Tourismuswelt

Franco Muff, der Ombudsman der Reisebranche, hat in der Sommerzeit jeweils viel zu tun – vor allem vor und nach den Sommerferien. Bild: HO

«Es gibt immer noch Reisebüros mit Scheuklappen»

Die Sommerferien-Hochsaison gibt Anlass für nervenaufreibende Auseinandersetzungen zwischen Reise-Dienstleistern und Endkunden. Wir haben beim Ombudsman der Reisebranche nachgefragt, wie es dieses Jahr aussieht.

Herr Muff, nach den Sommerferien ist auf der Ombudsstelle immer viel los. Erhalten Sie aber auch schon vor den Sommerferien Vermittlungs-Anfragen?

Franco Muff: Ja, wir erhalten ebenso Anfragen vor der Abreise in die Sommerferien. Häufig geht es um Flugplanänderungen, welche die Konsumenten nicht akzeptieren möchten. Es gibt auch immer wieder Rückfragen in Zusammenhang mit Überbuchungen in Hotels, die zu einem Hotelwechsel führen, oder um Missverständnisse zwischen Kunden und Reisebüros. Gelegentlich gibt es auch Diskussionen zu Reisevorschlägen, welche Fehler oder Ungenauigkeiten aufweisen, was den Abschluss der Buchungen dann in Frage stellt.

Gibt es auch Leute, die sich direkt aus den Ferien an Sie wenden?

Die Anzahl der Reisenden, welche sich direkt vom Ferienziel aus an uns wenden, können wir an einer Hand abzählen. «Hochsaison» ist bei uns, wenn es darum geht, kurzfristig aufgetretene Probleme zu bearbeiten. Häufig geht es dabei um Reisende mit falschen Ausweisen, welche die Reise nicht antreten konnten oder gleich wieder ins Flugzeug gesetzt werden nach Ankunft – «return to sender»! Hier können wir meist nur Erklärungen abgeben, wurde der Fehler doch glücklicherweise meist von den Reisenden und nicht von einem Reisebüro gemacht. Dabei handelt es sich meist um Buchungen im Internet.

Zuletzt machte der «Sickness Scam» in Grossbritannien die Runde, wo Feriengäste Reisekostenerstattungen wollten aufgrund von meist vorgetäuschten Krankheiten. TOs und Hoteliers haben sich dort nun zur Wehr gesetzt. Sind Ihnen ähnliche Fälle aus der Schweiz bekannt?

Erfreulicherweise kann die Ombudsstelle nicht bestätigen, bis jetzt mit Fällen von «Sickness Scam» konfrontiert gewesen zu sein. Was hingegen immer mal wieder auf unserem Tisch landet, sind Reklamationen in Zusammenhang mit Kreuzfahrten, in welchen die Kunden berichten, die Klimaanlage hätte zu einer Erkrankung bei ihnen geführt.

«Bei Problemen mit Reisenden mit ungültigen Ausweisdokumenten handelt es sich meist um Internetbuchungen»

Wie oft sind es eigentlich die Reiseunternehmen, welche Sie einschalten? Wie verhält sich das zu den Anfragen von Endkunden-Seite?

Es ist schon so, dass unsere Hauptkunden die Reisenden selber sind. Selbstverständlich behandeln wir jederzeit Problemstellungen, die uns direkt von einem Veranstalter oder einem Reisebüro übermittelt werden. Die Anzahl der Anfragen aus der Branche selber steigt an, weshalb ich sagen kann, dass diese nun knapp einen Drittel der Gesamtmenge darstellt.

Worauf muss ein Reisebüro achten, um möglichst Problemen mit Endkunden aus dem Weg zu gehen?

Die Handhabung von Gebühren für das Ausstellen von Reisevorschlägen muss den Kunden klar vermittelt werden. Es ist für mich offensichtlich, dass man für einen ausführlichen Vorschlag Kosten veranschlagen soll, diese dann aber bei einer Buchung senken oder streichen muss. Schliesslich geht es ja nur darum, keine Gratisarbeit zu leisten. Erstaunlicherweise gibt es aber noch immer Reisebüros, die hier Scheuklappen haben.

Ebenso muss man bei der Erstellung eines solchen Vorschlags kommunizieren, wie es mit der Reservierung läuft. Gewisse Konsumenten gehen nämlich davon aus, dass eine Offerte bereits Reservationen beinhaltet.

«Ein Drittel der Anfragen kommen inzwischen aus der Reisebranche selber und nicht mehr von Endkunden»

Wie ist das in Bezug auf Flugreisen?

In der heutigen Zeit macht es zunehmend Sinn, bei Flugreisen die Umsteigezeiten grosszügiger einzuplanen. Die Chancen, dass infolge Bedenken um die Sicherheit die Kontrollen verschärft werden, ist immer da und somit kann man Gefahr laufen, zu spät am Gate zu erscheinen. Hier kann das Reisebüro gute Aufklärungsarbeit leisten - was ein Vorteil für die Branche ist, der wahrgenommen werden sollte.

Haben Sie auch noch Tipps für Endkunden?

Es ist absolut notwendig, dem Reisebüro genaue Daten anzugeben, insbesondere dann, wenn ein Familienname auf eine andere Nationalität hinweist, die für die Einreise zum Problem werden kann. Immer wieder gibt es auch Reisende, die nach Stornierung infolge Krankheit negative Antworten der Reiseversicherungen erhalten. Die Begründungen sind hauptsächlich bestehende Krankheiten oder noch nicht abgeschlossene Heilungsprozesse.

Regelmässig müssen wir Reisende auch darauf hinweisen, dass sie ihre Energie für Rückerstattungsforderungen vor Ort hätten aufwenden sollen und nicht erst nach Rückkehr. Dem Veranstalter muss die Chance eingeräumt werden, Probleme noch während des Ferienaufenthalts seiner Kunden lösen zu können.

(JCR)