Tourismuswelt

Ausgabe des Covid-Zertifikats im Plan – und doch drohen Verzögerungen

Das Bundesamt für Informatik und Telekommunikation (BIT) lanciert am Montag plangemäss das einheitliche, fälschungssichere und international anerkannte Covid-Zertifikat für geimpfte, genesene sowie zeitnah negativ getestete Personen. Es zeichnet sich allerdings ein Problem ab - just bei denen, welche bereits geimpft, genesen oder getestet sind.

Jetzt, da die Schweiz grossflächig am impfen ist, rückt ein weiteres Thema in den Vordergrund. Was ist mit dem Impf-Zertifikat? Gerade Reisende haben grosses Interesse daran, sich adäquat über Impfungen oder Genesungen ausweisen zu können, weshalb diese Entwicklung von besonderem Interesse ist. Erste Resultate wurden jüngst vom Bundesamt für Informatik und Telekommunikation (BIT) präsentiert, welches mit der Ausarbeitung des Zertifikats betraut ist.

Das Modell sieht die Anwendung des Covid-Zertifikates in der «Stabilisierungs- und Normalisierungsphase» vor, welche vom Bundesrat definiert wurde. Die Anwendungsbereiche werden derzeit ausgearbeitet. Es wird Bereiche geben, für welche das Vorhandensein des Zertifikats nicht nötig bzw. sogar «ausgeschlossen» ist, so genannte «grüne Bereiche». Dann gibt es «orange Bereiche», bei denen das Zertifikat «zur Verhinderung von Schliessungen oder als optionaler Einsatz mit potentiellen Erleichterungen» zum Tragen kommen kann, aber nicht zwingend erforderlich (hierunter fallen nebst Restaurants/Bars auch Fach- und Publikumsmessen mit mehr als 1000 Besuchern, grössere Veranstaltungen/Events, Sportveranstaltungen und mehr. Zuletzt gibt es noch «rote Bereiche», bei denen das Covid-Zertifikat als «vorübergehende Bedingung für Öffnungen» nötig ist. Hierunter fällt der internationale Personenverkehr.

Hierzu schreibt der Bund: «Bereits heute zeichnet sich ab, dass das Covid-Zertifikat für internationale Reisen über längere Zeit von grosser Bedeutung sein wird. Dies gilt für Einreisen in die Schweiz und auch Reisen ins Ausland. Bei Einreisen kann mittels Covid-Zertifikat die
Einschleppung von Viren in die Schweiz effektiv vermieden werden. Dadurch soll mittelfristig auch das Erfordernis eines negativen Tests bei der Einreise hinfällig werden, sofern jemand geimpft ist. Es ist davon auszugehen, dass viele andere Staaten ebenfalls ein Covid-Zertifikat
bei der Einreise verlangen werden. Schon alleine aufgrund dessen ist die länderübergreifende Anerkennung von Covid-Nachweisen zentral. Ein erster Grundstein dafür ist bereits durch die enge Zusammenarbeit mit der EU gelegt.»

Wie sieht es denn damit aus? Wie Travelnews weiss, wird das BIT die ersten Covid-Zertifikate fristgerechte ab kommendem Montag (7. Juni) ausstellen. Allerdings noch nicht generell, sondern in einem «Pilot» mit ausgewählten Partnern. Der generelle Rollout soll dann spätestens Ende Juni erfolgen. Bis dahin soll dann auch die Verknüpfung mit der EU vollzogen sein.

Das Zertifikat gibt es «voll» und «light»

Wie muss man sich das vorstellen? Halten wir fest, wie das Covid-Zertifikat erteilt wird: Es wird in Impfzentren, Arztpraxen, in Krankenhäusern, Apotheken oder auch Testzentren ausgestellt. Man erhält es entweder in Papierform oder als Mail, in beiden Fällen mit einem persönlichen QR-Code. Vorlegen kann man es eben in Papierform oder auch in einer App, einer so genannten «Träger-App». Parallel dazu wird es eine «Prüfer-App» geben, über welche die Authentizität des Dokuments geprüft werden kann. Diese App ist im Prinzip auch öffentlich, kommt aber vor allem dort zum Zug, wo man eben das Zertifikat prüfen muss - also wohl in erster Linie an Flughäfen oder bei Messen/Events, oder möglicherweise auch im privaten Gebrauch, bei grösseren Familienfesten oder dergleichen.

Es gibt drei Zertifikats-Varianten: Eine für Geimpfte, eine für Genesene und eine für Getestete. Das Zertifikat gibt dann also klare Hinweise dazu, dass man vollständig geimpft ist, oder genesen, oder getestet. Die Gültigkeitsdauer des Zertifikats variiert dann entsprechend, im Falle der Impfung gilt es dann für 6 Monate ab Datum der Ausstellung (die eigentlich direkt nach dem 2. Piks erfolgen sollte), im Falle der Tests normalerweise für 72 Stunden.

Da auf dem Covid-Zertifikat ziemlich viele Angaben sind, wird es zudem ein «Zertifikat light» geben, auf welchem weniger Daten sind. Während das «volle» Zertifikat mitsamt Geburtsdatum, Angaben zum Impfstoff/Testmodus etc. vor allem in der Reisewelt zum Tragen kommt, wird das «Zertifikat light» wohl für den Event- oder Privatgebrauch im Inland sein, wo Name und Testergebnis genügen. Natürlich sollte man sich immer noch persönlich ausweisen können für den Abgleich mit dem Covid-Zertifikat. Übrigens: Weder Personendaten noch die Covid-Zertifikate werden in einem zentralen System gespeichert.

Auch beim Abgleich mit der EU ist die Schweiz schon weit fortgeschritten. Die EU entwickelt momentan bekanntlich ebenfalls ein Zertifikat, das «EU Digital COVID Certificate». Das Covid-Zertifikat der Schweiz wird mit dem «EU Digital COVID Certificate» der EU kompatibel sein. Will heissen: Das Schweizer Covid-Zertifikat wird für die Einreise zumindest im ganzen EU-Raum anerkannt sein, und umgekehrt. Immerhin wird also für Reisen innerhalb Europas gewisse Sicherheit hinsichtlich der Regelung bestehen.

Das Problem der Nachzertifizierung

Ein Problem bleibt allerdings noch bestehen. Bislang wurden bereits 2,8 Millionen Schweizer mindestens einmal geimpft. Diese haben einen Eintrag ins Impfbüchlein, allenfalls das gelbe internationale Impfbüchlein (aber nicht in beide) erhalten sowie eine schriftliche Bestätigung in Papierform, auf welcher noch kein QR-Code vorhanden ist (hier noch mit kantonalen Abweichungen). Damit diese ein Covid-Zertifikat erhalten, braucht es also eine Art «Nachzertifizierung». Doch die Behörden können aus juristischen Gründen nicht einfach allen Geimpften auf Knopfdruck ein Zertifikat mit QR-Code nachreichen; dies darf nur «auf Verlangen des Bürgers» erfolgen. Wer bereits geimpft ist, mag sich vielleicht erinnern, dass man ankreuzen musste, ob man zustimmt, dass die Impfdaten weitergereicht werden. Seit wenigen Tagen steht es etwas klarer auf der Impf-Registrierungsseite: Jetzt muss man ankreuzen, dass man «den Erhalt eines Covid-Zertifikats» will und dafür bereit ist, dass die Impfdaten an die ausstellende Bundesbehörde weitergereicht werden. Wo das Kreuzchen gemacht wurde, besteht im Prinzip kein Problem und das Covid-Zertifikat wird automatisch ausgestellt. Was ist aber mit all jenen, welche das Kreuzchen nicht gemacht haben? Und was ist mit all jenen, welche sich beim Hausarzt oder sonst wo impfen liessen? Wer sich über das kantonale Impftool angemeldet hat, jedoch der Weitergabe nicht zugestimmt hat, kann sich einloggen und das Covid-Zertifikat nachträglich beantragen, und erhält dieses dann automatisch zugestellt.

Besonders kompliziert ist es bei den Genesenen, bei welchen Abgleiche mit der Registrierung in der Datenbank nötig sind und die Erstellung auch nur auf Verlangen erfolgt. Bei den Getesteten wiederum müssen die Labors impliziert werden. Das Problem ist in diesen Fällen vor allem technischer Natur: Bis alle nachzertifiziert werden, könnte es aufgrund von ungenügender IT-Kompatibilität mit der Ausstellung gültiger Covid-Zertifikate noch dauern, da die Nachzertifizierung eben nicht «auf Knopfdruck» erfolgen kann. Gerade für Reisende, die im Sommer mit dem Zertifikat verreisen wollen, sicherlich keine schöne Aussicht.

Nicht zuletzt wird es für die Kontrollzuständigen am Flughafen, also Mitarbeitende von Swissport etc., alles andere als einfach werden bei der Check-in-Prozedur: Manche Passagiere werden mit dem Impfbüchlein erscheinen, manche mit dem Zertifikat, wie üblich auch Unvorbereitete, denen noch ein Test oder ein Nachweis fehlt. Man muss damit rechnen, dass der Check-in-Prozess in einer ersten Phase weiter verlangsamt wird. Kurz: Es empfiehlt sich bei der Sommerferien-Reise, früh am Flughafen zu sein. Der Vorteil, dass es weniger Flüge hat, wird durch die umständlicheren Check-in-Prozesse zunichte gemacht.

Interessant in diesem Zusammenhang: Es gibt bereits Apps, in welchen Zertifikate, aber auch Passenger Locator Forms (PLF) hinterlegt werden können, beispielsweise VeriFly. Manche Airlines akzeptieren VeriFly, sprich sie sparen damit sich und dem Passagier viel Kontrollaufwand am Flughafen. Für Airlines wäre es das Beste, wenn künftig der Boardingpass und das Gesundheitszertifikat in einem Schritt gescannt werden könnte. Bis dieser Prozess schnell und international abgesichert und anerkannt ist, wird es noch Regelungen und technologische Investments brauchen. So wird eben auf absehbare Zeit unsere neue (Flug-)Reisewelt aussehen. Die Schweiz ist da immerhin an vorderster Front mit dabei.

(JCR)