Tourismuswelt

Trainierten ihre Tourismus- und Wirtschaftskompetenzen: Studierende der HFT und HFW Luzern mit der BZLU-Seminarleitung und leitenden Besatzungsmitgliedern unter dem Kommando von Kapitän Harri Seppä auf der Finnmaid. Bild: Frauke Werner / Finnlines

So war der StudyTrip@Sea des BZLU

In Zusammenarbeit mit der Tallink Grupp und Finnlines erlebten 53 Studierende des BZLU Bildungszentrum Luzern ein spannendes Seminarprogramm mit viel Praxisbezug.

Die Kreuzfahrt- und Fährindustrie boomt wieder und hat die Pandemie – zumindest was die Buchungszahlen betrifft – endgültig hinter sich gelassen. Auch die Weltwirtschaft ist in hohem Masse von der Schifffahrt abhängig – immerhin werden 90 Prozent des globalen Welthandels auf dem Seeweg abgewickelt. Oder wie es Seminarleiter, Wirtschaftsberater und Schifffahrtsexperte Thomas P. Illes während seinen Unterrichtseinheiten immer wieder mal gerne auf den Punkt brachte: «No shipping – no shopping!»

Grund genug für das BZLU Bildungszentrum Luzern, den diesjährigen «StudyTrip@Sea» mit seinen Studierenden der HFT Höheren Fachschule Tourismus Luzern sowie HFW Höheren Fachschule Wirtschaft Luzern gemeinsam durchzuführen.

Bewährte Partnerschaft im Norden

Dreh- und Angelpunkt des innovativen Seminarkonzepts ist seit Jahren die enge Zusammenarbeit mit der estnischen Tallink Grupp und dem Ableger Tallink Silja GmbH Hamburg. Die Gruppe ist seit jeher sehr innovativ. Sie legt hohen Wert auf ausgeprägten Passagierkomfort mit einem breiten Angebot an touristischen Dienstleistungen und Freizeitangeboten, konkret umgesetzte Nachhaltigkeit, Einsatz innovativer Technologien sowie höchsten Sicherheitsstand.

Das Schulzimmer von Luzern auf die Ostsee verlegt: Studierende der HFT und HFW Luzern im Konferenzraum der Kreuzfahrtfähre Silja Serenade. Bild: Sarah Rüedi / BZLU Bildungszentrum Luzern

Obwohl primär eine Fährreederei hat das Unternehmen mit etlichen Elementen entscheidende Pionierarbeit zur Entwicklung der modernen Kreuzfahrtindustrie geleistet. Darüber hinaus betreibt die Gruppe drei Qualitätshotels im Stadtzentrum von Tallinn sowie 14 Restaurants der Fastfood-Kette Burger King in Estland, Lettland und Litauen.

Die Tochtergesellschaft der Gruppe, Tallink Duty Free, ist ein erfolgreiches internationales Handelsunternehmen mit breiten Einkaufsangeboten an Bord und an Land sowie einer wachsenden E-Commerce-Präsenz in den Heimmärkten, die das Unternehmen zu einem der weltweit wichtigsten Duty-Free-Anbieter werden liess.

So verwundert nicht, dass die Minicruises an Bord der 2800 Passagiere fassenden luxuriösen Kreuzfahrtfähren Silja Serenade und Symphony zwischen Finnland und Schweden mit ihrem umfangreichen Gastro-, Shopping- und Unterhaltungsangebot an Bord regelmässig zu den Highlights des Programms gehören und bei den Studierenden auf grossen Anklang stossen.

Die Silja-Fähren transportieren aber auch Fahrzeuge und Fracht, und so waren diese Schiffe für die Studierenden der HFT und der HFW gleichermassen von Interesse.

Wo Tourismus- und Weltwirtschaft zusammentreffen

Dass Wirtschaft und Tourismus nicht isoliert betrachtet werden können und sehr eng miteinander verbunden sind, unterstich BZLU-Inhaber und CEO Patrick Rüedi bei der Seminareröffnung: «Die Tourismusindustrie ist einer der weltweit wichtigsten Dienstleistungsbranchen, die Handelsschifffahrt das Rückgrat des globalen Welthandels.»

Der «StudyTrip@Sea» decke sich demnach, so Rüedi weiter, «in idealer Weise mit dem praxisorientierten Bildungsanspruch des BZLU, die Studierenden anhand von wertvollen Einblicken in die reale Tourismus- und Wirtschaftswelt vom Wissen zum Können zu bringen.» Sarah Rüedi, Mitinhaberin und Brand Design Managerin des BZLU, fasst diese Philosophie mit den Worten «persönlich, praktisch, modern und visionär» zusammen.

Den Reiz des Reisens auf dem Meer entdeckt: Auslaufen auHelsinki Richtung Stockholm bei schönstem Abendlicht auf der Kreuzfahrtfähre Silja Serenade. Bild: Thomas P. Illes / thilles consulting GmbH

Auch für Seminarleiter Thomas P. Illes, der neben seiner Tätigkeit als Inhaber und CEO der Zürcher Unternehmensberatung thilles consulting GmbH am BZLU sowohl Tourismus- als auch Wirtschaftsfächer unterrichtet, bedeutet Stillstand Rückschritt. Entsprechend entwickelt er das branchenweit einmalige Konzept des «StudyTrip@Sea» seit Jahren stetig weiter und passt es laufend den aktuellen Gegebenheiten an.

Dieses Jahr ging er für den 30 Stunden dauernden ersten Streckenteil vom deutschen Lübeck-Travemünde zur 1200 Kilometer entfernten finnischen Hauptstadt Helsinki eine erstmalige Partnerschaft mit der zum italienischen Grimaldi-Konzern zugehörigen Reederei Finnlines ein.

Das Unternehmen ist auf der Ostsee, der Nordsee und dem Golf von Biskaya tätig, was die Hauptgebiete des finnischen Aussenhandels widerspiegelt. Das Streckennetz deckt alle grossen finnischen Häfen sowie mehrere Haupthäfen an der Ost- und Nordsee ab.

Die Kundinnen und Kunden haben auch Zugang zum umfangreichen Grimaldi-Netzwerk, das Nordeuropa, das Mittelmeer, Westafrika sowie Nord- und Südamerika umfasst. Die 23 Finnlines-Fähren transportieren teilweise nicht nur Passagiere und ihre Fahrzeuge nach Schweden und Finnland, sondern vor allem und das ganze Jahr über zahlreiche wichtige Güter.

Holländische Tulpen, allerlei Gemüse, Medikamente, Elektronikartikel, chemische Produkte, Möbel, Autos, Traktoren und viele weitere Dinge reisen im Bauch sowie auf den Frachtdecks des Schiffes mit und leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur Versorgung der Länder im Ostseeraum.

Reichhaltiges Seminarprogramm

Aus der Ausweitung der Partnerschaft mit Finnlines resultierte ein spannendes Routing: Lübeck-Travemünde-Helsinki-Stockholm-Helsinki-Tallinn, das während sechs Tagen in vier Länder führte und drei völlig unterschiedliche Schiffskonzepte umfasste: eine kombinierte Fracht-/Passagierfähre (Finnmaid), eine Kreuzfahrtfähre (Silja Serenade) und eine moderne Shuttle-Fähre (MyStar).

Lernten viel über Leadership und Teamwork: Studierende auf der Brücke der Finnmaid. Bild: Thomas P. Illes / thilles consulting GmbH

Praxisrelevantes Lernen ausserhalb des Klassenzimmers hiess in diesem Fall vor allem auch, dass die Unterrichtseinheiten zum einen in abwechslungsreicher Weise zusammen mit hochrangigen Gastreferenten und führenden Besatzungsmitgliedern unter regelmässiger Einbindung der Studierenden mittels Diskussionsrunden und Q&A’s vermittelt wurden.

Das umfangreiche Seminarprogramm behandelte in Zeiten von Klimawandel und Energiewende das hochaktuelle Spannungsfeld zwischen Tourismus, Wirtschaftswachstum und Nachhaltigkeit ebenso wie Themen rund um Logistik, Revenue Management, Dekarbonisierung, Politik, Design, Leadership/Teamwork, HR, Kommunikation und wechselnde Markttrends.

Zum anderen wurden den Studierenden Einblicke hinter die Kulissen während des laufenden Schiffsbetriebs auf See ermöglicht, wie sie sonst selten bis gar nie geboten werden können. Dazu gehörten exklusive Besuche auf der hoch technologisierten Kommandobrücke und im Maschinenraum sowie persönliche Diskussionen und Gespräche mit dem Kapitän und seinem Team.

Im Laufe des Seminars wurde den Studierenden so einerseits die Komplexität und Vielschichtigkeit, anderseits die Relevanz der Hochseeschifffahrt für ihre eigenen Tätigkeiten in ihren Betrieben an Land bei Themen wie vernetztes Denken, Technologie, Teamwork, Führung, Management, Soft Skills und Prozesse zunehmend bewusst.

Dadurch wurden sie befähigt, Erkenntnisse für ihre persönliche berufliche Praxis abzuleiten und ein noch gesamtheitlicheres touristisches und wirtschaftliches Verständnis zu entwickeln. Ebenso konnte aufgezeigt werden, was man in landgestützten Betrieben als Best-Practice-Beispiele von der Schifffahrt lernen und bestenfalls nutzbringend anwenden kann.

Seminarleiter Thomas P. Illes diskutiert im Rahmen eines Q&A’s mit den Studierenden und Kapitän Niklas Nordlund sowie Hotel Managerin Klaide Roschier an Bord der Sila Serenade. Bild: Sarah Rüedi / BZLU Bildungszentrum Luzern

Bleibt die Frage, ob zukünftige «StudyTrips@Sea» nicht nur primär auf Fähren, sondern auch auf Kreuzfahrtschiffen stattfinden könnten. Dazu hat Seminarleiter Thomas P. Illes eine klare Haltung: «Erstens hat die Kreuzfahrtindustrie punkto Design, Technologie und Schiffsführung viel von den Fähren gelernt – und nicht umgekehrt.» Zweitens sei die saisonale Verfügbarkeit von freien Kabinen inklusive Konferenzkapazitäten zu annehmbaren Preisen sowie Blicke hinter die Kulissen auf See schwieriger zu garantieren. Und drittens wären die einzelnen Reisesegmente laut Illes in der Regel länger und daher schwieriger planbar. Im Gespräch mit Travelnews zeigt sich der Seminarleiter aber durchaus offen für allfällige Konzeptausweitungen mit Kreuzfahrtreedereien.

Kombination aus praxisnahen Lerninhalten und Fun auf der Ostsee

Dass Lernen und Fun keinen Widerspruch darstellen müssen, zeigten auch die zahlreichenden fröhlichen Gesichter auf den Aussendecks, bei den Stadtbesichtigungen, in den diversen Restaurants und Bars an Bord sowie die zuweilen leidenschaftlich-energetischen Darbietungen auf der Tanzfläche.

Das lässt nur einen Schluss zu: der «StudyTrip@Sea» des BZLU war auch dieses Jahr ein voller Erfolg – die Ausgabe 2024 in einem knappen Jahr darf also kommen!

Kombination aus anspruchsvollem Seminarprogramm und Fun: Party in der Disco der Silja Serenade. Bild: Thomas P. Illes / thilles consulting GmbH

(TN)