Tourismuswelt

Bundespräsident Ignazio Cassis verkündet, dass fast alle Massnahmen in Zusammenhang mit Covid-19 fallen. Bild: Screenshot Youtube / Der Schweizerische Bundesrat

Der Bundesrat hebt praktisch alle Covid-Massnahmen auf

Heute ist tatsächlich «Freedom Day»: Der Bundesrat hebt die meisten Corona-Restriktionen ab dem 17. Februar 2022 auf, die ausserordentliche Lage ist nach 23 Monaten beendet. Ein guter Tag für den Tourismus in der Schweiz.

Vor nicht ganz einem Monat fiel bereits die Testpflicht bei Rückreise in die Schweiz, welche mehrere Wochen lang der Reisebranche ein grosser Dorn im Auge gewesen war. Die Freude war gross, doch wurde die Testpflicht bislang für Ungeimpfte aufrecht erhalten. Ebenso galt bislang, und zwar für alle Einreisenden per Flug oder Fernbus, dass auch noch das Kontaktformular ausgefüllt werden musste. Ebenso galt in der Schweiz z.B. in Restaurants eine Zertifikatspflicht - ein Umstand, den das Gastgewerbe und die (Incoming-)Tourismuswirtschaft nicht gerne sahen. Eine Allianz aus Allianz aus Wirtschaft und Politikern aus dem bürgerlichen Lager hatte deshalb im Hinblick auf den heutigen 16. Februar - der Tag, an welchem der Bundesrat potenzielle weitere Lockerungen in Aussicht stellte - kurzerhand zum «Freedom Day» erklärt.

Auch wenn der Begriff problematisch ist, zumal lange nicht alle die volle Auflösung aller Massnahmen wollten: Ist heute ein «Freedom Day»? Ja! Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom heutigen 16. Februar 2022 entschieden, dass die Mehrheit der Covid-Bestimmungen aufgehoben wird. Damit sind 23 Monate «ausserordentliche Lage» praktisch beendet. Der Bundesrat hatte diese am 16. März 2020 verkündet. «Ein gewichtiger Schritt zurück zur Normalität», sagte Bundesrat Ignazio Cassis. Er appellierte die Bevölkerung auch daran, respektvoll miteinander umzugehen, zumal es Menschen gebe, die immer noch geschützt werden müssen. Risikopersonen sollten sich immer noch schützen.

Was passiert konkret? Ab Mitternacht fällt die Zertifikatspflicht generell, ebenso werden die Versammlungsbeschränkungen aufgehoben. Die Home- Office-Empfehlung wird ebenso abgeschafft wie die Maskenpflicht (mit Ausnahme von Innenräumen des ÖV sowie Gesundheitseinrichtungen). Die Einreise in die Schweiz unterliegt keinen besonderen (Corona-)Bestimmungen mehr. Es braucht auch keine Bewilligungspflicht für Grossveranstaltungen mehr. Beibehalten wird die fünftägige Isolation bei Personen, die positiv auf Covid-19 getestet werden. Die beibehaltenen Massnahmen gelten noch bis Ende März 2022; danach erfolgt - sofern sich die Situation nicht drastisch ändert - die Rückkehr in die normale Lage. Es steht den Kantonen frei, strengere Schutzmassnahmen anzuordnen oder aber bestimmte Einrichtungen von der Maskenpflicht auszunehmen. Auch einzelne Einrichtungen können vorsehen, dass Besucherinnen und Besucher eine Maske tragen müssen, beispielsweise eine Hausarztpraxis, ein Coiffeursalon oder ein Reisebüro.

Gesundheitsminister Alain Berset wollte noch keine Bilanz über die Pandemie ziehen, erklärte jedoch, dass er 85 Mal im Bundesrat mit Corona-Themen vorstellig werden musste. Berset erklärte auch, dass die schlimmste Phase der Pandemie überstanden sei. Die epidemiologische Lage entwickle sich weiter positiv; dank der hohen Immunität in der Bevölkerung sei eine Überlastung des Gesundheitssystems trotz der weiterhin hohen Viruszirkulation unwahrscheinlich. Damit sind für den Bundesrat die Voraussetzungen für eine rasche Normalisierung des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens gegeben. Die Frage ist nun, wie das alles in Unternehmen und im privaten Bereich umgesetzt wird. Klar ist zudem, dass die Zertifikats- oder Testpflicht für Reisen in andere Länder zumindest teilweise noch gilt.

EU-kompatible Covid-Zertifikate werden weiterhin ausgestellt

Mit der Aufhebung der Zertifikatspflicht werden auch keine Covid-Zertifikate mehr ausgestellt, die nur in der Schweiz gültig sind. Diese sogenannten Schweizer Covid-Zertifikate wurden seit Herbst 2021 eingeführt, um in den Schweiz den Zugang zu zertifikatspflichtigen Einrichtungen, Betrieben und Veranstaltungen für weitere Personengruppen zu ermöglichen.

Die Schweiz stellt aber weiterhin Covid-Zertifikate aus, die von der EU anerkannt sind. Es muss davon ausgegangen werden, dass andere Länder weiterhin ein Covid-Zertifikat für die Einreise sowie für den Zugang zu gewissen Bereichen im Inland verlangen werden. Die Kantone haben - wie von ihnen gewünscht - weiterhin die Möglichkeit, eine Zertifikatspflicht vorzuschreiben.

Anpassungen bei der Testung

Die generelle Empfehlung sowie die Finanzierung der repetitiven Testung in Betrieben wird aufgehoben. Die repetitive Testung wird einzig in gewissen, eng begrenzten Bereichen weiter finanziert, etwa in Gesundheitseinrichtungen und sozialmedizinischen Einrichtungen sowie vom Kanton definierten Unternehmen, die der Aufrechterhaltung der kritischen Infrastruktur dienen. Dadurch werden besonders gefährdete Personen geschützt. Ausserdem wird verhindert, dass grosse Teile des Personals aufgrund von Krankheit und Isolation ausfallen.

Für die Schulen wird die Empfehlung und Finanzierung der repetitiven Testung durch den Bund bis Ende März 2022 aufrechterhalten, da die Viruszirkulation in den jüngeren Altersgruppen weiterhin sehr hoch ist. Einzeltests werden weiterhin bezahlt: Antigentests in jedem Fall, und PCR-Tests für Personen mit Symptomen oder nach engem Kontakt mit positiv getesteten Personen.

Erwerbsausfall-Zahlungen werden für bestimmte Personengruppen weitergeführt

Mit der Aufhebung der Massnahmen entfällt auch die Notwendigkeit für die meisten wirtschaftliche Unterstützungsmassnahmen. So kann ab dem 17. Februar kein Anspruch auf Erwerbsausfall infolge Betriebsschliessung, Veranstaltungsverbot, eingeschränkter Erwerbstätigkeit oder ausgefallener Fremdbetreuung mehr geltend gemacht werden.

Ausgenommen davon sind bis am 30. Juni 2022 Personen, die im Veranstaltungsbereich tätig sind und deren Erwerbstätigkeit aufgrund von Massnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie massgeblich eingeschränkt ist. Bis Ende März sind zudem Personen ausgenommen, die ihre Tätigkeit aufgrund ihrer Schutzbedürftigkeit unterbrechen müssen. Insgesamt dürfte die rasche Aufhebung der Massnahmen zu Minderausgaben in Höhe von mehreren hundert Millionen Franken gegenüber den eingestellten Beträgen führen.

Einreisebestimmungen angepasst

Die grenzsanitarischen Massnahmen bei der Einreise in die Schweiz werden aufgehoben. Es muss kein Impf-, Genesungs- oder negativen Test-Nachweis und kein ausgefülltes Einreiseformular mehr vorgelegt werden.

Mehr Sicherheit im Luftverkehr

Der Bundesrat hat heute noch weitere, etwa für die Aviatik relevante Entscheide gefällt. So wurden die Teilrevision des Luftfahrtgesetzes sowie die damit verbundenen Verordnungsanpassungen verabschiedet. Die Revision verbessert die Aufsicht über die Gesundheit der Pilotinnen und Piloten und Fluglotsinnen und Fluglotsen und erlaubt unangekündigte Alkoholkontrollen beim Flugpersonal. Dies alles dient einer erhöhten Sicherheit im Luftverkehr. Im Funkverkehr wird zudem nebst dem Englischen wieder eine Landessprache eingeführt.

(JCR)