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Expert Sprachreisen – die Nachfrage verschiebt sich

Thomas Althaus

Sprachen lernen werde zum ganzheitlichen Erlebnis, schreibt Thomas Althaus.

In seiner Ausgabe zum Jahresende 2016 stellte «Das Magazin» 78 Fragen an Fachleute. Frage 51 lautete: »Was ist die klügste Art, sein Geld anzulegen?» Monika Bütler, Professorin für Volkswirtschaft an der Universität St. Gallen, antwortete knapp und zutreffend: «Die beste Anlage ist die Ausbildung der Kinder. Oder die eigene.» Das gilt in der heutigen, globalisierten Welt ganz besonders auch für Sprachen. Englisch oder Französisch ist nicht die Alternative; Englisch und Französisch sind für jeden Deutschschweizer ein Muss. Und weitere Fremdsprachen schaden ebenfalls nicht.

Die Nachfrage nach Sprachreisen ist ungebrochen, aber sie verschiebt sich: Entweder man mag es kurz und intensiv, oder man bucht gleich einen ausgedehnten Sprachaufenthalt von mindestens 12 Wochen. Schulabgängern, die nicht sofort arbeiten oder eine weitere Ausbildung antreten möchten, auch Leuten zwischen zwei Jobs empfehlen wir ein Zwischenjahr, das heisst einen Langzeit-Aufenthalt im fremden Sprachgebiet. Wird dieses sinnvoll und konzentriert genutzt, z.B. durch das Leben in einer Familie, ein Demi Pair (halb Kinderbetreuung, halb Schule) oder die Mitarbeit auf einem Bauernhof (Farmstay) oder in einer sozialen Institution, so ist es nicht ungewöhnlich, dass jemand danach die Fremdsprache fast so gut beherrscht wie seine eigene.

Wer ein noch intensiveres Lern-Erlebnis sucht, bucht einen Sprachaufenthalt direkt im Haus des Lehrers. Dieses Angebot für Englisch- oder Französischunterricht wird oft gewählt, wenn man auf ein konkretes Ziel hinarbeitet, z.B. die Matur oder ein Cambridge Sprachdiplom. Auch wenn man sich intensiv auf ein berufliches Projekt oder eine Präsentation vorbereiten oder in medizinscher oder juristischer Fachsprache fit machen möchte, sind diese absolut individuellen und massgeschneiderten Programme das Richtige.

«Im Segment 30+ herrscht Bewegung»

Gestiegen ist die Nachfrage nach Juniorenkursen für 13- bis 18-Jährige. Viele Eltern betrachten solche Kurse, ganz im Sinn von Professorin Bütler, als lohnende Investition in die Zukunft des Nachwuchses. Für die Jugendlichen selber sind es oft die ersten Ferien ohne Eltern. Französisch ist für Deutschschweizer Schüler wichtig, denen das Englische sowohl linguistisch als auch vom täglichen Gebrauch her näher liegt. Neu zeigt sich, dass Schweizer Schulen zunehmend individuelle Sprachkurse für einzelne Schüler fördern statt, wie bisher, vor allem Reisen im Klassenverband zu unterstützen. Natürlich kann so auf das individuelle Bedürfnis jedes Schülers und auf sein Niveau viel besser eingegangen werden.

Um in die französische Sprache einzutauchen, muss man gar nicht weit verreisen: Im Welschland gibt es dafür Top-Angebote. Wer das Ferienfeeling sucht, geht hingegen an die Côte d’Azur oder noch weiter, nach Guadeloupe oder Martinique zum Beispiel. Auch für Spanischkurse verreist man gern etwas weiter: Kuba und Guatemala sind gut gebuchte Reiseziele; Costa Rica ist bei Leuten beliebt, die neben dem Besuch eines Sprachkurses Freiwilligenarbeit leisten möchten.

An der Spitze der Beliebtheitsskala steht, mit grossem Abstand, nach wie vor Englisch. Zunehmender Nachfrage erfreuen sich hier Australien, Neuseeland und Kanada. Trotzdem bleiben auch die Vereinigten Staaten für Sprachreisende attraktiv; die jüngsten politischen Entwicklungen tun der Nachfrage keinen Abbruch. Die Buchungen für England und Schottland haben in den letzten Jahren tendenziell etwas abgenommen, doch ist der Wechselkurs des Pfund Sterling inzwischen so günstig, dass mit einer neuerlichen Zunahme gerechnet werden darf. Wer auch für seinen Englischunterricht Mittelmeer-Feeling sucht, ist auf der geschichtsträchtigen Insel Malta bestens aufgehoben. Hier gibt es exzellente Angebote in allen Bereichen, von Juniorenkursen über Business oder General English bis zu Programmen für die Generation 30+ und Erlebnissprachreisen für Teilnehmer ab 50.

Vor allem im Segment 30+ herrscht Bewegung. Inzwischen richten sich zahlreiche Angebote ausschliesslich an ältere Sprachlernende. Dabei genügt das vorgefertigte Produkt von der Stange nicht mehr: Über das reine Sprachenlernen hinaus sucht man nach einem reizvollen Mix aus Sprachkurs, Abenteuer, Freiwilligeneinsatz und Kontakt mit Einheimischen und Mitschülern. So ist der Sprachaufenthalt nicht nur eine Investition in die Zukunft, sondern es wird zum ganzheitlichen, unvergesslichen Erlebnis.