Tourismuswelt

Sunday Press «Wir brauchen einen Marshallplan für die Bergregionen»

Hotelleriesuisse-Präsident Andreas Züllig verschiebt Trendwende um ein Jahr – Ausländische Gäste sind verunsichert.

Die Serie von Terrorakten und Gewalttaten in Europa haben auch Auswirkungen auf die Schweizer Tourismusregionen, weil die Gäste aus Übersee verunsichert sind. In der „SonntagsZeitung“ spricht der Luzerner Tourismusdirektor Marcel Perren von einem „herben Rückschlag“. Erstmals seit 2008 ist die Zahl der Übernachtungen von asiatischen Touristen rückläufig. Schlecht für die Schweiz sind die Reisewarnungen der Regierungen wichtiger Herkunftsmärkte, die generell von einer „terroristischen Bedrohung in Europa“ ausgehen. Deshalb rechnet auch Schweiz Tourismus in diesem Jahr mit „grossen Annullationen chinesischer Reisegruppen“. Statt einem Wachstum um 30 Prozent hofft Urs Eberhard, Vizedirektor der Vermarktungsorganisation, aber immerhin noch auf einen „bescheidenen Zuwachs“ von 2 bis 3 Prozent.

Vertieft wird die aktuelle Situation für den Schweizer Tourismus in einem Interview mit Hotellerie-Präsident Andreas Züllig. Er geht davon aus, dass sich der von der Konjunkturforschungsstelle der ETH im Mai in Aussicht gestellte Trendwende um ein Jahr verschieben werde. Zumindest in den Bergregionen müsse erneut von einem Minus bei den Logiernächten ausgegangen werden. Auch der Brexit werde „deutliche Spuren hinterlassen“, sagt Züllig, der auch dem Wirtschaftsbeirat der Nationalbank angehört. Angesichts der expansiven Geldpolitik der Europäischen Zentralbank und der Bankenkrise in Italien spricht er von „einem giftigen Cocktail“. Der von Gastrosuisse-Präsident Casimir Platzer angestossene Tourismusgipfel hält er nicht für ausreichend. „Wir brauchen eine Art Masterplan, ja einen Marshallplan zur Entwicklung der Bergregionen.“ Drei Industrien seien nämlich „in Not“, die Energiewirtschaft, die Bauwirtschaft und der Tourismus, der unter dem starken Franken leidet.

Im Kanton Graubünden etwa machen diese Branchen 60 Prozent des Bruttoinlandprodukts aus. Die Gemeinden seien nicht mehr in der Lage, in die Infrastruktur zu investieren, weshalb es eine „Vision für den ganzen Alpenraum braucht“. Geld dürfte nicht mehr nach dem Giesskannenprinzip verteilt werden. Das bedeute auch „Verzichtspolitik“. Züllig: „Gewisse Regionen oder Orte können nicht mehr gefördert werden.“ Da die Subventionen für die nächsten Jahre schon gesprochen sind, visiert er die nächste Legislaturperiode von 2020 bis 2023 an. Dann sei es noch nicht zu spät, „um das Potenzial der Bergregionen auszuschöpfen.“

Ausgleichskasse erhöht den Druck auf Uber

Die heutige Ausgabe der „SonntagsZeitung“ ist eine Fundgrube für Tourismusinteressierte. Der Konflikt um den Fahrdienst Uber wird im Wirtschaftsteil thematisiert und das „rasante Wachstum“ der Internetplattform Airbnb in der Schweiz im Gesellschaftsbund. Laut der Zeitung spitzt sich der seit zwei Jahren schwelende Streit um den US-Taxidienstleister zu, weil die Zürcher Ausgleichskasse Uber ein Ultimatum bis Ende Januar gesetzt hat. Bis dahin müssen sämtliche ausbezahlten Löhne gemeldet werden. Uber will das Leiturteil des Bundesgerichts aus dem Jahre 2014 aushebeln, das die Taxifahrer als Angestellte und nicht als Selbständigerwerbe definiert. Die SUVA hatte sich auf den Standpunkt gestellt, dass Uber die Kosten für Unfall- und Sozialversicherung ihrer Fahrer bezahlen muss. Uber, das sich nur als Vermittlungsplattform sieht will nun weitere „rechtliche Schritte ergreifen“ und letztlich Zeit gewinnen.

Wie Uber das Taxigewerbe stellt Airbnb für das Geschäftsmodell der Tourismusbranche infrage. Im letzten Jahr wurden mit 20 000 Angeboten bereits fast ein Viertel der in der Schweiz verfügbaren Gästebetten angeboten. Die Hotellerie wartet nun ungeduldig auf den Bericht des Bundesrates zur Sharing Economy, der bis Ende Jahr vorliegen soll. Ein Sprecher des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) wird dahingehend zitiert, dass der Bundesrat generell der Ansicht sei, „dass es gleich lange Spiesse für vergleichbare Angeboten“ geben solle.

Wird die kriselnde Air Berlin aufgeteilt?

Den Spekulationen um einen Teilverkauf von Air Berlin an die Lufthansa und allfälligen Auswirkungen auf die Schweiz versucht die „NZZ am Sonntag“ auf den Grund zu gehen. Da nicht einmal die Verhandlungen offiziell bestätigt sind, gibt es aber keine handfesten News zu vermelden. Aus Sicht der Lufthansa würde die Übernahme von Teilen des Europageschäftes durchaus Sinn machen, da der Ausbau der eigenen Billig-Tochter Eurowings nicht so rasch vorankommt wie geplant. Sollte es zwischen Lufthansa und Hauptaktionär Etihad zu einer Einigung kommen, hätte dies auch Auswirkungen auf die Schweiz. Am Flughafen Zürich ist Air Berlin mit einem Passagieranteil von 5,6 Prozent die zweitgrösste Fluggesellschaft. Über ihre Tochter Belair betreibt sie acht (geleaste) Maschinen, mehrheitlich A320. Belair beschäftigt gut 300 Personen. Was mit Belair bei einem Verkauf des Europageschäftes passiert, sei „offenbar noch nicht entschieden“, schreibt die Zeitung. Die Gesellschaft nimmt keine Stellung. Für Air Berlin, die auf einem Schuldenberg von 800 Millionen Euro sitzt, seien die Verhandlungen „ein Rennen gegen die Zeit“. Nur Dank Etihad sind ihre Flugzeuge überhaupt noch in der Luft.

Zwei Interviews für das Gemüt

Passend zur Ferienzeit und als Kontrastprogramm zu den traurigen Terrornachrichten lesen sich zwei Interviews. Die „SonntagsZeitung“ spricht im grossen Wocheninterview mit Ruth Rüegsegger, der ersten Gouvernante im Grand Resort Bad Ragaz, über Diskretion und arabischen Gästen mit ausgefallenen Wünschen. Das Magazin des „SonntagsBlicks“ bietet Nina Heinemann eine Plattform, um die Wiederholung der Sendung „Die HolidayChecker – der grosse Ferientest“ auf SAT1 Schweiz zu promoten. Leser der „Schweiz am Sonntag“  finden eine Reportage über das in Mode gekommene Reiseland Island, jenen der „Zentralschweiz am Sonntag“ eine übers Bergsteigen am Mont-Blanc.

(HPB)