Tourismuswelt

Sunday Press Air Berlin-Pleite – Chance oder Gefahr?

Schweizer Reise-Verband warnt vor Machtzuwachs für die Lufthansa-Gruppe. – Low-Cost-Carrier stehen zum Erben bereit. – Schweizer Anleger verlieren Millionen durch den Konkurs.

In allen Sonntagsblättern ist die Pleite von Air Berlin und deren Folgen ein grosses Thema. Im «SonntagsBlick» befürchtet Walter Kunz, Geschäftsführer des Schweizer Reise-Verbandes, «dass der Lufthansa-Konzern zu mächtig wird». Falls sich die Lufthansa nun Teile von Air Berlin sichert, wie sich das in den letzten Tagen abzuzeichnen begann, «hätten wir eine Marktdominanz sondergleichen». Die Zeitung schreibt von einem «Schreckensszenario für die Schweizer Reiseindustrie», weil auch die Swiss vom Untergang von Air Berlin profitieren könnte.

Deutsche Medien hatten berichtet, dass die Lufthansa 90 Flugzeuge übernehmen könnte und damit ihre Flotte um einen Drittel vergrössern würde. Klar ist: Mit Air Berlin verlieren die Schweizer Reisebüros einen wichtigen Partner mit einem weltweiten Streckennetz. Dadurch wächst die Verhandlungsmacht der Lufthansa, zu der auch der Ferienflieger Edelweiss gehört. «Das sind keine guten Nachrichten», sagt Kuoni-Sprecher Marcel Schlatter.

In der «Zentralschweiz am Sonntag» und der «Ostschweiz am Sonntag» geht der Airline-Berater Gerd Pontius dagegen davon aus, dass sich der Wettbewerb unter den europäischen Airlines verschärften wird. «Wir werden jetzt ein Hauen und Stechen zwischen den Airlines erleben». Insbesondere Low-Cost-Carrier wie Easyjet oder Ryanair würden jetzt versuchen, in die entstandene Lücke vorzustossen. Dies habe auch Auswirkungen auf die Swiss, ist Pontius überzeugt. Für Flugpassagiere müsse dies aber kein Nachteil sein. Sie könnten auf tiefere Flugpreise hoffen.

Quasi-Monopol verhindern

Als möglichen Profiteur der Air Berlin-Pleite sieht die «NZZ am Sonntag» den Billigflieger Easyjet. Im Vordergrund stehen dabei die 30 Maschinen der österreichischen Niki. Diese Gesellschaft, obwohl nicht direkt vom Insolvenzverfahren betroffen, gehört ebenfalls zum Konglomerat Air Berlin. Da sich in Deutschland die Stimmen mehren, die ein Quasi-Monopol der Lufthansa verhindern wollen, steigt der Druck, auch andere Konkurrenten zu berücksichtigen. Easyjet äussert sich zwar nicht zu «Gerüchten», aber das Interesse der Briten ist offenkundig. Auch die zum Reisekonzern Thomas Cook gehörende Airline Condor ist an kleineren Teilen interessiert.

Was die Schweiz angeht, hat Easyjet in Zürich gezeigt, dass sich die Airline trotz dominanter Swiss etablieren kann. Zu den freiwerdenden Slots hält Easyjet gegenüber der «NZZ a/S» fest: «Wir (...) haben diesen Standort stets als attraktive Ziel für unsere europäischen Basen betrachtet.» Die Briten bieten ab Zürich bereits 9 Destinationen an, in Basel und Genf sind sie dagegen mit 57 und 78 Zielen bereits die klare Nummer eins.

Zuständig für die Verteilung der Slots ist ein Verein, der von Peter Dellenbach geleitet wird. Die «SonntagsZeitung» porträtiert den «Management Director der Slot Coordination Switzerland» und zeigt auf, wie die Zuteilung der begehrten Slots funktioniert. Air Berlin besitzt mitsamt ihren Tochtergesellschaften Belair und Niki an den Flughäfen Zürich und Genfs aufs Jahr umgelegt 13'800 Slots. Können die Air-Berlin-Flieger verkauft werden, gehen die Slots an die Käufer über.

Scheitern die Verhandlungen, werden die Zeitfenster neu verteilt. Dabei geniessen die bisherigen Fluggesellschaften Priorität. Sie können bisherige Slots gegen lukrativere Air-Berlin-Zeitfenster eintauschen. Neue Interessenten, die bisher noch nicht ab Zürich geflogen sind, werden erst danach berücksichtigt. Die EU-Regelungen, die auch von der Schweiz eingehalten werden, sehen auch vor, dass Slots von der Muttergesellschaft auf Tochtergesellschaften übertragen werden dürfen. Obwohl von den bereits aus Zürich operierenden Fluggesellschaften bezahlt, verspricht Dellenbach absolute Neutralität: «Die Zuteilung der Slots geschieht völlig unabhängig von unseren Vereinsmitgliedern.»

Totalverlust für Schweizer Anleger

Über einen weiteren Aspekt der Pleite von Air Berlin berichtet die «NZZ am Sonntag». Die Insolvenz kostet Schweizer Privatanlegern offenbar Millionen. Die zweitgrösste deutsche Fluggesellschaft hatte über die Jahre Milliardenverlust eingeflogen und sie unter anderem auch über immer neue Obligationen finanziert.

Dazu zählt auch eine Hochrisiko-Anleihe über 100 Millionen Franken aus dem Jahr 2014, die auch von Schweizern gezeichnet wurde. Dies bestätigt ein deutscher Sanierer der Zeitung, der in diesem Fall britische Gläubiger vertritt. Den Anlegern droht der Totalverlust. Der Kurs dieser Schweizerfranken-Anleihe mit einem Zinssatz von 5,6% ist an der Schweizer Börse völlig eingebrochen, nachdem Grossaktionär Etihad den Stecker gezogen hatte.

Swiss brüskiert Schweizer Kunden

Neben dem Thema Air Berlin setzen die Sonntagsblätter weitere interessante Schwerpunkte aus der Tourismuswelt. Die «SonntagsZeitung» wirft auf ihrem Wirtschaftsauftakt der Swiss vor, die Schweizer Kunden massiv zu benachteiligen, da sie auch in Zukunft Gebühren bezahlen müssen, wenn sie ihren Flug mittels Kreditkarte buchen. Ab 2018 wird Realität, dass der Kunde, der ab Deutschland in die Schweiz fliegt, keine solche Gebühren mehr bezahlen muss, der aus der Schweiz abliegende Passagier aber sehr wohl. Eine neue EU-Richtlinie verbietet ab nächstem Jahr für Private das Erheben von Gebühren für Zahlungen mit der Kreditkarte.

Eine Sprecherin bestätigt der Zeitung, dass die Swiss am Aufschlag für Schweizer Abflugsorte festhalten will. Reagieren will sie erst, wenn sie dazu auch in der Schweiz durch die Politik gezwungen wird. Dieses Geschäftsgebaren ist den Kreditkartenfirmen längst ein Dorn im Auge. Bisher hatten sie den Aufschlag der Swiss geduldet, obwohl die Verträge solche Gebühren verbieten. Nun will Mastercard härter durchgreifen und gegen fehlbare Lizenznehmer Bussen aussprechen. Bisher zeigte sich die Swiss wenig beeindruckt. Mit gutem Grund, wie Thomas Hodel, Geschäftsführer der Branchenorganisation Swiss Payment Association vermutet: «Für die Swiss dürften die Gebühren für Kartenzahlungen eine erhebliche zusätzliche Einnahmequelle sein.»

Die Schattenseiten des Massentourismus

Gleich eine Doppelseite widmet die «SoZ» dem Thema Massentourismus, der Schweizer Ferienorte «überfordert», und in europäischen Destinationen wie Venedig, Barcelona, Rom oder Palma de Mallorca zu Protesten der einheimischen Bevölkerung geführt hat.

In einem Interview weist der St. Galler Tourismusexperte Christian Laesser darauf hin, dass sich die Schweiz auf noch mehr Touristen aus Asien einstellen muss. In spätesten zehn Jahren, so glaubt er, «müssen wir in Asien wohl keine eigene Werbung mehr für die Schweiz machen». Die Schweiz werde zum Selbstläufer, «da unsere Gäste genug Werbung machen» – vor allem auch über die sozialen Medien, die immer wichtiger werden. Irgendwann werde man über den heute freien Zugang zu Sehenswürdigkeiten nachdenken müssen. Besucherkontingente oder Eintrittsgelder wären eine Möglichkeit, die Besucherströme zu lenken.

Chinas Touristen entdecken die Kreuzfahrten

Auf einer ganzen Seite beleuchtet die «NZZ am Sonntag» die rosigen Aussichten für die Kreuzfahrtbranche, die in diesem Jahr die Marke von 25 Millionen Passagieren brechen wird. Zwischen 2005 und 2015 ist das Passagieraufkommen bereits um 62% gestiegen. In diesem Jahr werden 13 neue Schiffe ihren Dienst aufnehmen. Und bis 2026 sollen 50 weitere dazu kommen. Wegen der steigenden Nachfrage bestellen die Kreuzfahrtlinien bei den Werften immer grössere und spektakulärere Schiffe.

Der grösste Teil der Passagiere stammen derzeit noch aus den USA (11,5 Millionen). Aber die Zukunft liegt auch hier in China, von wo aus erst 2 Millionen Menschen Ferien auf einem Schiff machen. Dabei reisen jetzt schon jährlich 120 Millionen Chinesen ins Ausland. Deshalb rechnet das Schifffahrtsinstitute Shanghai bis 2030 mit 8 bis 10 Millionen chinesischen Kreuzfahrtpassagieren. Die Wachstumsaussichten der Branche bescheren den Aktionären grosse Gewinne.

Die negative Seite des Booms wird aber auch noch erwähnt. Grosse Passagierschiffe verbrennen bis zu 250 Tonnen Bunkeröl, «einen der dreckigsten Treibstoffe, den es gibt». Während die auf Kreuzfahrtschiffe spezialisierten europäischen Werften mit der Herstellung neuer Luxusdampfer kaum nachkommen, leiden die Werften in Asien unter den Überkapazitäten bei den Container- und Frachtschiffen. Besonders verheerend ist die Lage in Südkorea, wo im ersten Halbjahr 2017 laut dem Branchenverband SEA 27 000 Arbeitsplätze abgebaut wurden.

Vor allem zu Fuss unterwegs...

... ist man heute in den klassischen Reiseteilen. Die «SonntagsZeitung» testete auf dem Bürgenstock, «wo eine neue Epoche beginnt», den Felsenweg, «spektakulär in der Horizontalen und atemberaubend in der Vertikalen». Die zweite Wanderreportage kommt aus Albanien, das «besser als sein Ruf ist» und mit «faszinierenden Wanderpfaden und einer köstlichen Küche» lockt.

«Zentral- und Ostschweiz am Sonntag» berichten über das exklusive Wandererlebnis einer Rundwanderung vom Simmen- ins Rhonetal mit Übernachtungen in Luxushotels und Essen in Gourmet-Restaurants. Am besten zu Fuss entdeckt man auch Mailand, das laut der Stil-Beilage der «NZZ a/S» ein Facelift hinter sich hat – «urban, lässig, zukunftsorientiert».

(HPB)