Tourismuswelt

Immer mehr Schweizer wollen wieder in die weite Welt hinaus. Bild: Mantas Hesthaven

Die Zurückhaltung beim Verreisen nimmt ab

Eine Langzeitstudie der Hochschule Luzern belegt, wie der Reisewille der Schweizer langsam wieder zunimmt. Und Tripadvisor belegt in einer separaten Studie einmal mehr, dass die Covid-Impfung ein klarer Reise-Nachfragetreiber ist. So kann es wieder vorwärtsgehen.

Die Hochschule Luzern hat eine Langzeit-Studie vorgelegt, welche der Frage gewidmet war, wie sich das Konsumverhalten der Schweizer Bevölkerung aufgrund von Corona verändert hat. Basis dafür sind vier Messungen (Befragungen bei jeweils über 1000 Personen), deren drei bereits vollzogen sind und damit Vergleichsresultate bieten. Spannend ist dort aus Sicht der Reisebranche natürlich vor allem der Teil, der sich ums Reisen dreht. Und dieser hat ein klares Fazit: Die Schweizer Bevölkerung will wieder vermehrt verreisen.

Nur 30 Prozent der befragten Personen haben in den nächsten zwölf Monaten gar keine Ferien geplant. Im letzten November waren es noch 47 Prozent. Heute planen rund die Hälfte (54 Prozent) aller Befragten in den nächsten zwölf Monaten Ferien in der Schweiz, etwas mehr als ein Drittel hat vor, ins europäische Ausland zu verreisen. Nach Übersee zieht es derweil nach wie vor wenige – nur gerade zehn Prozent der Bevölkerung hat vor, in den nächsten zwölf Monaten Ferien ausserhalb Europas zu verbringen.

«Das liegt in erster Linie daran, dass bei Überseereisen nach wie vor viele Restriktionen und Unsicherheiten bestehen», sagt Dominik Georgi. Die Reiselust in der Bevölkerung scheint sich per se durch Corona nicht verringert zu haben. Ausschlaggebend für die Reisepläne sind laut der Einschätzung von Georgi in erster Linie die pandemiebedingten Einschränkungen. Die Grafik zeigt auch schön, wie im Herbst/Winter die Reiselust auf einem historischen Tief war, nun aber wieder deutlich anzieht.

(c) Hochschule Luzern

Habe den Piks = Will Reisen

Die zunehmende Reisewilligkeit der Schweizer mag auch mit der fortschreitenden Impfung zusammenhängen. Diese Kausalität etabliert die Studie der Hochschule Luzern nicht. Sie liegt aber auf der Hand. Immerhin weiss der Autor von seiner beim Ärztefon arbeitenden Partnerin, dass inzwischen die meisten telefonischen Anfragen sich nicht mehr allein um das Thema Impfung per se drehen, sondern um die damit zusammenhängenden Vorteile beim Reisen. In der Schweiz ist die Impfung offenbar auch ein Nachfragetreiber.

Travelnews hat bereits vor einem Monat getitel «Je Impfung desto Buchung». Damals fussten wir diese Aussage auf eine Studie von ForwardKeys. Inzwischen liegt eine weitere Studie vor, welche dieses «offene Geheimnis» einmal mehr unterstreicht. Dieses Mal stammt die Studie vom Reiseunternehmen Tripadvisor.

Die Studie nennt sich sinnigerweise «A Shot in The Arm for Travel? Examining the Vaccine's Impact on Leisure Travel Demand». Untersucht wurde, welche Reisearten und -ziele in sechs grossen internationalen Märkten online gesucht werden und welche Motivationen dabei zugrunde liegen. Im Report geht daraus eine klar unterschiedliche Haltung zwischen geimpften und ungeimpften Reisenden hervor. Oder anders formuliert: Wo die Impfung bereits weit fortgeschritten ist, hat sich die Nachfrage im Leisure-Tourismus kontinuierlich erholt, während sie in Ländern mit tiefer Durchimpfung weiterhin darbt. Inzwischen lässt sich auch demografisch festhalten, dass nicht mehr primär wohlsituierte Paare die grösste Nachfrage für internationale Reisen ausmachen, sondern wieder das ganze Spektrum der Kundensegmente bucht.

Praktisch parallel zur zunehmenden Impfquote der Bevölkerung sowie damit zusammenhängenden Lockerungen in vielen Ländern haben die Suchen nach Hotels, Flügen und Aktivitäten zugenommen. Das ist in den meisten europäischen Ländern wie auch in den USA feststellbar, derweil beispielsweise in Australien und in diversen asiatischen Ländern noch nicht viel los ist. Laut Tripadvisor haben 32 Prozent der geimpften Reisenden bereits Inland-Ferien gebucht; von diesen haben 80 Prozent geantwortet, dass die Impfung ein wesentlicher Faktor für die Reise-Entscheidung war. Inzwischen lässt sich auch feststellen, dass Auslandreisen wieder stärker nachgefragt sind: Während im Mai noch vorwiegend Hotels im eigenen Land gesucht wurden, nimmt dieser Anteil über die Folgemonate merklich ab, zugunsten von Suchen nach Hotels im Ausland. Und wir sprechen nicht nur von Reisen: Die Suche auch für Aktivitäten oder läppische Restaurantbesuche nimmt ebenfalls zu.

Ebenfalls spannend: Geimpfte Reisende planen häufigere und längere Reisen. 22 Prozent haben erklärt, nach der Pandemie länger reisen zu wollen - also sechs Tage oder mehr. Und 35 Prozent der Geimpften wollen auch mehr für ihre nächste Reise ausgeben, als sie dies vor der Pandemie getan hätten. Ob das ein Einmaleffekt der Kompensation ist oder eine nachhaltige Entwicklung, lässt sich nicht feststellen.

(JCR)