Tourismuswelt

Nicht alle verzichteten im Jahr 2020 aufs Fliegen. Viele Geschäftsreisende zogen das Flugzeug trotz Coronapandemie anderen Fortbewegungsmöglichkeiten vor. Bild: Yousef Alfuhigi

Schweizer Geschäftsreisende setzten 2020 trotz Corona auf das Flugzeug

Die Infektionszahlen und Lockdowns im Rahmen der Coronapandemie hatten im vergangenen Jahr signifikante Auswirkungen auf die Wahl der Verkehrsmittel der Geschäftsreisenden. Während der Fluganteil in der Schweiz sogar leicht zulegte, wird in weiten Teilen Europas eine Zunahme von Geschäftsreisen im Mietwagen registriert.

Die Coronapandemie sorgt für deutliche Verschiebungen beim Buchungsverhalten von Geschäftsreisenden in Europa. Dass die Zahl durch Reiserestriktionen und Lockdowns deutlich abnahm, liegt auf der Hand, doch wer trotzdem gereist ist, wählte dabei andere Verkehrsmittel als zuvor. In zahlreichen Ländern setzten Geschäftsreisende mehr auf Mietwagen und in manchen Ländern sogar mehr auf das Flugzeug. Das zeigt eine Auswertung des Corporate-Payment-Spezialisten AirPlus International.

Im Zeitraum zwischen dem Ausbruch der Coronapandemie im März und dem Jahresende 2020 ging fast jede zehnte Geschäftsreisebuchung in Deutschland an einen Mietwagenanbieter (9,2 Prozent). Im gleichen Vorjahreszeitraum lag der Anteil bei 6,1 Prozent. Auch in Frankreich (7,6 Prozent, Vorjahr 4,8 Prozent) waren Mietwagen häufiger erste Wahl als noch vor der Pandemie. Noch deutlicher war der Anstieg in Grossbritannien, wo sich der Anteil von 4,4 Prozent auf 9,8 Prozent sogar mehr als verdoppelte.

Auffallend ist, dass sich in den Daten deutlich die erste Pandemiewelle im Frühjahr und die erneut rasant ansteigenden Fälle seit dem Herbst widerspiegeln. So lag der Anteil der Mietwagenbuchungen im Vergleich zu Flugzeug und Bahn auf Wochenbasis Ende April/Anfang Mai in Deutschland 12,9 Prozentpunkte über Vorjahr, Anfang Juli war der Anteil dagegen grob auf Vorjahresniveau (+0,9 Prozentpunkte). Den höchsten Anstieg mit +16 Prozentpunkten gab es Mitte/Ende Oktober als in Deutschland erstmals mehr als 10‘000 Coronafälle am Tag gemeldet wurden. Ein ähnliches Bild zeigt sich in Grossbritannien, wo der höchste Zuwachs während der ersten Pandemiewelle Mitte Mai lag (+17,5 Prozentpunkte). Nachdem der Anstieg im Juli dann geringer ausfiel, setzen Geschäftsreisende dort seitdem ebenfalls wieder deutlich stärker auf den Mietwagen. In Frankreich war der Anstieg vor allem im April und Mai beachtenswert mit in der Spitze mehr als 18 Prozentpunkten Anstieg im Vergleich zum Vorjahr.

Veränderungen März bis Dezember 2020. Bild: Air Plus Business Travel / Screenshot TN

In der Schweiz zeigt sich ein anderer Trend

Zwar wurden ab Ende März 2020 auch hier für den Rest des Jahres leicht mehr Mietwagen gebucht als im Vorjahreszeitraum, die Zunahme lag jedoch mit +0,6 Prozentpunkten deutlich unter den Wachstumswerten aus Deutschland, Grossbritannien oder Frankreich. Im Gegenzug dazu legte der Anteil von Flugbuchungen der Schweizer Geschäftsreisenden in diesem Zeitraum leicht zu (+1,5 Prozentpunkte), während die Bahn Anteile verloren hat (-2,1 Prozentpunkte). «Schweizer Geschäftsreisende zogen das schnellere Verkehrsmittel Flugzeug dem Zug vor, um so die Zeitspanne für eine potenzielle Ansteckung zu reduzieren. Hinzu kommt, dass die Airlines durch die Kabinenbelüftung mit HEPA-Filtern, generell hohe Hygienestandards und die früh eingeführte Maskenpflicht an Bord ein gutes Schutzkonzept vorzuweisen haben», sagt Andy Stehrenberger, Geschäftsführer von AirPlus in der Schweiz.

Interessant ist, dass sich die Flug- und Bahnbuchungen im Jahresverlauf genau entgegengesetzt entwickelt haben. So nahmen zum Beispiel die Bahnbuchungen bei der Zunahme der Flugbuchungen Anfang April, im August und Ende November ab, hingegen stiegen sie bei abnehmenden Flugbuchungen Ende Mai und zum Höhepunkt der zweiten Ansteckungswelle Ende Oktober/Anfang November an. Die beiden Entwicklungskurven sind quasi spiegelverkehrt und stehen somit klar in Relation zueinander.

Auch bei der Entwicklung der Flug- und Bahnbuchungen zeigen sich regionale Unterschiede. Während sich 2020 in Italien und Belgien ein ähnliches Bild wie in der Schweiz abzeichnete, war in Deutschland das Gegenteil der Fall: Die Bahn lag hier gegenüber dem Flugzeug in weiten Teilen des Jahres vorne, besonders deutlich während des ersten Lockdowns im Frühjahr. Der Flugverkehr kam zu der Zeit weitgehend zum Erliegen, ausserdem konnten viele Langstreckenverbindungen zum Teil ganzjährig nicht bedient werden, wodurch auch die Zahl der Inlandsflüge sank. Der Bahnverkehr hingegen wurde auch während der Lockdowns weitgehend beibehalten – teils sogar ausgebaut. Stehrenberger geht davon aus, dass sich die Anteile auf den Werten vor der Pandemie einpendeln werden. «Sobald wieder mehr gereist wird, vor allem auch interkontinental, werden die Bahn und insbesondere das Flugzeug als Transportmittel für Geschäftsreisende aus ganz Europa wieder deutlich zulegen», ist er überzeugt.

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(TN)