Tourismuswelt

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In der Umweltarena in Spreitenbach: Walter Kunz und Patricia Tovar (beide SRV), Roland Schmid (TUI und SRV), Louis Palmer (Gastreferent) und Max E. Katz (SRV-Präsident). Bilder: AKV

Reisebüros, bringt das Öko-Thema aktiv ein!

Artur K. Vogel

Am Nachhaltigkeitstag des Schweizer Reise-Verbandes (SRV) in der Umweltarena Spreitenbach informierten sich 80 Reisefachleute über «nachhaltig reisen – wie und warum».

«Schweizer pfeifen aufs Klima» – diese provokative Schlagzeile aus einer Boulevardzeitung warf SRV-Präsident Max E. Katz in seinem Begrüssungsreferat den Zuhörerinnen und Zuhörern zu. Stimmt sie? Katz, der eindringlich dazu aufforderte, sich Gedanken über die sozialen und ökologischen Auswirkungen des Tourismus zu machen, wollte die Frage bewusst offen lassen.

Doch die Statistik spricht für sich: Nur gut jeder fünfte Reisebürokunde, 22 Prozent, erwähnt das Thema von sich aus, wenn er seine Reise bucht. Dieses Resultat einer deutschen Untersuchung dürfte auch für die Schweiz zutreffen, meinte Fabian Weber an einem Workshop. Weber arbeitet am Institut für Tourismuswirtschaft der Hochschule Luzern und vertritt gleichzeitig die Zertifizierungsorganisation TourCert aus Stuttgart, deren Öko-Label rund zehn zertifizierte Schweizer Reisebüros führen dürfen.

Deshalb sollten Mitarbeitende in Reisebüros das Thema bei einem Verkaufsgespräch selber anschneiden, meint SRV-Direktor Walter Kunz. Missionieren oder predigen komme bei Kundinnen und Kunden allerdings nicht gut an; Geschick sei gefragt. Wie aber kann man tatsächlich nachhaltiger reisen? In einem Gespräch mit TN brachte es Imbach-Chef Hans Wiesner auf den Punkt: «Weniger fliegen, die Flugreisen kompensieren, jede zweite Reise in der Schweiz statt im Ausland.» Wiesner engagiert sich auch politisch für die Umwelt: Er sitzt seit 2011 für die Grünliberalen im Zürcher Kantonsrat.

«80 Prozent gehen direkt in konkrete Projekte»

Kompensieren kann man Flugreisen mit Ausgleichszahlungen zum Beispiel an Myclimate. Deren Vertreterinnen Birthe Hillert und Simone Pulfer versuchten an einem Workshop, Vorbehalte auszuräumen: «80 Prozent des einbezahlten Geldes gehen direkt in konkrete Projekte», beteuerten sie. Weshalb befinden sich diese Projekte vorwiegend in Entwicklungsländern? Weil dort mit derselben Summe eine viel grössere Wirkung erzielt werden kann als in der Schweiz. Reisebüroangestellte sollten das Thema «CO2-Kompensation» direkt ins Verkaufsgespräch einbinden, sagt Birthe Hillert. So sei die Erfolgschance grösser, als wenn man erst später, z.B. bei der Rechnungsstellung, darauf aufmerksam mache.

Einen ganz besonderen Beitrag an die Umwelt geleistet hat der Hauptredner des Nachmittags, der Luzerner Lehrer Louis Palmer: «Ich hatte schon immer den Traum von der Weltreise», sagt er. Diesen verwirklichte er ab 2004. Er begann mit technischer Unterstützung der Hochschule Luzern, der Liftfirma Schindler und eines Batterieherstellers den Bau eines elektrisch angetriebenen Leicht-Autos, das seine Energie von Photovoltaikmodulen auf einem mitgeführten Anhänger bezog – bzw. bezieht. Denn das Auto fährt noch immer; «im Sommer fahren wir damit an Wochenenden aus, wie andere mit einem Ferrari ausfahren», witzelt Palmer.

Er nannte das Auto Solartaxi und umrundete damit von 2007 bis 2008 die Welt, legte rund 55‘000 Kilometer zurück und durchfuhr mehr als 40 Länder. Vielerorts wurde er begeistert aufgenommen; Präsidenten und Prinzen fuhren mit. Nur in Australien, das täglich 60‘000 Tonnen Kohle verbrennt und zu den schlimmsten Umweltsündern zählt, zeigte man ihm die kalte Schulter. In New York wurde Palmer von UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon empfangen. Später verlieh ihm die UNO-Organisation für Umwelt (UNEP) den Preis «Champion of the Earth». «Wenn jeder seinen Beitrag leistet», so ist Palmer überzeugt, «dann wären Lösungen möglich.» Er selber hat es bewiesen.

Umweltarena, die passende Location

Der SRV hat als Location für seinen Nachhaltigkeitstag bewusst die Umweltarena in Spreitenbach gewählt. Denn hier kommen neben der Theorie auch die Anschauung, und der Spass nicht zu kurz. Nach einem Rundgang durch die Informationsstände, die sich mit Themen wie Abfallverwertung, dem ökologischen Fussabdruck, der Energiestrategie des Bundes oder der Produktion von Lebensmitteln befasst, geht man ins Untergeschoss. Dort ist eine grosse Kart-Bahn angelegt, die nun mit den diversesten Fahrzeugen umrundet werden kann, alle lautlos, alle nicht mit fossilen Brennstoffen angetrieben: E-Bikes, Tandems, Trotinetts, der Renault Twizzy, eine Art Elektro-Kabinenroller mit zwei hintereinanderliegenden Plätzen, Elektroautos von BMW, Nissan, VW.

So hat der Nachhaltigkeitstag neben ernsthaften Momenten auch Spass und Unterhaltung geboten, und zum Schluss einen gediegenen Apéro in der Abendsonne. «Diese Formel scheint zu funktionieren», freut sich SRV-Geschäftsführer Walter Kunz: «80 Teilnehmende, das ist ein Rekord.»