Tourismuswelt

Die Land in Sicht führte vom 22.-25. April die Schweizer Reisebranche mit Endkunden zusammen. Bild: Screenshot TN

Die «Land in Sicht» in Worten und Zahlen

Die erste komplett virtuelle Ferienmesse der Schweiz liegt bereits ein paar Wochen zurück. Nun liegt die Auswertung der Messe vor - und bietet spannende Einsichten.

Vom 22.-25. April 2021 führte die «Land in Sicht» als erste vollständig virtuelle Ferienmesse der Schweiz hiesige Reiseveranstalter mit Endkunden zusammen (Travelnews war Medienpartner und berichtete extensiv, siehe hier). Zwei Monate nach deren Ende liegt nun auch die statistische Auswertung der Messe vor, welche Aufschluss darüber gibt, wie die Messe ankam und was Aussteller und Besucher gut oder auch weniger gut fanden.

Das Wichtigste zuerst: Es konnten total 12'417 Besuche («visits») von 4849 Besuchern («unique visitors») erzielt werden; die durchschnittliche Verweildauer betrug 48 Minuten, was für einen virtuellen Event ein guter Wert ist. Bei 6500 registrierten Besuchern entspricht die Anzahl Besucher einer No-show Rate von 25,5 Prozent - «für virtuelle Events ein sehr tiefer Wert», wie Messe-Initiant Cäsar Bolliger von der Firma Digitalnormal GmbH festhält. Dazu wurden 8250 Vortrags-Besuche verzeichnet.

Altersmässig gibt es doch eine Überraschung: Auf dieser modernen Plattform waren 55 Prozent der Besucher über 50 Jahre alt. Das mag mit den Kundenzielgruppen der Aussteller zusammenhängen bzw. dass die Werbung dort mehr Wirkung zeigte. Bolliger vermutet auch, dass die Namensgebung «Ferienmesse» mehrheitlich ein klassisches Ferienmesse-Publikum ansprach, also die «Digital Natives» unzureichend erreicht wurden, was die unerwartet tiefe Interaktions-Bereitschaft erklären würde. Hier und bei den doch leicht unter den Erwartungen gebliebenen Besucherzahlen ortet Bolliger das grösste Problem, was auch diverse Feedbacks unterstreichen. Doch Bolliger hält auch fest: «Die virtuelle Ferienmesse vermochte in einer für den Tourismus schwierigen Phase einen positiven Impuls zu setzen und
ist unter diesem Gesichtspunkt als gelungenes und erfolgreiches Projekt zu bewerten. Dank der «Land in Sicht» war die Branche im Gespräch und immer wieder wurde die Botschaft transportiert, dass Reisen möglich sind und wie wichtig es ist, insbesondere jetzt seine Reise mit einem kompetenten und verlässlichen Reisebüro-Partner zu planen.»

Auch diesem Punkt stimmen zahlreiche Feedbacks zu. Man darf nicht vergessen, dass die Land in Sicht zustande kam, weil es 2021 praktisch keine Ferienmessen gab und die Branche kaum Mittel hatte, auf sich aufmerksam zu machen - zumindest nicht als Ganzes. Dazu kam, dass man sich einmal mit diesem für viele noch unbekannten Format auseinandersetzen wollte. Für alle Teilnehmer ein wichtiges, aufschlussreiches Learning.

Meinungen von Ausstellern und Besuchern

Natürlich wurden die Aussteller auch befragt, ob sie wieder mitmachen würden. Die Antwortzahl war leider sehr niedrig; von den Antwortenden erachteten es aber nur etwa die Hälfte als sehr wahrscheinlich, bei einer Fortsetzung in ähnlicher Form wieder teilzunehmen. Auch da war das prioritäre Argument die niedrige Besucherzahl und die zurückhaltende Interaktionsbereitschaft. Letzteres hat sicher mit der «technologischen Distanz» und der mangelnden Erfahrung beim Gebrauch solcher Plattformen (auf Besucherseite) zu tun. Auch der späte Zeitpunkt stiess auf Kritik, wobei man fairerweise anfügen muss, dass die Land in Sicht früher geplant war, jedoch zum Jahresbeginn die Einreisebeschränkungen dermassen gravierend waren, dass eine solche Reisemesse kaum Sinn gemacht hätte. Ein vielleicht valider Punkt: Die meisten Aussteller meinten, zwei Messetage hätten gereicht. Das Problem mit dem bei fortschreitenden Dauern sinkenden Spannungsbogen kennt allerdings jede Messe.

Für eine erneute Teilnahme sprechen prioritär die vielen guten und auch recht gut besuchten Vorträge. Auch die Organisatoren erhalten grossmehrheitlich gute Noten. Ebenso konnten doch einige Aussteller auch konkrete Offert-Anfragen von Besuchern verzeichnen. Bolliger stellt da eine Korrelation mit dem Engagement der jeweiligen Aussteller vor, während und nach der Messe fest: «Die Kommunikation im Vorfeld über eigene Kanäle wie Social Media und und E-Mail-Marketing war hierbei entscheidend.» Einer, der augenscheinlich aktiv war wie beschrieben, war beispielsweise Dreamtime Travel - und doch kamen denn auch einige Anfragen herein.

Die Besucherumfrage führte derweil zu 558 Antworten; der Tenor war mehrheitlich positiv und 60 Prozent der Besucher würden die Messe auch weiterempfehlen. Am ehesten Probleme gab die Handhabung der Technik, also das ungewohnte Herumlaufen als Avatar und die direkte, jedoch nicht live stattfindende Kommunikationsart. Bolliger's Bilanz: «Die Besucher schätzten die grosse Auswahl an Vorträgen und empfanden die Ferienmesse als wahre Inspiration, auch wenn nicht allzu oft direkt Anfragen oder Buchungen erfolgten. Klar ist aber: Die Benutzerfreundlichkeit vor und während der Messe hat auf jeden Fall noch erhebliches Verbesserungspotential.»

Wie weiter?

Bolliger hat nun Zeit zu evaluieren, wie es mit seiner Messe weitergeht. Er lässt durchblicken, dass bereits ein Projekt in Entstehung ist, ohne sich noch näher in die Karten schauen zu lassen. Die Learnings von der ersten Land in Sicht wird man beherzigen, allerdings ändert sich nun auch wieder die touristische Grosswetterlage, mit den zunehmenden Einreiselockerungen. Ob es wieder zu einer rein virtuellen Messe in dieser Form kommt, ist unklar - vielleicht gibt es eine Konzentration auf die Vortragsformate, welche zweifelsfrei das Highlight der Land in Sicht waren (und die Vorträge kann man nun auch vielerorts weiterhin schauen, diese haben also nachhaltigen Effekt), oder etwas völlig Neues. Generell für Messen gesprochen ist ja klar, dass die Zukunft in Hybridformaten liegt, wo also sicherlich viel mehr digitale Inhalte als bisher einfliessen, jedoch das wichtige Live-Element nicht fehlen darf. Man darf gespannt sein, wo und wie sich da Bolliger mit seinem «Baby» positionieren wird.

(JCR)