Tourismuswelt

Marcel Brozius, Geschäftsführer von Moving Animals (links), mit seinem Geschäftspartner Sébastien Baumann am Flughafen Zürich. Bild: Moving Animals

Das etwas andere Reisebüro – mit Herz für Tiere

Beim Reisebüro Moving Animals steht VIP für Very Important Pets. Das Team um Geschäftsführer Marcel Brozius kümmert sich um internationale Tiertransporte – von Hunden und Katzen über Giftschlangen bis bin zu Giraffen.

Für Tierliebhaber ist klar: Haus- und Zootiere sollen mit genügend Pfotenfreiheit im Frachtraum reisen können und auch unter keinen Umständen wegen fehlender Dokumente an irgend einem Flughafen stranden. Genau darum kümmert sich Marcel Brozius. Er verfügt über 20 Jahre Erfahrung bei Tiertransporten und ist Geschäftsführer des Tierreisebüros Moving Animals (früher ACE Pet Moving) am Flughafen Zürich. An der Spitze eines sechsköpfigen Teams stellt er sicher, dass sich Herrchen und Frauchen keinerlei Sorgen machen müssen.

Herr Brozius, Sie führen ein Reisebüro für Tiere. Welches sind in erster Linie Ihre Kunden?

Marcel Brozius: Zu unserer Kundschaft gehören Tierbesitzer, die aus- und einwandern oder einen längeren Aufenthalt im Ausland oder in der Schweiz planen. Wir betreuen aber auch viele Umzugsunternehmen, Reisebüros, Zoos, Züchter und Partner im Ausland.

Was umfasst Ihr Service alles?
Unsere Dienstleistungen sind breit gefächert. Wir können von Abholungen über Einfuhrbewilligungen und erforderliche Tierarztbesuche bis zur Buchung des eigentlichen Flugs per Fracht alles organisieren. Zusätzlich verkaufen wir die passende Transportkiste, holen benötigte Beglaubigungen beim Veterinäramt ein oder beraten unsere Kunden, wenn sie ihre Vierbeiner selbst mit auf einen Flug in der Kabine oder als Übergepäck mitnehmen wollen.

«Wir sind regelmässig mit herausfordernden Transporten konfrontiert.»

Wie viele Tiere transportieren Sie jährlich von Ihren Standorten Zürich und Genf aus?

Es sind im Durchschnitt etwa 1000 Tiere pro Jahr. Die meisten davon reisen über Zürich oder Genf. Aber wir organisieren auch viele sogenannte «Crosstrades». Das sind Transporte, die nicht direkt mit der Schweiz zu tun haben, sondern von Drittland zu Drittland gehen. Solche Transporte organisieren wir meist für Expats, die durch ihren Arbeitgeber versetzt werden. Der ganze Prozess läuft dann in der Regel über Verträge mit Umzugsunternehmen und Partnern.

Wie hoch ist der durchschnittliche Dossier-Preis?

Ein Preis wird basierend auf vielen verschiedenen Faktoren berechnet. Je nachdem, wie gross ein Tier ist, welche Transportkiste es benötigt, in welches Land es reist, welche Fluggesellschaft verfügbar ist und welche Dienstleistungen beansprucht werden, können unsere Kosten ein paar hundert bis mehrere tausend Franken betragen.

Gibt es auch sehr aussergewöhnliche Transporte?

Wir durften schon viele verschiedene Exoten transportieren. Angefangen bei kleineren Exemplaren wie Geckos, Giftschlangen, Papageien oder Hamstern bis zu ganz grossen Tieren wie Löwen, Afrikanischen Wildhunden, Giraffen und sogar Flusspferden.

Welches waren bisher die ungewöhnlichsten Destinationen?

Manche Länder haben sehr strikte Einfuhrbestimmungen, was ein Transport zur Herausforderung machen kann, unter anderem Australien, Neuseeland und Neukaledonien. Gewisse Destinationen sind schwierig zu erreichen, weil es von den Fluggesellschaften her wenige Möglichkeiten gibt oder Embargos für gewisse Hunde- und Katzenrassen bestehen. Leider kommt es auch vor, dass Besitzer ihre Tiere nicht vorschriftsgemäss in die Schweiz einführen. Das heisst: Die Einfuhrbestimmungen werden ganz oder teilweise nicht erfüllt. Diese Tiere werden vom zuständigen Veterinäramt beschlagnahmt, und der Besitzer kann dann über uns die erforderliche Rückführung ins Ursprungsland organisieren. So mussten wir schon Rückführungen in Länder wie Serbien, Moldawien oder Mali planen.

Sind auch herausfordernde Transporte dabei?

Wir sind regelmässig mit herausfordernden Transporten konfrontiert. Gerade die brachyzephalen Rassen (Anmerkung der Redaktion: Brachyzephalie ist die Fachbezeichnung für «Kurzköpfigkeit» und beschreibt bei Hunden und Katzen das Phänomen der sehr kurzen Nasen) wie Bulldoggen, Mops, Perser oder British Shorthair sind heutzutage schwierig zu befördern. Einige Destinationen erreichen wir zudem nur, indem wir die Tiere zuerst in ein Drittland senden und danach mit einem lokalen Partner weiter transportieren lassen. Beispielsweise mussten wir die Englische Bulldogge namens Chewie zuerst von London nach Vancouver transportieren und danach mit einem speziellen Charterflug weiter nach Melbourne fliegen. Bei diesem Transport war es aber nicht nur die Rasse, die uns vor Herausforderungen stellte, sondern auch die dazumal noch herrschende Corona-Pandemie mit grossen Auswirkungen auf die Flugbranche. Alles mit dem zeitlichen Ablauf der Reise und den Anforderungen des Empfangslandes aufzugleisen, bleibt jedoch immer eine Herausforderung.

Ist auch schon einmal etwas richtig schief gegangen?

Bei uns steht das Wohl des Tieres an erster Stelle. Nach einer genauen und sorgfältigen Vorbereitung verlaufen die Transporte üblicherweise ohne Zwischenfälle. In ganz seltenen Fällen kann es vorkommen, dass ein Flugzeug ein technisches Problem hat oder spezielle Wetterbedingungen zu Verspätungen führen. Hier ist es dann wichtig, dass möglichst zeitnah eine alternative Reiseroute geplant oder der nächstmögliche Flug gebucht werden kann – und das Tier während der Wartezeit gut versorgt ist. In den 20 Jahren, in denen ich schon Tiere transportiere, ist bisher erst einmal ein Hund in das falsche Flugzeug verladen worden. Zum Glück geschah dies aber nur innerhalb Kanadas. Der Hund konnte so sehr schnell wieder zurückfliegen und dann mit dem nächstmöglichen Flug an die korrekte Destination reisen.

In den sozialen Medien kursieren immer wieder Berichte, über Vorfälle bei denen der Pilot vergisst, die Heizung oder die Lüftung einzustellen. Ist da was dran?

Wir können mit gutem Gewissen sagen, dass dies bei all unseren Transporten noch nie vorgekommen ist. Zudem arbeiten unsere bevorzugten Airlines nach einem strengen Sicherheitsprotokoll, was das Risiko eines solchen Vorfalls extrem klein werden lässt. Dass ein Tier während dem Flug oder gleich nach Ankunft ein gesundheitliches Problem hat, ist glücklicherweise auch nur sehr selten der Fall. Wir hatten einmal einen Hund, bei dem kurz nach dem Entladen des Flugzeugs klar war, dass es ihm gesundheitlich nicht gut geht. Der Verdacht fiel relativ schnell auf eine lebensgefährliche Magendrehung. Dank dem unkomplizierten Handeln des Handling Agents und Grenztierarztes und unserer schnellen Intervention in Zusammenarbeit mit dem Tierspital Zürich ist der Fall zum Glück glimpflich ausgegangen.

«Viele Reisebüros empfehlen unseren Service interessierten Tierbesitzern weiter.»

Welche Airline betrachten Sie als die beste für die Tiere?

Zum Wohle des Tieres versuchen wir wenn immer möglich einen Direktflug zu buchen. Da ist die Swiss als unser «Home Carrier» natürlich naheliegend. Sobald aufgrund der Destination ein Zwischenstopp nötig ist, wählen wir Airlines, die während des Transits die Tiere artgerecht versorgen können. So kooperieren wir für solche Transporte oft mit Lufthansa, KLM, British Airways, Emirates, Singapore Airlines, Qatar Airways oder Air Canada.

Wie ist Ihre Beziehung zu den klassischen Reisebüros?

Viele Reisebüros empfehlen unseren Service weiter, und wir werden dann von den Tierbesitzern direkt kontaktiert, da es für das Erstellen eines Angebots einiges an Informationen bedarf (Rasse, Alter, Gewicht, Grösse, Destination, Datum und so weiter). Diese Details liegen dem klassischen Reisebüro natürlich häufig nicht vor. Einige Reisebüros holen aber bei uns für Ihre Kundschaft auch direkt Angebote ein, sofern sie die dazu erforderlichen Informationen bereits erhalten haben. Da es aber bereits im Vorfeld einer Buchung häufig konkrete Fragen punkto Unterbringung, Fütterung oder Verhalten des Tieres während eines Flugtransports gibt, bevorzugen viele Besitzer einen direkten Austausch mit uns.

Wie sind die Zukunftsaussichten in Ihrem Geschäft?

Ein Haustier zu besitzen liegt im Trend und die fortlaufende Globalisierung trägt dazu bei, dass wir stetig neue Buchungen erhalten. Die immer strengeren Einfuhrbestimmungen der Länder und restriktiveren Vorschriften der Airlines tragen ausserdem weiter dazu bei, dass Moving Animals auch in Zukunft hoffentlich noch sehr viele Transporte durchführen wird.

(TN)