Tourismuswelt

Sunday Press Hilfeschrei der Schweizer Hotellerie

Am Tag vor Beginn der Frühlingssession skizziert Hotelleriesuisse die dramatische Lage. – Easyjet wird auch in Zukunft auf Tiefpreise setzen. – Globetrotter-Chef André Lüthi sagt, Schweizer seien «huere Jammeri» und schildert das aktuelle Leid der Touristiker in Asien.

Die Schweizer Hotellerie leidet enorm unter der Corona-Pandemie. Das lässt sich laut «Sonntagszeitung» auch mit Zahlen belegen. Besonders in den Städten sei die Situation ruinös. Im Februar habe die Auslastung der Stadthotels im Schnitt noch 15 Prozent betragen. Schon die ganze Wintersaison brachte grosse Verluste. Weil Reisebeschränkungen die Geschäfts- und Städte-Reisen lahm legten, betrug das Minus pro Betrieb im Schnitt 1,5 Millionen Franken.

In den Wintersportorten war die Situation ebenfalls dramatisch. So waren Betriebe in den alpinen Regionen im Februar nur zu rund 50 Prozent ausgelastet - trotz Sportferien. Über die ganze Wintersaison resultierte trotz viel Schnee und gutem Wetter durchschnittlich ein Minus von 773'000 Franken.

«Nicht einmal in der schlimmsten Wirtschaftskrise haben wir so dramatische Einbrüche erlebt», sagt Verbandspräsident Andreas Züllig. Vor allem das Ausbleiben ausländischer Gäste und ein kompletter Einbruch bei den Geschäftsreisen habe dazu geführt. Erschwerend komme hinzu, dass Hotelrestaurants für externe Gäste geschlossen seien und damit ein weiterer Teil der Einnahmen fehle.

Und einen Tag vor Beginn der Frühlingssession in Bundesbern fordert Züllig raschen Zugang zu Härtefallhilfen: «Sonst werden viele Hotels auf Jahre hinaus verschuldet sein und der Schweizer Tourismus insgesamt abgehängt». Auch die Rekrutierung von Mitarbeitern werde schwieriger. Der Verband fordert deshalb Planungssicherheit, um die Rekrutierung von Jugendlichen auch wieder physisch zu ermöglichen. Zurzeit finden weder Schnupperlehren noch Berufsmessen statt. Werde dies nicht bald wieder möglich, fehle der Branche in Zukunft qualifiziertes Personal.

Optimistischer Easyjet-Chef

«Ich erwarte eine riesige, aufgestaute Nachfrage. Eine Umfrage in der Schweiz ergab, dass 72 Prozent der Easyjet-Kunden planen, im Sommer zu fliegen. Die Leute wollen fliegen, sobald es wieder möglich ist», sagt Easyjet-CEO Johan Lundgren im Interview mit dem «Sonntagsblick», um gleich Buchungsreize zu setzen: «Sie können problemlos jetzt buchen, weil wir sehr grosszügige Stornierungsbedingungen haben: Wenn wir aus pandemischen Gründen nicht fliegen, bieten wir Umbuchungen, Gutscheine oder Erstattungen an.»

Auf die Frage, ob Easyjet die Krise überleben werde, sagt er: «Ja! Wir sind als eine der stärksten Fluggesellschaften in Europa in diese Situation geraten. Easyjet wird die Pandemie überstehen, weil wir das Unternehmen seit vielen Jahren finanziell umsichtig und konservativ führen.» Er glaube aber, dass es zu Insolvenzen in der Airlinebranche kommen werde. Dabei gelte: der Kurzstreckenverkehr wird schneller zurückkehren als Langstreckenverkehr, Privatreisen werden sich schneller erholen als Geschäftsreisen und ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis ist in einer solchen Situation auch wichtig.

Und zu Tiefspreisen wie für 32-Franken-Preisen von Basel nach Reykjavík, sagt Lundgren: «Die Preise reagieren auf Angebot und Nachfrage. Der Durchschnittspreis pro Flug liegt in einem normalen Jahr bei rund 70 Franken. Wir sind stolz darauf, dass wir den Leuten attraktive Tarife anbieten können, und sich hart arbeitende Familien, Studenten, Rentner das Fliegen leisten können. Und wer jetzt argumentiert, dass man Steuern einführen sollte, um die Nachfrage zu drosseln, der treibt die soziale Ungleichheit voran. Ich finde es schrecklich, hart arbeitende Familien von einer Dienstleistung auszuschliessen.»

Grosses Leid in Nepal und Thailand

Ohne Touristen müssen Menschen weltweit ums Überleben kämpfen. Dennoch werde in den armen Ländern weniger geklagt als bei uns, sagt Globetrotter-Group-CEO André Lüthi in einem doppelseitigen Interview mit der «Sonntagszeitung».

Thailand leide enorm. «Viele Thais haben von einem Tag auf den anderen den Job verloren und zogen zurück aufs Land zu ihren Familien, wo es an allem fehlt», schildert Lüthi. Auch in Nepal sei die Lage sehr schlimm: «Ein Sherpa, der unsere Gruppen jahrelang in die Berge begleitete, hat seit einem Jahr keine Arbeit mehr. Er musste sein Kind von der Schule nehmen, weil er das Schulgeld nicht mehr bezahlen kann. Jeder, bis zum Bettler vor dem Tempel, bekommt am eigenen Leib zu spüren, dass die Reisenden ihr Land nicht mehr besuchen.»

Diese Menschen hätten nicht das Glück einer Arbeitslosenversicherung, profitierten nicht von Covid-Krediten oder Kurzarbeitsentschädigungen. «Sie kämpfen ums blanke Überleben. Aber sie jammern nicht.» Im Gegensatz zu den Schweizern? «Ja, wir Schweizer sind oft huere Jammeri.»

Und zu den Folgen der neuen BAG-Risikoländerliste sagt Lüthi: «Kaum wurde die Quarantänepflicht bekannt, haben bei uns die Telefone geläutet. Die Kunden haben ihre gebuchte Maledivenreise annulliert oder verschoben. Für uns heisst das viel Arbeit, null Umsatz. Wir haben Kunden, die bereits fünfmal umgebucht haben.» Und zu den aktuellen Bestimmungen sagt er weiter: «Soll mir mal jemand erklären, warum ich einen PCR-Test brauche, wenn ich von München nach Zürich fliege – fahre ich mit dem Auto oder Velo, brauche ich den Test jedoch nicht. Das ist doch Willkür!»

Liquiditätsscheffeln bei Swiss?

Weiter hat sich die «Sonntagszeitung» dem Swiss-Flugplan angenommen und versucht der Airline einen Strick zu drehen, weil diese nun im Monat April so viele Flüge streicht. Der ab 28. März geltende Sommerflugplan habe bis vor wenigen Tagen in weiten Teilen jenem von 2019 entsprochen. Total werden im April 9200 Flüge gestrichen. Betroffen sind 43'000 Passagiere. Der Vorwurf: der Swiss hätte doch seit Wochen und Monaten klar gewesen sein müssen, dass sie die meisten für April angesetzten Flüge würde streichen müssen.

Rückendeckung für diesen Vorwurf holt sich die Zeitung bei einem Fluggastrechte-Jurist. Anzunehmen sei, dass Passagiere, deren Direktflüge abgesagt würden, auf Umsteigeverbindungen über andere Drehkreuze des Swiss-Mutterkonzerns Lufthansa umgebucht würden, sagt dieser. Andere Passagiere machten von der kostenlosen Umbuchungsoption auf einen späteren Zeitpunkt Gebrauch oder akzeptieren einen Gutschein, womit das Geld bei der Swiss bleibt.

Die Zeitung kommt zur Konklusion, dass es sich hier um Liquiditätsscheffeln handle. Die Swiss weist diese Vorwürfe zurück. Der Plan für den April sei schon vor einem Jahr aufgeschaltet worden. «Zu dieser Zeit waren das Ausmass der Pandemie, die Auswirkungen der Reiserestriktionen auf die Nachfrage und damit die erforderlichen Anpassungen an unserem Angebot nicht absehbar.»

Dann nimmt auch noch Thomas Jäger von CH-Aviation der Story den Wind aus den Segeln: «Irgendwie muss die Swiss ja wieder hochfahren.» Das Unternehmen biete deswegen einfach mal Flüge an und schaue, welche auf Anklang stossen. «Das Schwierigste an der Planung ist, dass die Kunden in der Pandemie extrem kurzfristig buchen, weil die Reisebeschränkungen von einem Tag auf den anderen ändern können», sagt Jäger. «Jede Airline der Welt ist im Blindflug.»

EU will Öko-Siegel für Airlines

Die EU will, dass die Luftfahrtbranche ihren Schadstoff- und Lärmausstoss öffentlich macht. Die Pläne sehen vor, dass Fluggesellschaften, Flüge und Flugzeugmodelle nach ihrem Umwelteinfluss bewertet werden, ist in der «Sonntagszeitung» zu erfahren. Die EU will offenbar ein Gegengewicht zu womöglich übertriebener Werbung für umweltfreundliches Fliegen schaffen. Ihre Pläne für eine Umweltkennzeichnung begründet sie jedenfalls damit, dass Passagiere in die Lage versetzt werden sollen, nachhaltige Entscheidungen zu treffen, um «das Risiko des ‹Greenwashings› zu reduzieren.

Bis das erste Flugzeug oder die erste Fluggesellschaft eine Öko-Bewertung erhält, wird es jedoch noch dauern. Wie es bei der Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) heisst, sollen bis Ende 2022 die technischen Details für das Kennzeichen feststehen. Wenn das Öko-Label kommt, wird auch die Schweiz mitmachen. Das Bundesamt für Zivilluftfahrt liess zwar eine entsprechende Anfrage der Zeitung unbeantwortet. Die Schweiz übernehme jedoch üblicherweise die Regeln der EU für den Flugverkehr.

Thunersee und Beromünster

Keine exotische Reiseinspiration ist auf den Reiseseiten der Sonntagszeitungen auszumachen. In der «NZZ am Sonntag» sucht man Themen wie Reisen und Tourismus vergeblich. Im «Sonntagsblick» – ausser dem Easyjet-Interview – ebenso.

Und die Reiseideen in der «Sonntagszeitung» beschränken sich aufs Spazieren in Beromünster LU und die Renovation des Campingplatzes Thunersee-Gwatt.

(GWA)