Tourismuswelt

Wann fallen die letzten Reiserestriktionen für vollständig geimpfte Reisende? In Europa steigt der Druck. Bild: AdobeStock

Sie wollen europaweit freie Fahrt für Geimpfte

Der Druck auf die Länder Europas, für Reisen im europäischen Binnenraum sich für vollständig geimpfte Menschen komplett und weitestgehend restriktionsfrei zu öffnen, wird immer grösser. Das Argument lautet, dass die Beschränkungen vor und nach der Reise keine Wirkung mehr haben. Grössere Verbände lobbyieren lautstark für eine Abschaffung aller Restriktionen für Geimpfte.

Die Unmut unter den Geimpften wächst. Geimpft, geboostert, allenfalls auch noch genesen: Der Stapel an Zertifikaten wächst, doch mancherorts reicht dies immer noch nicht aus für eine freie Ein- oder gar Ausreise. Solange darüber hinaus immer noch Testregimes gelten, bleibt wohl auch die Motivation für Impfungen bzw. Auffrisch-Impfungen niedrig. Gerade innerhalb Europas fordern deshalb immer mehr Entitäten nach einer einheitlichen Regelung, welche zumindest für vollständig Geimpfte freie Fahrt verlangen.

Rückenwind erhalten diese Bemühungen durch den Luftfahrt-Weltverband IATA, welcher gemeinsam mit ACI Europe (Airports Council International) die europäischen Regierungen genau zu einem solchen Schritt auffordert. Eigentlich sähe dies die neue Regelung für Reisen innerhalb der EU vor, welche am 1. Februar in Kraft trat. Nur gibt es in der Praxis noch alles andere als europaweite Einheit, wie Travelnews im Zusammenhang mit der Gültigkeitsdauer der Covid-Zertifikate schon festhielt.  

Unabhängige Untersuchungen in Finnland und Italien geben inzwischen neuen Aufschluss über die Entwicklung einer europaweiten Politik zur Aufhebung von Beschränkungen. Die Forschungsergebnisse bestätigen demnach, dass der Ansatz, den Gesundheitszustand der Reisenden und nicht die epidemiologische Situation im Herkunftsland als primäres Kriterium zu berücksichtigen. richtig ist. Im Umkehrschluss heisst dies, dass viele noch bestehende Reisebeschränkungen in europäischen Ländern nicht geeignet sind, um die Covid-Risiken für die öffentliche Gesundheit einzudämmen. Oder nochmals anders formuliert: Die massiven Grenzmassnahmen im Zusammenhang mit der Omikron-Variante haben die Ausbreitung des Virus nicht verlangsamt.

Die Einsicht hierzu hat bereits bei einigen Ländern zu einer Lockerung der Massnahmen geführt, etwa in der Schweiz. Auch Norwegen hat beispielsweise reagiert und die Testpflicht nach Ankunft im Land am Mittwoch (2. Februar) aufgehoben. Doch das Chaos ist auf EU-Ebene noch längst nicht vorbei.

Gleiche Regeln auch für Reisende aus Drittländern nach Europa?

Als der EU-Impfpass eingeführt wurde, auf dem Höhepunkt der Pandemie, war es damals klare Absicht der EU, dass damit für alle Mitgliedstaaten die gleichen Regeln zur Erleichterung des Reisens geschaffen werden sollten und weitergehende Reisebeschränkungen nicht erforderlich sein sollten. Doch das Chaos begann bereits, bevor das Zertifikatsystem implementiert war. Die einzelnen Länder erstellten schnell sehr unterschiedliche Regelungen und eigene Zertifikate und orientierten sich dabei stets an der Infektionssituation im eigenen Territorium. Diese Unterschiede wurden immer noch nicht ausgeräumt, sondern wegen Omikron gar nochmals akzentuiert.

Die IATA, gestützt auf die Untersuchungen aus Italien und Finnland, hält aber fest:

  • Die Anforderungen für Tests vor der Ausreise für geimpfte/genesene Reisende hatte keinerlei Auswirkungen auf die nachgelagerte Verbreitung der Omikron-Variante in Italien und Finnland.
  • Selbst die Einführung dieser Beschränkungen zu einem früheren Zeitpunkt - etwa an dem Tag, an dem die Omikron-Variante von der WHO als Gefahr identifiziert wurde - hätte die Ausbreitung des neuen Virusstrangs in Italien und Finnland weder gestoppt noch wesentlich eingeschränkt. Dies hängt mit der Tatsache zusammen, dass sich Varianten weit vor dem Zeitpunkt ihrer Identifizierung verbreiten, weshalb sowohl die WHO als auch das ECDC Reisebeschränkungen im Allgemeinen für unwirksam halten.

Die Folgerung: Die beiden Länder hätten die Beschränkungen viel früher aufheben können, bzw. diese gar nicht erst einzuführen gebraucht. Natürlich ist man im Nachhinein immer schlauer, könnte man jetzt sagen. Der springende Punkt ist jedoch der, dass man nun schon mehr weiss und am 1. Februar ein Europa eine neue Regelung in Kraft trat, welche von den Regierungen teils nicht beachtet wird. Die IATA fordert explizit die Regierungen Österreichs, Zyperns, der Tschechischen Republik, Litauens und Maltas auf, dieses Problem dringend anzugehen und unnötige und schädliche Beschränkungen aufzugeben.

Es gebe keine zwingenden Gründe mehr, warum geimpfte/genesene Reisende einer anderen Regelung unterworfen werden sollten, unabhängig davon, ob sie innerhalb der EU/des EWR reisen oder aus anderen Ländern kommen. Es sei nun also auch dringend erforderlich, dass der EU-Rat seine überholte Empfehlung für Reisen in die EU (aus Drittländern) an die neue Regelung für Reisen innerhalb der EU/des EWR anpasst. Mal schauen, wie schnell sich da etwas tut.

(JCR)