Tourismuswelt

Innenminister Alain Berset informierte über die Entscheidungen des Bundesrats und hielt fest, dass die Impfung weiterhin als bester Weg aus der Krise angesehen wird. Bild: Screenshot Youtube/@SchweizerBundesrat

Testpflicht für Ungeimpfte bei Einreise in die Schweiz

Die Tourismusbranche erwartete gespannt das Resultat der heutigen Bundesratssitzung hinsichtlich neuer Einreisebestimmungen im Hinblick auf die Herbstferien. Soviel vorweg: Es kommt nicht zu einer Rückkehr der Quarantänepflicht. Darüber hinaus hat der Bundesrat Weichen in Sachen Klimapolitik und «Rückkehr zur Normalität» gestellt, welche bei der Reisebranche kaum Sorgenfalten auslösen dürften.

Mit Bange erwartete die Schweizer Tourismusbranche das Resultat der heutigen Bundesratssitzung. Dabei ging es um die Frage, wie die Einreisebestimmungen neu definiert werden. Dies wollte der Bundesrat gerade im Hinblick auf die bald beginnenden Herbstferien klären. Zwei Varianten (Testpflicht/Quarantäne) standen zur Debatte.

Aber auch die Incomingbranche schaute zu: Es ging auch um die Frage, ob die Akzeptanz von Zertifikaten von ausserhalb der EU ausgeweitet wird, für welche es bislang kein Abkommen gab. Sprich, eine mit dem russischen Impfstoff Sputnik geimpfte Person kommt in der Schweiz bislang nicht in den Genuss der Pflichtbefreiungen, welche üblicherweise Geimpften zuteil werden. Dieses Problem musste, eine Woche nach Einführung der Zertifikatspflicht in der Schweiz, auch angesprochen werden.

Nun denn, der Bundesrat hat entschieden. Wie Innenminister Alain Berset soeben im Rahmen einer Pressekonferenz mitteilte, wird eine Testpflicht eingeführt: Alle Personen, die nicht geimpft oder genesen sind, müssen bei der Einreise einen negativen Test (Antigen oder PCR) vorweisen, unabhängig davon, woher sie kommen und mit welchem Verkehrsmittel sie einreisen. Nach vier bis sieben Tagen in der Schweiz wird ein weiterer, in der Schweiz durchgeführter Test verlangt. Dieser Test ist kostenpflichtig. Das Resultat des zweiten Tests muss der zuständigen kantonalen Stelle übermittelt werden. Für geimpfte und genesene Personen mit einem Covid-Zertifikat oder einem anderen gültigen Nachweis einer Impfung oder Genesung gilt keine Testpflicht. Dass für die Kosten der Tests ab 1. Oktober selber aufgekommen werden muss, begründet der Bundesrat damit, dass genügend Zeit für die Impfung vorhanden war und man für seinen «Beitrag an die Gesellschaft» (im gesundheitlichen Sinn) nun selber aufkommen solle.

Der Bundesrat reagiere damit auf Erfahrungen nach den Sommerferien. Die Daten der kantonalen Contact-Tracing-Stellen zeigten, dass auch Reiserückkehrende zur besorgniserregenden Situation in der Schweiz beitrugen. Die neuen Regeln tragen der Tatsache Rechnung, dass mit der hochansteckenden Delta-Variante die Zahlen regional sehr rasch steigen können. Deshalb sei für grenzsanitarische Massnahmen eine periodisch aktualisierte Liste mit Risikoländern nicht mehr sinnvoll. Den Schweizer Reise-Verband (SRV) freut's. In einem Communiqué schreibt dieser: «Wir freuen uns, dass sich der Bundesrat heute für die von uns beantragte Variante 1 entschieden hat und auch den Forderungen nachgekommen ist, nebst den teureren PCR-Tests auch die günstigeren Antigen-Schnelltests für die Rückreise in die Schweiz zuzulassen.»

Wichtig: Alle Einreisenden – geimpfte, genesene und negativ getestete Personen – müssen zudem das Einreiseformular (Passenger Locator Form, SwissPLF) ausfüllen. Damit sind die Kantone in der Lage Stichproben durchzuführen, ob Personen, die nicht geimpft oder genesen und mit einem Test eingereist sind, nach vier bis sieben Tagen einen zweiten Test durchgeführt haben.

Von der Test- und Formularpflicht ausgenommen sind Personen, die ohne Zwischenhalt durch die Schweiz reisen, wer beruflich Güter oder Personen befördert sowie Grenzgängerinnen und Grenzgänger und Personen, die aus Grenzgebieten einreisen. Damit trägt der Bundesrat auch dem engen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Austausch in den Grenzgebieten Rechnung. Von der Testpflicht ausgenommen sind zudem Kinder unter 16 Jahren.

Risikobasierte, aber nicht flächendeckende Kontrollen

Täglich passieren über 2 Millionen Menschen und 1 Millionen Fahrzeuge die Schweizer Grenzen. Risikobasierte Kontrollen sollen dazu führen, dass die neuen Regeln eingehalten werden. Personen, die bei der Einreise keinen Test vorweisen können, müssen diesen sofort nach der Einreise in die Schweiz nachholen. Die Kantone sind angehalten Stichproben durchzuführen, ob nicht-genesene und nicht-geimpfte Personen den zweiten Test auch wirklich gemacht haben. Bei Verstössen gegen diese Regeln können Ordnungsbussen (200 Franken für fehlende Testnachweise und 100 Franken für nicht ausgefüllte Formulare) verhängt werden. «Flächendeckende Tests können aber nicht durchgeführt werden», hielt Berset fest.

Die Fluggesellschaften und Busunternehmen im Fernverkehr müssen überprüfen, ob einreisende Personen über ein PLF sowie ein Covid-Zertifikat oder einen Testnachweis verfügen. Die Eidgenössische Zollverwaltung (EZV) und die örtlich zuständigen Polizeieinheiten führen in allen grenzüberschreitenden Verkehrsarten risikobasierte Kontrollen durch. In einigen Wochen wird der Bundesrat die Erfahrungen mit der Umsetzung der neuen Einreiseregeln auswerten und wenn nötig Anpassungen vornehmen.

Die bestehenden Einreisebestimmungen bleiben ansonsten unverändert. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) führt weiterhin eine Risikoliste. Diese Liste regelt, wer in die Schweiz einreisen darf. Alle Staaten ausserhalb des Schengen-Raums, die nicht auf dieser Liste geführt sind, gelten weiterhin als Risikoländer, aus denen für die Einreise in die Schweiz für ungeimpfte Drittstaatsangehörige Beschränkungen gelten. Die Schweiz lehnt sich beim Erlass ihrer Einreisebestimmungen als Schengen-assoziierter Staat möglichst an die Entscheide der Europäischen Union an. Mittels des Online-Tools «Travelcheck» kann nachgeschaut werden, welche Personen aus welchen Ländern unter welchen Bedingungen in die Schweiz einreisen können.

Ab dem 20. September können zudem alle Personen, die mit einem von der European Medicines Agency (EMA) zugelassenen Impfstoff im Ausland geimpft sind und die in der Schweiz Wohnsitz haben oder in die Schweiz einreisen, ein Schweizer Covid-Zertifikat erlangen. Damit wird die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben auch für Personen sichergestellt, die im Ausland geimpft wurden oder im Ausland genesen sind, etwa für Touristinnen und Touristen. Derzeit sind nur die Zertifikate der am «EU Digital Covid Certificate» angeschlossenen Länder mit dem Schweizer System kompatibel.

Die Unterlagen können elektronisch eingereicht werden. Jeder Kanton muss eine Kontaktstelle definieren, an die sich im Ausland geimpfte Personen wenden können. Sämtliche kantonalen Kontaktstellen werden auf einer Webseite des Bundes aufgeführt. Eine Arbeitsgruppe des Bundes (EDI, EDA, EFD) wird zusammen mit den Kantonen und weiteren Stellen (Datenschutz) die Umsetzung begleiten. Ziel ist eine möglichst effiziente, schlanke und kundenorientierte Lösung. In einer Übergangsphase bis am 10. Oktober 2021 sind für den Zugang zu zertifikatspflichten Einrichtungen oder Veranstaltungen alle ausländischen Impfnachweise gültig (zum Beispiel Impfausweis der WHO).

Wie im angrenzenden Ausland soll der Zugang zum Zertifikat nicht auf sämtliche WHO-Impfstoffe ausgedehnt werden. Ausgenommen sind rückkehrende Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer, in der Schweiz berufstätige EU-Drittstaatsangehörige, Mitarbeitende von internationalen Organisationen und akkreditiertes diplomatisches Personal sowie Studentinnen und Studenten.

Weitere wesentliche Entscheidungen getroffen

Der Bundesrat hat heute aber noch mehr präsentiert, was von Interesse für die Tourismuswirtschaft ist.

Klimapolitik

Nach dem Nein bei der Abstimmung zum revidierten CO2-Gesetz hat der Bundesrat dem UVEK nun den Auftrag gegeben, bis Ende Jahr eine Vernehmlassungsvorlage zu erarbeiten, die dem Abstimmungsergebnis Rechnung trägt und geeignet ist, eine möglichst breite Basis für die künftige Klimapolitik zu schaffen. Im Vordergrund sollen Massnahmen stehen, die es der Bevölkerung ermöglichen, den CO2-Ausstoss im Alltag zu reduzieren, und welche die laufenden Bemühungen der verschiedenen Branchen unterstützen. An den klimapolitischen Zielen soll nicht gerüttelt werden: Bis 2030 soll der CO2-Ausstoss gegenüber 1990 halbiert werden.

Die künftige Klimapolitik soll insgesamt auf einem Mix von Instrumenten basieren: Die Lenkungswirkung der CO2-Abgabe soll mit wirkungsvollen Anreizen und einer gezielten Förderung ergänzt werden. Die Vorlage soll auch ohne neue Abgaben auskommen. Im Flugsektor soll in Anlehnung an die Entwicklungen in der EU eine Beimischquote für nachhaltige Treibstoffe eingeführt werden. Zusätzlich wird geprüft, ob die Einführung eines Mindestanteils an nachhaltigen Treibstoffen mit einer finanziellen Unterstützung oder mit finanziellen Anreizen für die Luftfahrtunternehmen zu begleiten ist.

Das genaue Verhältnis zwischen Inland- und Auslandkompensationen wird noch festzulegen sein. Die Schweiz hat mit dem Abschluss verschiedener bilateraler Abkommen die Voraussetzungen für Kompensationsprojekte im Ausland geschaffen.

Bundeshilfe für betroffene Personen/Unternehmen

Es hat sich gezeigt, dass die Kantone die wirtschaftspolitische Transitionsstrategie des Bundesrates, welche den Weg zurück in die Normalität ebnet, mittragen. Demnach ist die grosse Mehrheit der Kantone der Auffassung, dass das ordentliche wirtschaftspolitische Instrumentarium genügt und die Sonderhilfen nicht verlängert werden sollten. Um den Unsicherheiten und Problemen einzelner Branchen gerecht zu werden, die einige Kantone geltend machen, will der Bundesrat die Entwicklung der Wirtschaftslage weiterhin eng beobachten und bei Bedarf zu einem späteren Zeitpunkt Massnahmen vorschlagen. Ab 2022 sollen im Sinne der am 18. Juni 2021 verabschiedeten Transitionsstrategie also wieder die ordentlichen und bewährten Instrumente zum Zuge kommen.

Namentlich können KMU im Rahmen des vom Bund anerkannten Bürgschaftswesens verbürgte Kredite erhalten. Für die (Incoming-)Tourismusbranche hat der Bund ein «Recoveryprogramm» beschlossen. Daneben stehen die weiteren ordentlichen Instrumente der Standortförderung zur Verfügung, etwa die Exportförderung oder die Regionalpolitik. Hinzu kommt bis Ende April 2022 der Schutzschirm für die Veranstaltungsbranche. Zudem kann auch die reguläre Kurzarbeitsentschädigung unabhängig von den ausserordentlichen Bestimmungen des Covid-19-Gesetzes in Krisensituationen weiterhin genutzt werden. Zur administrativen Erleichterung soll im Bereich der Kurzarbeit das vereinfachte Verfahren auf Verordnungsstufe bis Ende 2021 verlängert werden.

Zur Unterstützung von besonders betroffenen Branchen hat der Bundesrat im Rahmen der Härtefallverordnung den Kantonen 300 Millionen aus der Bundesratsreserve zur Verfügung gestellt. Fast alle Kantone verwenden oder prüfen die Verwendung dieser Zusatzmittel, um die Härtefallbeiträge für besonders betroffene Unternehmen zu erhöhen oder kantonale Vorleistungen an Unternehmen zu finanzieren. Die Mehrheit kommt zum Schluss, dass die 300 Millionen vorerst ausreichen. Der Bund wird die Situation aber gemeinsam mit den Kantonen weiter beobachten und bei zusätzlichem Bedarf für 2021 mehr Mittel aus der Bundesratsreserve zur Verfügung stellen.

(JCR)