Tourismuswelt

Ah Khing Theo (Desert Star Holding), Puneet Chhatwal (Deutsche Hospitality), Lina Annab (Ministry of Tourism & Antiquities Jordan), Ros Atkins (BBC), Simon Lehmann (Phocuswright), Sean Cleary (Strategic Concepts), Jason Fox (Head of Cleverness). Images: WTFL

World Tourism Forum Luzern 2017: «Relevant bleiben und nachhaltig wachsen»

Ben West

Im Fokus der 5. Ausgabe des Tourismusforums standen Methoden zur Meisterung aktueller Herausforderung in der Tourismusbranche. Am meisten wurde an den Innovationsgeist appelliert.

Die Qualität der Gespräche und Debatten während den zwei Tagen, an denen das fünfte World Tourism Forum Luzern (WTFL) stattfand, war extrem hoch. Mit 500 Teilnehmern aus 75 Ländern hat sich das WTFL zum wichtigen internationalen Event entwickelt. Dies wurde auch unterstrichen durch die Tatsache, dass die Keynotes von sehr prominenten Reisebranchen-Managern geführt wurden, und dass die spannenden Panels, Workshops, Roundtables, Interviews und «Brainstorming Sessions» durchweg gut besucht und animiert waren.

Den Auftakt im KKL Luzern machten Bundesrat Johann Schneider-Ammann und Taleb Rifai, der Generalsekretär der World Tourism Organisation (UNWTO). Ihr Leitfaden war die Frage, wie man in unsicheren Zeiten, wie die Welt sie derzeit durchlebt, relevant bleiben kann. Fragen zur Nachhaltigkeit, zum Umgang mit Terrorismus oder zum digitalen Wandel müssen beantwortet werden.

In einer bemerkenswerten Keynote legte zudem Sean Cleary, Chairman der Firma Strategic Concepts, dar, auf welche Art zahlreiche Faktoren wie Konnektivität,  Geopolitik und Bevölkerungswachstum die Unvorhersehbarkeit der Welt akzentuieren.

Neue Modelle für das Tourismuswachstum

Rasoul Jalali, General Manager DACH bei Uber, erklärte in einer viel beachteten Präsentation, wie das Unternehmen städtische Mobilität nachhaltig verändert hat und auch weiterhin verändern würde. Uber ist inzwischen in 500 Städten in 80 Ländern aktiv und hat mit «Uberpool» grossen Erfolg. Dank den Daten aus der App könne bestens vorausgesagt werden, wann und wo die grösste Nachfrage bestehe. Als weiterer Schritt folgen nun Tests mit dem fahrerlosen Auto.

Jürg Schmid, der CEO von Schweiz Tourismus, und Allen Chastenet, der Premierminister der Karibikinsel St. Lucia, verglichen die Bemühungen ihrer zwei relativ kleinen Ländern im Kampf um Marktanteile und Relevanz im weltweiten Tourismusmarkt, im Kampf gegen viel grössere Märkte. Sie unterstrichen dabei auch ihre jeweiligen Bemühungen  um nachhaltiges Wachstum. Schmid wies unter anderem darauf hin, dass eine der am stärksten wachsenden «Ferienoptionen» derzeit das «Digital Detox» sei – also die völlige Loslösung von Wifi und Erreichbarkeit. Da gebe es noch Potenzial.

Demgegenüber unterstrich Jon Erni (Director of Public Sector bei Microsoft) dass die Einbeziehung des digitalen Sektors für touristische Unternehmen überlebenswichtig sei. Mit der Hilfe von Online-Tools sei es einfacher, Kunden zu finden und zu erhalten, Daten zu analysieren, Sucher zu Buchern zu machen und generell erfolgreiches E-Commerce zu betreiben. Für Erni sind solche Tools nicht nur Hilfsmittel oder Effizienz-Verbesserer, sondern grundlegend für Innovation. Erni erinnerte daran, dass Tourismusunternehmen das Aufbrechen alter Modelle nicht bekämpfen sollen, sondern als Chance wahrnehmen sollten. Sein provokatives Statement lautete: «Sie kennen vermutlich 90% der Plattformen gar nicht, auf welchen ihre Kunden aktiv sind und Informationen oder Inspirationen einholen.» Um zu wissen, wo der (potenzielle) Kunde im Web unterwegs sei, gebe es Tools. Wer die kommenden Generationen nicht in sein Geschäftsmodell einbeziehe, werde irgendwann zurückfallen.

Ein weiteres wichtiges Thema war die Vereinfachung des ganzen Reiseprozesses. Hierzu gab etwa Troy Warfield, Director of Customer Experience bei British Airways, interessante Einblicke. Er nannte etwa die Möglichkeit, das Gepäck zuhause einzuchecken und aufzugeben al seine wichtige neue Servicekomponente. Und dass die 55 Millionen Nutzer der BA-Webseite wertvolle Daten hinterlassen, aus denen man Rückschlüsse für die Verbesserung des Betriebs und des Kundenerlebnisses herauslesen kann.

Natürlich kann kein touristisches Projekt ohne Geld durchgeführt werden. Neue Modelle für die Finanzierung von touristischen Projekten waren denn auch das Thema im Vortrag von John Perrottet, Senior Tourism Specialist bei der Weltbank in Washington DC.

Spannende Rahmenveranstaltungen

Am Tag vor Beginn des WTFL fand noch ein «Think Tank» in einer Villa in Meggen statt. 60 prominente Vertreter aus Regierungen, Bildungsinstituten und der Reisebranche trafen sich unter der Leitung von «Experience Engineer» David Pearl zu einem Brainstorming, wo auch auf hierarchische Positionen völlig verzichtet wurde. Mittels Unterveranstaltungen wie «Networking Picnics» oder «Stimulus Session» brachte Pearl die Teilnehmer dazu, frei über Themen zu diskutieren, welche auf Symposien selten öffentlich behandelt werden. Es ging dabei unter anderem um die delicate Frage, wie das Recht auf freie Bewegung mit Sicherheitsaspekten sowie mit den sozialen und ökonomischen Auswirkungen des Tourismus zu balancieren sei, oder welche neuen Zusammenarbeitsmodelle Sinn machen in einer Branche, in welcher die herkömllichen Wertschöpfungsketten komplett im Wandel sind.

Nicht zuletzt stand das diesjährige Forum auch im Zeichen der Frage, wie man junge Talente für die Branche begeistern und diese auch erhalten kann. Dazu wurde erstmals ein «Start-Up Innovation Camp» durchgeführt. Insgesamt 170 Jungunternehmen aus 50 Ländern bewarben sich um die Teilnahme, wovon letztlich vier ausgewählt wurden. Diese erhielten nebst dem Recht zur Teilnahme auch 20‘000 Franken in bar sowie ein zwei Jahre dauerndes professionelles Coaching.