Tourismuswelt
Soll ich im Reisebüro buchen oder doch lieber online?
Nina WildReisen ist kompliziert geworden. Die neuen Einreisebestimmungen überschlagen sich ständig. Selbst für Reiseprofis ist es schwierig geworden, den Überblick zu behalten. Reisehungrige haben die Qual der Wahl, ob sie ihre Ferien beim Reisebüro oder selbständig im Internet buchen wollen. Die Auswahl ist riesig und die Anbieter versuchen mit attraktiven Angeboten die Kunden für sich zu gewinnen.
Um herauszufinden, wo die Vorteile und Nachteile der jeweiligen Kanäle liegen, hat Travelnews eine Umfrage bei den Reisebüros Sense of Travel in Zürich, Pink Travel in Basel, Let's Go Tours in Schaffhausen sowie TUI Suisse mit Hauptsitz in Zürich durchgeführt. Ausserdem wurden die Online-Reisebuchungsplattformen Holidaycheck, Booking.com sowie Ebookers nach Stärken und Schwächen aus Kundensicht befragt.
«Die Kunden brauchen jetzt mehr denn je einen Travel Manager»
Pro Reisebüro
Ein grosser Vorteil (wenn nicht sogar der grösste) bei einer Reisebüro-Buchung ist, dass der Kunde einen persönlichen Ansprechspartner hat, der jederzeit für ihn da ist und kompetent berät. «Die Kunden brauchen jetzt mehr denn je einen Travel Manager. Einen Profi, der sie von A-Z betreut. Selbst den Überblick über die Einreisevorschriften zu behalten ist für den Kunden fast unmöglich geworden», sagt Lukas Meier, Inhaber des Reisebüros Sense of Travel an der Gertrudstrasse 46 in Zürich. Auch für die Reiseprofis selbst sei dies nicht immer einfach. Er führt aus: «Unser Vorteil ist, dass wir immer erreichbar sind. Gerade nach neuen Bundesratsentscheiden kommt es zu Unsicherheiten, Umbuchungen und Annullationen.» Dem stimmt auch Jasmina Stajic, Geschäftsleiterin der Pink Travel AG in Basel zu: «Ein grosser Vorteil ist, dass der Kunde mit uns immer auf dem neuesten Stand ist über die Vorschriften und Einschränkungen. Von der Krise konnten wir nicht profitieren aber unsere Kunden hatten jederzeit einen Ansprechpartner, speziell auch unsere Online-Kunden und da sehe ich langfristig einen Vorteil für uns.»
Der Reiseveranstalter TUI Suisse setzt auf seine Omnichannel-Strategie, wie Unternehmenssprecherin Milica Vujcic erklärt: «Kunden können TUI online buchen oder in der Filiale, wir bieten überall das gleiche Portfolio und wenn ein Kunde sich online informiert und zusätzliche Beratung wünscht, bieten wir das an.» Somit haben auch Kunden, welche über die Website buchen eine direkte Ansprechperson, wie Vujcic präzisiert: «Kunden welche sich online informieren haben die Möglichkeit auf unsere Reise-Experten zurückzugreifen. Dabei können sie einen Kontakt herstellen, Beratungstermin vereinbaren und wir haben auch bereits Testversuche für eine Videoberatung.» Marcel Gehring, Geschäftsführer von Let's Go Tours in Schaffhausen, sieht den bewährten Service des Unternehmens als Vorteil: «Wir sind und waren die ganze Zeit für unsere Kunden zu den normalen Zeiten erreichbar. Durch unsere langjährigen und ausgeprägten Partnerschaften in den Destinationen verfügen wir über aktuelles Wissen zu Situation und können so proaktiv reagieren.» Der Veranstalter reagiere flexibel, schnell und unkompliziert, sollten vor der Abreise oder während des Aufenthaltes irgendwelche Probleme auftauchen.
Kontra Reisebüro
Natürlich haben wir uns auch nach den Schwachstellen bei der Reisebüro-Buchung umgehört. Der Reisekonzern TUI Suisse lässt hier nicht viel durchblicken. Anders sieht es bei Pink Travel aus: «Die gängigen Veranstalter haben leider oft unvorteilhafte Stornierungsbedingungungen im Vergleich zu gewissen Online-Plattformen. Da wir aber verschiedene Vertragspartner haben, können wir unsere Buchungen entsprechend gut platzieren», erklärt Stajic.
Auch Meier sieht die Vertragsbedingungen gewisser Leistungsträger als Nachteil: «Die Konditionen der Leistungsträger müssen kulanter werden. Die Kunden verlangen beispielsweise nach einer Covid-Versicherung, die aber ausschliesslich auf der Internetseite der Airline buchbar ist.» Er finde es zudem bedenklich, dass viele Airlines nicht mal eine Gratisumbuchung anböten und die meisten Tickets weiterhin non-refundable seien. «Die systematische Benachteiligung seitens der Airlines hat sich nicht geändert. Dabei wäre es eine grosse Chance, die sie leider nicht nützen wollen. Wir würden ihnen ja gerne die Hand reichen», bedauert der Reisebüro-Inhaber. Gehrig sieht in der Digitalisierung des Unternehmens noch Luft nach oben: «Obwohl wir - zusammen mit unseren Prioritätspartnern - interaktive, virtuelle Kundenabende und eine virtuelle Beratung anbieten, liegt in diesem Bereich sicherlich noch viel Potential.»
«Wir werben für flexible Tarife für Kunden, die ihre Pläne ändern müssen»
Pro Online-Buchungsplattform
Und was spricht für eine Buchung bei einem Online-Reisebüro? Christoph Ludmann, CEO Holidaycheck AG, nennt folgende Gründe: «Unser hauseigener Veranstalter HolidayCheck Reisen hat bereits im September 2020 als erster Reiseveranstalter ein flexibles Pauschalreise-Produkt ohne Anzahlung und mit kostenfreier Stornierung auf den Markt gebracht. Stornieren kann der Kunde eigenständig im Self-Service über unsere Buchungsplattform und ohne Angabe von Gründen bis zu sechs Tage vor Abreise.» Ausserdem hebt Ludmann hervor, dass Kunden zu jeder Zeit die Möglichkeit hätten, sich auf der Plattform nach ihren nächsten Ferien umzusehen - und diese auch zu buchen: «Unsere Kollegen aus dem OTA stehen für telefonische Beratung und Hilfestellung ganz regulär zur Verfügung - und das auch am Wochenende.»
Bei der Buchungsplattform Booking sei hingegen Innovation der Schlüssel zum Erfolg, wie das Unternehmen auf Anfrage mitteilt: «Bei Booking.com sind wir innovativ, um es für Kunden einfacher zu machen, das zu finden, was sie suchen, mit einem aktualisierten Sucherlebnis, das Filter für Kunden enthält, die nach privaten Unterkünften und Unterkünften suchen, welche Gesundheits- und Sicherheitsmassnahmen implementiert haben, sowie neue Suchoptionen für Reisethemen, wie Strände in der Nähe von Lugano oder Wandern in der Nähe von Luzern, um Reisenden massgeschneiderte Optionen und versteckte Juwelen zu zeigen.» Ausserdem werde Flexibilität für den Kunden gross geschrieben: «Wir werben auch für flexible Tarife für Kunden, die ihre Pläne ändern müssen.» Ausserdem würden die Märkte stetig zu den ändernden Reisebestimmungen beobachtet und sobald Lockerungen eintreffen, werden diese in die digitale Nachfragegenerierung eingespeist, um Reisende bei der Suche nach dem nächsten Ziel zu unterstützen.
Claudia Parker, Head PR von Ebookers nennt die Vielzahl von Angeboten und die Flexibilität bei der Buchung aktuell als grösste Vorteile: «Die Buchung bei OTAs, wie Ebookers, bietet beides. Daher empfehlen wir während dieser ungewissen Zeit dringend, flexible Reiseoptionen zu buchen, wo immer dies möglich ist.» Somit habe der Kunde die Sicherheit für kostenlose Stornierungen oder Planänderungen. «Unser Fokus liegt momentan daran unsere Kunden bestmöglich zu unterstützen», hält Parker weiter fest.
Kontra Online-Buchungsplattform
Natürlich haben auch die Online-Buchungsplattformen Schwächen. Booking.com äussert sich nicht konkret dazu. Ganz im Gegensatz zu Holidaycheck: «Die Krise hat uns unsere Schwachstellen deutlich vor Augen geführt. Unser Fokus liegt aktuell daher unter anderem in der Informationstiefe und -aufbereitung für unsere Kunden. Dazu zählen Dinge wie spezielle Filtermöglichkeiten zur Stornierbarkeit als Teil der Suchfunktion oder detaillierte Info-Seiten mit Tipps rund um Destinationen», erklärt Ludmann.
Bei Ebookers wird derzeit die Homepage ausgebaut, wie Parker erklärt: «In letzter Zeit haben wir unsere Website erheblich weiterentwickelt, um unsere Selbstbedienungsfunktionen zu verbessern und arbeiten eng mit unseren vielen Reisepartnern zusammen, um Informationen über verstärkte Hygiene- und Sauberkeitsmassnahmen bereitzustellen.»
Wie verändert sich das Buchungsverhalten?
Bei unserer Umfrage haben wir auch einen Blick in die Kristallkugel gewagt und wollten von den verschiedenen Unternehmen wissen, wie sich das Buchungsverhalten der Schweizerinnen und Schweizern durch die globale Pandemie verändern wird. Stajic, die sich gerade auf Studienreise in Dubai befindet, sagt dazu: «Wir stellen wieder einmal mehr fest, wie wichtig so ein Tapetenwechsel und Ferien für die Erholung der Menschen ist. Daher denke ich, dass die Schweizer Kundschaft einen grossen Nachholbedarf haben wird.» Ludmann geht derzeit von einer langsamen Erholung der Nachfrage nach Pauschalreisen und Reisen im Allgemeinen aus. Dies hänge seiner Meinung nach stark von Lockerungen der Beschränkungen für Reisen ab und auch vom Sicherheitsgefühl der Kunden; wenn sich die Kunden sicher fühlen, werden auch die Buchungen rasch anziehen. «Um den Feriengästen bei der Buchung wieder Sicherheit zu geben, ist Transparenz besonders wichtig. Die Branche muss das Vertrauen der Kunden zurückgewinnen, das aufgrund der COVID-19-Auswirkungen zum Teil verloren gegangen ist. Dies lässt sich nur durch ausreichende Aufklärung und Transparenz seitens der Veranstalter, Reisebüros und -vermittler hinsichtlich AGBs, Vertrags- und Stornierungsbedingungen erreichen», ist der Holidaycheck-CEO überzeugt.
Vujcic ist sich sicher, dass in der immer digitaler werdenden Welt der persönliche Kontakt wichtig bleibt: «Auch wenn wir einen Trend hin zu Online und Digitalisierung sehen, besteht trotzdem die Nachfrage zu Beratung in der Filiale. Kunden werden kurzfristiger ihre Reise buchen und erwarten eine bestimmte Flexibilität welche wir ihnen auch anbieten.» Bei Booking sind die Auswirkungen der Krise deutlich zu spüren: «COVID-19 hatte einen erheblichen Einfluss auf unser Geschäft, aber wir sehen einige grüne Triebe und sind voller Optimismus», dies obwohl die Aussichten besser sein könnten, «die gesamte Reisebranche steht nach wie vor unter erheblichem Druck, die Reisetätigkeit ist drastisch zurückgegangen. Es könnte Jahre dauern, bis wir eine vollständige Erholung der weltweiten Reisenachfrage erleben, und wenn wir diese globale Pandemie vollständig überwunden haben, werden unsere Welt und unsere Branche zweifellos anders aussehen.»
Lukas Meier wiederum hofft, dass das Reisen künftig wieder mehr geschätzt wird: «Ich hoffe, dass der Schweizer in Zukunft bewusster reist. Sein Reiseziel mit Bedacht auswählt und es schätzt unterwegs sein zu dürfen. Neue Länder, Menschen und Kulturen zu erleben. Etwas Demut wäre nun angebracht, statt Reisen als reines Konsumgut zu betrachten. Ein Reiseveranstalter der die aktuellen Trends erkennt, wird profitieren.» Parker ist überzeugt, dass sich die Schweizer die Lust am Reisen nicht nehmen lassen: «Bereits jetzt sehen wir erste Reiseinteressen für 2021 auf ebookers.ch. Die Schweizer planen weiterhin inländische Ziele zu erkunden und beginnen, von Reisen in weiter entfernte Länder später im Jahr zu träumen.» Gehring ist der Meinung, dass man die Veränderungen noch nicht abschätzen kann und ist gleichzeitig vom langfristigen Erfolg des Unternehmens überzeugt: «Wir gehen davon aus, dass wir als hoch spezialisierter Veranstalter mittel- und langfristig perfekt aufgestellt sind.»