Tourismuswelt

Peter Frankhauser (ehem. CEO Thomas Cook) stellt sich den kritischen Fragen von Moderatorin Hannah Wise. Alle Bilder: WTFL

So sieht die Zukunft des Tourismus aus

Am 15. und 16. November fand das Innovation Festival des World Tourism Forum Luzern in Andermatt statt. Dabei haben namhafte Profis die Touristikindustrie kritisch hinterfragt - und neue Ansätze diskutiert. Hier kommen die wichtigsten Punkte.

Die Tourismusindustrie nimmt langsam wieder an Fahrt auf. Dennoch haben sich wichtige Persönlichkeiten aus der Branche am 15. und 16. November in Andermatt am «Moving Forward» Innovation Festival des World Tourism Forum Luzern getroffen und den Wirtschaftszweig kritisch hinterfragt - und neu gedacht. Im Zentrum standen fünf Fokusthemen. Wir präsentieren die wichtigsten Erkenntnisse:

Vergangenheit und Zukunft

Wollen die Destinationen wirklich zurück zum Massentourismus, überfüllten Stränden und Sehenswürdigkeiten? Oder wäre nicht jetzt der Zeitpunkt, den Tourismus neu zu denken und die Fehler der Vergangenheit zu korrigieren? Martin Barth, President & CEO World Tourism Forum Lucerne, findet: «Es ist an der Zeit nach vorne zu blicken und die Chancen in der Krise zu finden, denn wie wir den Herausforderungen von heute begegnen, entscheidet über den Erfolg von morgen.» Und Peter Fankhauser, Direktor PETRAF & Ex-CEO Thomas Cook, fügt an: «Um erfolgreich sein zu können brauchen Sie gute Leute, die perfekt zu Ihrer Kultur, Ihrem Wertesystem, Ihrem Team und zu Ihnen selbst passen. Unterschätzen Sie den emotionalen Faktor nicht und kümmern Sie sich um diese Beziehungen, denn daran halten Sie sich fest, wenn Sie abstürzen.»

Diversität und Inklusion

Neue kreative Ideen, das Einbringen und Vernetzen von Talenten sowie ein Wissenstransfer sind der Schlüssel um nach Vorne zu gelangen. Dies unabhängig von psychischen oder physischen Beeinträchtigungen, Geschlecht, Ethnizität oder Bildungsgrad. Deshalb ist es für den Erfolg wichtig, Stereotypisierungen abzubauen. Es brauche neue Partnerschaften, gemeinsame Initiativen und Aktionspläne. Ulrich Bensel, Chief Human Resources Officer Deutsche Hospitality, ist überzeugt: «In der Hospitality-Branche haben wir die Zusammensetzung unserer Belegschaft bis heute grossteils dem Zufall überlassen. Es muss das Ziel sein, dass wir uns der Diversity innerhalb der Unternehmen strukturierter annehmen und diese mit neuen Tools bewusst gestalten. Dies wird sich positiv auf die Performance auswirken.»

Nachhaltigkeit und Biodiversität

«Die atemberaubende Natur ist einer der Gründe, weshalb wir überhaupt reisen. Doch durch das Reisen zerstören wir sie. Deshalb müssen wir den Reisenden helfen, die Natur zu schützen und sie dazu motivieren ihre Verhaltensweisen nachhaltig zu ändern, während wir ihnen gleichzeitig weiter Reisen verkaufen», sagt Shannon Ghuian, Chief TreadRight & Sustainability Officer bei TTC. Damit die beworbenen Destinationen ihren Bildern in den Katalogen gerecht werden, muss der Landschaftsschutz vor der Gewinnoptimierung stehen. Um das Verhältnis zwischen People, Planet und Profit wieder in ein gesundes Gleichgewicht bringen zu können, braucht es klare Nachhaltigkeitsstrategien. Es gilt neben den finanziellen und sozialen Aspekt auch das «natural capital» mitzudenken. Neue Nachhaltigkeitsprojekte sind ein Lösungsansatz für dieses Problem.

Generation Gap und Brücken bauen

Die nächste Generation muss in die Planung und Gestaltung der Zukunft mit einbezogen werden. Denn nur so kann das bestehende Wissen mit jungem Denken kombiniert werden. Besonders die jungen Talente, Berufseinsteigenden und Start-Ups fordern diesen Platz immer mehr ein. Sie alle sind schnelldenkend, probierfreudig und halten Schritt mit der digitalisierten Welt. Sie sind agil, passen sich den veränderten Bedürfnissen in der modernen Welt an und sind die führenden Persönlichkeiten von morgen. Anne Lotter, Direktorin Global Travel & Tourism Partnership (GTTP): «Die Zusammenarbeit mit dem World Tourism Forum Lucerne wird von der Global Travel & Tourism Partnership (GTTP) sehr begrüsst. Wir werden auf organisatorischer Ebene von den Stakeholdern des WTFL profitieren, einschliesslich der Kontakte zur Industrie, zum Bildungswesen und zu den Regierungen. Für unsere jüngere Generation von Reise- und Tourismusstudierenden ist das Innovation Festival äusserst inspirierend. Sie erhalten die Gelegenheit, die nächsten Schritte in ihrer Karriere zu erkennen und von Spitzenfachleuten unterrichtet zu werden.»

Es sei wichtig, die jungen Menschen zu fördern und gemeinsam mit ihnen den Tourismus der Zukunft zu stärken und fit zu machen. Um die Talentförderung weiter auszubauen, hat das WTFL drei neue Universitäten in ihr Partnerschaftsnetzwerk aufgenommen und ist mit GTTP eine strategische Kooperation eingegangen, die sich für die Förderung von Berufseinsteigenden in der Tourismusbranche in über 16 Ländern stark macht und dafür sorgt, dass die Branche für die nächste Generation an Attraktivität gewinnt.

Innovation & von anderen Branchen lernen

Die Tourismusbranche wird oft isoliert betrachtet, dabei ist er Teil eines wirtschaftlichen, sozialen und politischen Systems. Deshalb muss sich die Tourismusbranche breit vernetzen, über den Tellerrand hinausschauen und sich digitale Technologien wie Künstliche Intelligenz zunutze machen, um beispielsweise personalisierte Reiseerlebnisse in Echtzeit zu ermöglichen. «Mehr und mehr Unternehmen dringen in andere Branchen vor, um End-to-End-Lösungen anzubieten. Infolgedessen verschwimmen die Grenzen zwischen den Branchen, und die heutigen Technologien sind der Hauptantrieb und die Voraussetzung dafür», sagt Koen Deryckere, Lead Industry Networks and Programs bei Accenture.

Die kreativen und innovativen Geschäftsmodelle sind bereits vorhanden, wie das kontinuierliche Start-Up-Screening des World Tourism Forum Lucerne zeigt. Um diese weiter zu fördern, bringt das Forum mit seinen Start-Up Innovation Camps und sehr erfolgreich Branchenexpertinnen und -experten, Investoren sowie Investorinnennen und junge Talente zusammen. Denn nur gemeinsam wird es gelingen, den Kurs zu korrigieren, die Branche zukunftsorientiert aufzustellen und gleichzeitig eine Vorreiterrolle in Sachen Innovation einzunehmen.

(NWI)