Tourismuswelt
Das Covid-Zertifikat ist noch nicht der «Freipass für Europa»
Am heutigen 1. Juli ist das Covid-Zertifikat der EU offiziell an den Start gegangen; alle 27 EU-Länder sind an die dafür notwendige gemeinsame Technik angeschlossen. Dieses Zertifikat soll die freie Personenbewegung innerhalb des EU-Raumes im Rahmen der anhaltenden Pandemie ermöglichen. Kurz: Damit fallen Quarantänemassnahmen oder Testpflichten vor oder nach der Reise grundsätzlich weg. Verfügbar ist es in Papierform oder auf dem Smartphone und beinhaltet einen QR-Code, auf welchem nachgewiesen ist, dass der Inhaber eines der folgenden Kriterien erfüllt:
- gegen Covid-19 vollständig geimpft
- von einer Covid-Erkrankung genesen
- kürzlich einen negativen Covid-Testbefund erhalten
Die Zertifikate sind sowohl auf Englisch als auch in der jeweiligen Landessprache ausgestellt und kostenlos. Sie sind nicht obligatorisch für das Reisen, aber erleichtern dieses.
Klingt also eigentlich genau analog unserem in der Schweiz bereits verfügbaren Covid-Zertifikat. Und es ist auch festgehalten, dass die EFTA-Länder (Schweiz, Norwegen, Island etc.) am EU-Zertifikat teilnehmen werden. Heisst das nun, dass die Einreisebestimmungen bei Vorlage eines Covid-Zertifikats im ganzen EU-/EFTA-/Schengenraum dieselben sind? Nein, das wäre natürlich viel zu einfach.
Es ist den einzelnen EU-/EFTA-Mitgliedsländern weiterhin erlaubt, ihre Einreisebestimmungen selber zu definieren. Will heissen: Im Covid-Zertifikat lassen sich Details zum Inhaber hinsichtlich Testing/Impfung ablesen; ob diese jedoch auch für die Einreise genügen, steht auf einem anderen Blatt. Es beginnt schon damit, dass gewisse Länder die Einreise nur bei vollständiger Impfung erlauben, andere bereits nach dem ersten Piks, oder auch die Zeit, welche ab dem negativen Testergebnis maximal verstreichen darf, variiert zwischen 48, 72 oder 96 Stunden.
Kurz: Man kommt auch als Inhaber des Covid-Zertifikats nicht drum herum, die jeweiligen Einreisebestimmungen eines Landes genau zu prüfen.
Was ist mit der Schweiz?
Erschwerend kommt hinzu, dass es den Anschein machte bzw. ein Ziel war, dass das Schweizer Covid-Zertifikat bis zum heutigen Tag von der EU auch anerkannt ist. Es hat nicht ganz gereicht. Prinzipiell ist das Schweizer Zertifikat mit dem der EU jedoch kompatibel. Wie Bundesrat Alain Berset gestern auf der Medienkonferenz des Bundesrats sagte, ist eine Anerkennung durch die EU auch gewährleistet. Der Prozess dafür sei bereits eingeleitet. Mike Schüpbach (Bundesamt für Gesundheit) ergänzte, dass der formelle Entscheid der EU noch einige Tage dauern könnte, womöglich aber auch Wochen. Bis dahin ist also das Schweizer Covid-Zertifikat ohnehin nicht der goldene Schlüssel für freies Reisen innerhalb Europas. Das ist gerade für jene Kantone, deren Sommerferien schon dieses Wochenende beginnen, doch ärgerlich.
Immerhin: Wird das Schweizer Covid-Zertifikat von der EU anerkannt, wird es in allen EU-Ländern gültig sein. Jedoch können je nach Infektionslage in einem Land auch wieder Beschränkungen - auch für vollständig Geimpfte - eingeführt werden. Deshalb gilt einmal mehr: Informieren Sie sich kurzfristig vorher über die Corona-Lage und die entsprechenden Regelungen im jeweiligen Land.
Einführung eines datenminimierten «Zertifikats Light»
Anlässlich seiner Sitzung vom 30. Juni 2021 hat der Bundesrat übrigens auch die Verordnung über die Covid-Zertifikate angepasst. Grund für die Verordnungsänderung ist das datenminimierte «Zertifikat Light». Mit diesem haben Inhaberinnen und Inhaber von Covid-Zertifikaten ab dem 12. Juli 2021 die Möglichkeit, eine Zertifikatskopie ohne Gesundheitsdaten zu generieren. Das Zertifikat ist lediglich elektronisch verfügbar und wird nur in der Schweiz anerkannt.
Die datenminimierte Alternative zum Covid-19-Zertifikat wurde auf Wunsch des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) entwickelt, da Dritte mit selbst entwickelten Apps bei der Prüfung von Covid-Zertifikaten Gesundheitsdaten wie beispielsweise Impfstoff oder Datum der Impfung einsehen könnten. Mittels dem «Zertifikat Light» wird dies verhindert.
Die vorliegende Änderung betrifft weitere Bestimmungen der Verordnung, beispielsweise die Kostenübernahme für Druck und Versand der Impfzertifikate. Bis zum 14. Juli 2021 übernimmt der Bund diese Kosten von vollständig geimpften Personen. Ab diesem Zeitpunkt können die Kantone das Zertifikat gleich bei der Impfung übergeben.