Tourismuswelt

Sunday Press Überbuchte Flüge und der grosse Ärger bei den Passagieren

Airlines verkaufen zehn Prozent der Plätze zweimal – Zunahme von Personenunfällen bei der Bahn.

Der Shitstorm, der über die US-Airline United hereingebrochen ist, weil sie einen Passagier mit Gewalt aus dem überbuchten Flugzeug schaffen liess, beschäftigt heute auch die «NZZ am Sonntag». Airline-Spezialistin Birgit Voigt analysiert, weshalb sich ein solcher Fall wohl nur in den USA ereignen kann. Die Schlägerszene in der United-Maschine, bei der Polizisten einem Arzt die Nase brachen und zwei Zähne ausschlugen, erhelle, «welche unguten Entwicklungen sich bei amerikanischen Airlines etabliert haben». Die meisten Passagiere aller US-Airlines würden sich «oft mehr wie ein Schaf inmitten einer Herde behandelt fühlen, angeblafft von gleichgültigem Personal und zusammengepfercht in eng gestuhlten fliegenden Büchsen».

Der Grund dafür: Auf vielen Strecken in den USA herrscht kaum Wettbewerb. Die drei grossen US-Gesellschaften hätten das Land «ziemlich säuberlich untereinander aufgeteilt». Jede von ihnen dominiere über zentrale Flughäfen die Feinverteilung auf einer grossen Anzahl Strecken. Direkte Konkurrenz durch Billig-Airlines sei die Ausnahme. «Diese komfortablen Monopole lassen die Preise steigen und den Kundenservice schrumpfen», schreibt die Autorin, was «politisch durchaus gewollt ist». Die Gewaltanwendung gegenüber einem Passagier belege überdies «eine Gewaltbereitschaft der Airline gegenüber den eigenen Kunden, die zu Recht schockiert.» Im Gegensatz zu den USA sind die Flugpassagiere in Europa und der Schweiz seit zehn Jahren deutlich besser gestellt. Ein verbindliches Regelwerk sorgt dafür, «Konflikte um unerfüllte Flugversprechen zu lösen». Ein Fall, wie er sich in Chicago abgespielt hat, ist dem europäischen Konsumentenverband nicht bekannt.

Im Wirtschaftsteil vertieft die «NZZ am Sonntag» die Problematik des Überbuchens. Experten schätzen, dass rund zehn Prozent der Plätze zweimal verkauft werden. Diese Praxis habe sich etabliert, «weil praktisch zu jedem Flug ein paar Passagiere nicht auftauchen». Allein bei der Lufthansa erscheinen jedes Jahr rund drei Millionen Kunden nicht zum Abflug. Um eine möglichst korrekte Prognose pro Flug zu erhalten, sammeln die Airlines akribisch Daten über das Passagieraufkommen. «Bei Japanflügen gibt es selten No-Shows», sagt eine Swiss-Sprecherin, «bei Sao Paulo in Brasilien gibt es eine höhere Rate.» Die Verwertung dieser Platzreserven erlaube es, die Durchschnittspreise zu senken. «Durch Überbuchungen können wir Leerplätze im Flugzeug anderen Kunden anbieten», so die Swiss-Sprecherin. Blieben die Plätze einfach leer, sei das «weder ökonomisch noch ökologisch sinnvoll». Die Zahl der betroffenen Passagiere, die von der Swiss wegen Überbuchung abgewiesen werden müssen, liege «deutlich unter einem halben Prozent». Bei 16 Millionen Swiss-Passagieren sind das «aber doch ein paar tausend Menschen, die unplanmässig dem Flugzeug beim Start hinterherschauen.» (Eine gnädige Formulierung der «NZZ am Sonntag» – «einige zehntausend» wäre wohl zutreffender.)

Mehr Unfälle auf Schweizer Bahnhöfen und Schienen

Im vergangenen Jahr verunfallten auf dem Schweizer Schienennetz fast doppelt so viele Menschen wie 2015. Wie die «SonntagsZeitung» schreibt, lässt die Zahl von 27 Unfällen die Sicherheitsexperten im Bundesamt für Verkehr (BAV) «aufhorchen». 20 Menschen verloren ihr Leben, sieben wurden schwer verletzt. Wie viele Menschen davon den Freitod wählten, lässt sich nicht sagen. Die Statistik zeige aber, dass die Anzahl Suizide auf dem Schienennetz in den letzten fünf Jahren nicht zugenommen hat. Dafür häuften sich die Unfälle auf Bahnhöfen. Personen querten die Schienen oder stürzen auf die Geleise, weil sie sich zu nahe am Rand des Bahnsteigs aufhielten. «Es ist beängstigend, wie oft sich die Leute um die weissen Sicherheitslinien auf dem Perron foutieren», sagt die Sprecherin der Schweizerischen Südostbahn. Zu oft blieben Durchsagen nutzlos, weil die Bahnkunden mit «Stöpsel in den Ohren» unterwegs seien, Musik hörten oder telefonierten. Um Schüler und Jugendliche auf die Gefahren aufmerksam zu machen, schicken die SBB jedes Jahr den sogenannten Schul- und Erlebniszug auf Tournee. «Wir sensibilisieren so jährlich mehre Tausend junge Menschen», sagt Sprecher Christian Ginsig.

Die lesenswerteste Reisereportage...

... findet sich heute in der «SonntagsZeitung». Sie entführt uns nach Austin und bringt uns die texanische Hauptstadt als «liberale Insel im Cowboystaat» und als «Eldorado der Livemusik» näher. Aufgefallen ist der Journalistin wie nett, hilfsbereit und zuvorkommend die Menschen in Austin sind. Nur im Veloladen des Dopingsünders Lance Armstrong traf sie auf Personal, das sie «seltsam unterkühlt, arrogant, ganz untexanisch unfreundlich» erlebte. Mit einer Million Einwohnern ist Austin nach Houston, San Antonio und Dallas die viertgrösste Stadt des Bundesstaates. Quasi als Kontrastprogramm wirkt der Reisebericht von der beschaulichen autofreien Nordsee-Insel Juist, wo Wind, Ebbe und Flut das Leben bestimmen.

Die «Stil»-Beilage der «NZZ am Sonntag» beleuchtet den östlichen Abschnitt der Algarve, der touristisch noch wenig erschlossen ist und mit menschenleeren Stränden und verschlafenen Dörfer überrascht. Einen originellen Zugang für eine Reisereportage wählte die «Zentralschweiz am Sonntag». Ihr Autor reiste von Schleswig-Holstein bis ins Fränkische «durch die Schweiz», nämlich durch deutsche Gegenden, die Schweiz heissen.

(HPB)