Tourismuswelt

Nach der Heimreise aus den Ferien nochmals zum Testen antraben? Wer darauf keine Lust hat, riskiert wenig. Bild: AdobeStock

Nachtesten ist Pflicht – doch wie viele halten sich daran?

Jean-Claude Raemy

Wer lediglich mit Selbstdeklaration oder Antigentest in die Schweiz einreist, muss sich nachtesten lassen oder riskiert eine Busse. So ist die Bestimmung. Doch das System ist löchrig.

Update 31.05.

Vor zwei Tagen liess Travelnews die aktuell gültige Verordnung bei der Einreise vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) nochmals unmissverständlich festhalten: Demnach müssen Reisende, die mit dem Flugzeug in die Schweiz einreisen, in jedem Fall vor dem Boarding einen PCR-Test vorweisen. Können sie dies nicht tun, können sie alternativ mit einem negativen Antigentest oder einer Selbstdeklaration auch boarden, sind dann aber verpflichtet, sich «unverzüglich nach der Einreise» mittels PCR- oder Antigen-Schnelltest testen zu lassen.

Unmissverständlich? Zwei Fragepunkte stellen sich hierzu: Was ist nun mit der Befreiung der Test- und Quarantänepflicht bei Geimpften/Genesenen? Gilt diese auch für das Boarding? Und falls ja, wie hat man sich dann auszuweisen, nachdem aktuell ja noch kein «Impfpass» vorhanden ist? Offiziell gilt: Ab 31. Mai benötigen geimpfte oder genesene Personen bei der Einreise in die Schweiz keinen PCR-Test mehr, gemäss Bundesratsentscheid vom 26. Mai 2021. Das Vorhandensein eines PCR-Testes wird mehrheitlich vor Abflug in die Schweiz im Ausland geprüft und nur Passagiere mit PCR-Test sollten grundsätzlich an Bord des Flugzeuges gelassen werden. Nichts desto trotz werden nicht an allen Flughäfen weltweit die Einreisebestimmungen der Zieldestination gründlich kontrolliert, deshalb besteht die Möglichkeit bzw. die Aufforderung, sich bei der Ankunft in der Schweiz nachträglich einem PCR-Test zu unterziehen.»

Für Geimpfte/Genesene ist ab Juni auch für das Boarding kein Testnachweis mehr nötig. Ab dann ist man von sämtlichen grenzsanitarischen Massnahmen ausgenommen, muss also auch kein Einreiseformular mehr ausfüllen.

Nur Wenige wissen über Alternativen zum PCR-Test Bescheid

Doch was ist mit jenen, die eben noch nicht geimpft bzw. genesen sind? Auf der BAG-Website steht: Wer kein PCR-Testresultat bei Einreise vorweisen kann, kann von der Kontrollbehörde an der Grenze mit einer Busse von 200 Franken bestraft werden. Die klare Bevorzugung von PCR-Tests von Behördenseite mag verständlich sein, doch die Schlupflöcher schaffen Unsicherheit: Wer eine Selbstdeklaration oder einen negativen Antigentest vorweisen kann, hat nichts zu befürchten. Und muss sich anschliessend einfach «so schnell wie möglich» einem Nach-Test unterziehen.

Die Zeitangabe ist schwammig. Am schnellsten wäre eigentlich, bei einem der Testcenter am Flughafen Zürich, bei Viselio/Dnata oder Checkport/Ender, ein so genanntes «Inbound-Testing» zu machen, also den Test gleich nach der Landung erledigen. Laut Nathalie Berchtold (Head of Communications Switzerland, Swissport) betrug die Anzahl Tests, welche nachträglich nach der Einreise in die Schweiz gemacht wurden, im Checkport-Testcenter im Terminal 2 am Flughafen Zürich im März insgesamt (PCR/Antigen) rund 80, im April rund 80, im Mai rund 200. Bei Viselio betrug diese laut Verwaltungsratspräsident Roland Zeller im vergleichbaren Zeitraum gar noch etwas weniger. Gemessen an der selbst kargen Anzahl Flüge also eine verschwindend kleine Zahl.

Wobei diese Zahlen nicht zwingend die Realität abbilden. Es ist ja auch möglich, sich beispielsweise unmittelbar nach Ankunft zuhause auch bei einer Apotheke im Wohnort testen zu lassen - dannzumal im Vergleich zu den Testcentern am Flughafen gar gratis. Momentan gibt es am Flughafen nämlich keine «Krankenkassen-Tests», da kosten die Schnelltests also 70-80 Franken pro Person. Da geht man doch lieber schnell in die lokale Apotheke - oder eben auch nicht. Wird es nicht gemacht... ja was dann? Wir wissen von Fällen, bei denen die Kantonspolizei bei Quarantänepflichtigen zuhause anklopfte. Dies geschah auf Geheiss des Kantonsarztes, der jeweils für die Einhaltung der Quarantänepflicht zu sorgen hat. Wie sieht es bei der Einhaltung der «Nachtestungs-Pflicht» aus?

Auf die Frage, wie das BAG die Einhaltung der Nachtestungs-Weisung sicherstellt, erhalten wir von BAG-Sprecherin Nani Moras folgende Information: «Es liegt in der kantonalen Zuständigkeit, die entsprechende Verordnung umzusetzen. Diesbezügliche Fragen können Sie an den jeweils zuständigen Kanton adressieren.»

Travelnews hat zumindest mal bei der Kantonspolizei Zürich nachgefragt, ob es überhaupt einen Kontrollauftrag für Nachtest-Pflichtige gibt. Ralph Hirt, Sprecher der Kantonspolizei Zürich, erklärt: «Am Flughafen Zürich richtet sich die Kantonspolizei Zürich betreffend der angepassten Einreisebestimmungen nach der Verordnung über Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus (Covid-19) im Bereich des internationalen Personenverkehrs, Art. 6 / 7 und 10. Für weitergehende Fragen verweisen wir an das BAG und die Luftverkehrsunternehmen.​» Wobei Travelnews dann telefonisch doch noch erfahren hat: Personen, welche keinen PCR-Test vorweisen können, werden dem Gesundheitsamt gemeldet.​​ Die Kontrollen erfolgen bei der Einreise stichprobenartig. Ob eine spätere Kontrolle erfolgt, liegt also auch hier im Ermessen der kantonalen Gesundheitsdirektion, wo Fälle des Nicht-Vorhandenseins von PCR-Tests (also im Prinzip auch bei Vorliegen von Antigentests bzw. Selbstdeklaration) gemeldet werden; die Kantonspolizei weiss vorgängig nicht, ob Tests vorliegen bzw. wie diese ausgefallen sind. Klar ist: Für Kontrollen zuhause bedarf es bei der Polizei einer Aufforderung durch die Gesundheitsdirektion.

PCR-Test machen und gut ist - es wird eh bald weiter gelockert

Daraus lässt sich eigentlich nur der Schluss ziehen, dass das Risiko einer Busse gering bis Null ist; bekannt wurden bislang jedenfalls auch nur eine Handvoll Fälle. Jetzt stellt sich also die Frage: Warum sollte ich als Geimpfter/Genesener mir noch einen Test antun, um boarden zu dürfen, wenn dies für die Einreise in die Schweiz nicht nötig ist und es sowieso Umgehungsmöglichkeiten gibt, deren Nichtbeachtung zudem kein konkretes Risiko für mich birgt?

Tja, zum einen wird, wie so oft, ans Verantwortungsbewusstsein der Bevölkerung appelliert. Und zum anderen werden die Umgehungsmöglichkeiten natürlich nicht kommuniziert. Inoffiziellen Angaben zufolge ist es auf Flugzeugen zurück in die Schweiz aktuell ungefähr so, dass 70-80 Prozent der Reisenden einen PCR-Test mitführen, 20-25 Prozent einen Antigen-Schnelltest und 5-10 Prozent eine Selbstdeklaration. Das ist ganz im Sinne des BAG. Kostet aber vielen Reisenden entsprechend viel Geld und wirkt sicher in manchen Fällen auch «abschreckend», d.h. wegen möglicher Zusatzkosten für Testing wird eine Familie eine Reise vielleicht gar nicht erst antreten.

Das war bislang auch im Sinne des Bundesrats, der empfahl, auf nicht dringliche Reisen zu verzichten. Das ist seit heute (28. Mai) und mit Gültigkeit per 31. Mai aber nicht mehr so. Das wird wenige dazu animieren, sich jetzt erst recht an die PCR-Weisung zu halten. Man bläut es den Passagieren aber auch nicht gerade ein: Nach Ankunft in Zürich verweist keine Plakattafel darauf, dass man sich, falls ohne PCR-Test, zwingend nachtesten muss. Die Airlines müssen auch nicht darauf aufmerksam machen; sie müssen lediglich vor dem Boarding kontrollieren. Und nach der Ankunft drohen eben nur Stichprobenkontrollen.

Mit der gradweisen Lockerung der Einreisebestimmungen werden die ganzen Testbestimmungen mit zunehmender Durchimpfung der Bevölkerung aber wohl zunehmend gelockert. Wobei hier nochmals anzumerken ist, dass dieser ganze Regelungs-Salat ohnehin nur für Flugreisende gilt, Autofahrer derweil aber ausgenommen sind - und die ganze Chose deshalb epidemiologisch schon etwas fragwürdig ist.