentenschutzes. Er glaubt, dass das Abo für jene Kunden interessant ist, die bereits mit der Swiss fliegen: «Flüge zu 79.90 oder 99.90 anzubieten ist ein Weg, um sich den Preisen von Billigfluggesellschaften anzunähern.» Dies im Bemühen, die Kunden an die Marke Swiss zu binden und zu verhindern, dass sie anderswo Flüge buchen.

Die Swiss steht im Flughafen Genf seit langem unter wirtschaftlichem Druck. Das Unternehmen schreibt rote Zahlen und liegt weit hinter dem lokalen Marktführer Easyjet zurück. Abonnements für Flüge sind denn auch neu für die Schweiz. In anderen Ländern existieren ähnliche Angebote bereits. Die Lufthansa-Billigtochter Eurowings testet ein Zehner-Abo schon seit Februar.

Kaufangebote für Air Berlin: Die Meinung von Thomas Frischknecht

Im Rennen um die insolvente Air Berlin ist die erste Etappe beendet. Bis zum Fristende am vergangenen Freitag gingen mindestens fünf Angebote für die zweitgrösste deutsche Fluggesellschaft ein. Bieter für Teile der Airline sind die Lufthansa, Easyjet, Niki Lauda gemeinsam mit Condor sowie der Berliner Logistiker Zeitfracht. Der Unternehmer Utz Claassen bietet für die ganze Fluggesellschaft.  Ein weiteres Angebot habe auch der Nürnberger Unternehmer Hans Rudolf Wöhrl abgegeben, wie eine Sprecherin bestätigte.

Lufthansa und Niki Lauda bestätigten am Freitag, dass sie zu den Bietern zählen, nannten aber keine Details. Beide interessieren sich für Teile der Fluggesellschaft, darunter die Tochter Niki. Lauda hatte am Donnerstag 100 Millionen Euro in Aussicht gestellt. Easyjet teilte mit, Teile des Kurzstreckenangebots übernehmen zu wollen. Utz Claassen bietet gemeinsam mit weiteren Investoren 100 Millionen Euro für die komplette Air Berlin und will bis zu 600 Millionen Euro in die Airline stecken. Zeitfracht hat es auf die Tochter Leisure Cargo abgesehen, die Frachtraum anderer Airlines vermarktet. Zudem will der Berliner Mittelständler Regionalflugzeuge und die Air-Berlin-Technik übernehmen. Damit würden rund 1000 Air-Berlin-Arbeitsplätze gesichert, heisst es in einem Brief an die Zeitfracht-Mitarbeiter vom Freitag.

Der «SonntagsBlick» gibt in diesem Zusammenhang Thomas Frischknecht das Wort. Der ehemalige Belair-Chef und heutige Airline-Consultant erklärt: «Der deutsche Billigflieger wird aufgeteilt, das Gesamtpaket ist wirtschaftlich nicht tragbar.» Ihm zufolge sei der Verkauf an Lufthansa und an das Konsortium Niki Lauda/Condor am wahrscheinlichsten. Wer den Zuschlag bekommt, entscheidet sich am 25. September – nach der deutschen Bundestagswahl und einer Abstimmung über die Zukunft des Flughafens Tegel in Berlin.

Warum Investoren gerne in Katastrophen-Anleihen anlegen

Die «NZZ am Sonntag» nimmt ökonomische Aspekte der jüngsten Naturkatastrophen unter die Lupe – nota bene den Kurs-Chart von Swiss Re. Die Eigentümer des zweitgrössten Rückversicherers reagieren offenbar äussert gelassen auf die Hurrikans Harvey und Irma: Die Swiss-Re-Aktien haben seit einem Monat gerade einmal 3,3% verloren. Die Firma bleibe eine gute Dividendenzahlerin. Selbst die Nummer eins der Branche, die Münchener Rück, muss trotz einer Gewinnwarnung am Mittwoch keinen Kursknick beklagen. Die Anleger verstehen offenbar den Effekt, dass verheerende Sturmschäden den Rückversicherern auch nützen – weil sie in Zukunft vielleicht bessere Prämien aushandeln können.

Doch wie stark sind Anleger betroffen, die nicht in Swiss Re und Co. investieren, sondern direkt in Katastrophenrisiken – über sogenannte Insurance-Linked Securities? Das sind Anleihen, deren vollständige Rückzahlung vom Ausbleiben genau definierter Versicherungsschäden abhängt. Sie werden in aller Regel von Versicherungen ausgegeben, die so einen Teil der Risiken auf ihrer Bilanz an den Kapitalmarkt transferieren. «Obwohl sowohl Irma als auch Harvey zwei Grosskatastrophen sind und wahrscheinlich zu den zehn teuersten Naturkatastrophen in der Geschichte zählen werden, erwarten wir, dass die Verluste für unsere Anleger im einstelligen Prozentbereich bleiben», sagt Daniel Ineichen, Leiter Insurance-Linked Securities bei Schroder Investment Management.

Werden die jüngsten Unwetter den Investoren künftig bessere Konditionen bescheren? Ineichen glaubt ja. Weil Versicherungen für die Schäden von Harvey und Irma aufkommen müssten, werde das ihnen zur Verfügung stehende Risikokapital sinken. Naturkatas­trophen dieses Ausmasses seien zudem ein Weckruf, der die Nachfrage nach Versicherungen steigen lasse. «Wegen dieser beiden Faktoren erwarten wir Preissteigerungen bei den Versicherungsprämien von etwa 10%.»

Schweiz Tourismus bringt unser Land ins saudische Fernsehen

«Araber lieben die Schweiz. Sie lieben es grün und blau. Sie lieben unser Klima». Das sagt Matthias Albrecht, Länderchef Golfstaaten mit Sitz in Dubai bei Schweiz Tourismus, im «Sonntagsblick». Albrecht, seit 2010 bei Schweiz Tourismus, hat deshalb eine saudische Soap-Produktion in die Schweiz geholt. Die Sendungen werden im Ramadan 2018 in Saudi-Arabien zu sehen sein. Man habe kein Budget für Fernsehwerbung, aber eben die Möglichkeit, TV-Produktionen in die Schweiz zu holen, sagt Albrecht. Das Hofieren der «Araber» lohne sich: So gibt ein arabischer Tourist in der Schweiz im Schnitt 430 Franken pro Tag aus, ein durchschnittlicher Tourist dagegen nur 180 Franken.

Albrecht ist übrigens in der Outgoing-Branche kein Unbekannter: Früher war er bei United Airlines und South African Airway» im Verkauf, Geschäftsführer Schweiz und Sales Manager bei Malaysia Airlines sowie Inhaber des Reisebüros «abflug.ch».

Central Plaza Zürich erstrahlt in neuem Glanz

Die «SonntagsZeitung» widmet einen Artikel dem altehrwürdigen Central Plaza in Zürich, welches in diesem Sommer umgebaut wurde. 1883 erbaut, hat das Viersternhaus eine lange Geschichte mit vielen Um- und Anbauten hinter sich. Es war in jüngster Zeit trotz Bar und Restaurant nie ein Ort, an dem man sich traf. Mit der Sanierung, die dem Central Plaza eine klare gestalterische Identität verliehen hat, könnte sich das ändern. So gestalteten die Designer auch einen Teil der Hotelzimmer um. Diese kommen im Gegensatz zu den älteren Zimmern, die unter anderem in Rot- und Weisstönen gehalten sind, in einheitlichen Beigetönen daher. Das Kopfteil der Betten besteht neu aus Leder und nicht mehr aus Holz. Die Küche wanderte vom ersten Stock ins Erdgeschoss, was logistisch mehr Sinn macht. Mit dem Entscheid, einen Seminarraum im Erdgeschoss aufzulösen, konnte das Restaurant um 30 Plätze erweitert werden. Der Essbereich ist direkt mit der halbrunden Bar verbunden, die in der Mitte des Raums steht. Ebenfalls fliessend ist der

Viele Möbelstücke haben die Designer selber gezeichnet, darunter diverse Lampen, Tische oder die Bartheke aus bruniertem Messing. Der gesamte Innenausbau entstand in Schweizer Handwerkerateliers. Auf Wunsch des Bauherrn und des Besitzers des Hotels, Robert Meyer, liessen die Designer Fischbach & Aberegg auch ein Bild mit Leuchtschrift aus Muranoglas anfertigen. Es ist ebenfalls grün. «I drink to forget but never forget to drink», steht drauf.

Vermischtes

Politische Entwicklungen, welche auch Einfluss auf den Tourismus haben oder haben könnten, werden in allen Sonntagspresse-Erzeugnissen behandelt. Notabene die Krise in Myanmar wegen der Verfolgung der Rohingya, erste Festnahmen nach dem jüngsten Anschlag in London oder die Auswirkungen von Taifun Doksuri auf Vietnam.

Im Reiseteil der «SonntagsZeitung» gibt es eine Reportage über den Berner Azman Othman, der zusammen mit seiner Frau Vanessa ein neues Hotel auf Penang (Malaysia) führt. Dazu gibt es eine grosse Reportage zu Zimbabwe und über… Haflingerpferde im Südtirol.

Die «NZZ am Sonntag» widmet der Stadt Los Angeles eine grosse Reportage und begründet, warum «LA» das neue Kulturmekka der USA ist: Die Stadt, von der Woody Allen einst sagte «Ich will nicht in einer Stadt leben, deren einzige kulturelle Errungenschaft es ist, dass man bei Rotlicht an der Ampel rechts abbiegen darf», erlebt gerade eine kulturelle Wiedergeburt. «Book Festivals», die fantastische Walt Disney Concert Hall, zahllose Netflix- und Amazon-produzierte Serien mit Drehort LA und die neue Hipness der Stadt tragen zum Boom bei. 2019 krönt die Stadt ihre cineastische Vormachtstellung mit der Einweihung des grössten Filmmuseums der Welt. Es kostet 300 Millionen Dollar und wird von Renzo Piano im Auftrag der Oscar-Academy gebaut. 

Ganz anders dagegen klingt es in einem Editorial der im Tessin lebenden Autorin Barbara Hofmann, die sich über Touristenmassen aus der Deutschschweiz im Tessin beklagt. Sozusagen der erste Schweizer Beitrag zur «Overtourism»-Debatte. Dazu Hofmann: «Sie denken wohl, dass man im Tessin tun und lassen kann, was man will. Sie werfen sämtliche Höflichkeitsregeln über Bord und erwarten auch noch, dass man Ihnen höflich und mit einem Lächeln begegnet. Im Sommer kommen übrigens jüngere Touristen ins Tessin. Die wissen sich nicht nur besser zu benehmen, sie sind auch viel unkomplizierter als die Generation der über 70-Jährigen. Als deutschsprachige Bewohnerin des Tessins muss man sich selten so oft fremdschämen wie im Herbst.»

Und noch etwas Kurioses zum Schluss: In der «SonntagsZeitung» ist Herrn Daniel Slodowicz ein Artikel gewidmet. Seine Spezialität: Ferien per Autostopp. Slodowicz erzählt, wie er mühelos innert 20 Stunden von Montenegro über Kroatien und Österreich zurück in die Schweiz «gestöpplet» ist. Nebst üblichen Ratschlägen zur Erhöhung der Chancen, mitgenommen zu werden, ist für Slodowicz «gaaaanz wichtig: Ein Lächeln». Aha. Bei ihm jedenfalls scheint es zu wirken, in der Schweiz warte er höchstens 30 Minuten auf eine Mitfahrgelegenheit. Schneller komme er nur in Deutschland und Frankreich voran. Die sonst so offenen Spanier oder Italiener hingegen stoppten nicht für Tramper - 18 Stunden habe er in Spanien bei einer Tankstelle ausgeharrt.