Tourismuswelt

Die Experten gaben spannende Einblicke in ihr Krisenmanagement. o.v.l.: Norbert Fiebig (Präsident Deutscher Reiseverband), Mirko Jacubowski (Business Development A3M) und Ulrich Heuer (Leiter Krisenstab TUI). u.v.l.: Edwin Doldi (Sicherheitsmanager Studiosus), Christin Khardani (FTI Touristik) und Tom Dillon (Geschäftsführer A3M Global Monitoring). Alle Bilder: Screenshot

«Mittlerweile ist keine Reise mehr einfach und gefahrenlos»

Die Pandemie hat das Risikomanagement der Reisekonzerne auf den Kopf gestellt. An einem virtuellen Round Table gaben FTI Touristik, Studiosus, TUI, der Deutsche Reiseverband und Vertreter des Krisenmanagementsystems Einblick in die Herausforderungen des sicheren Reisens in Zeiten von Corona.

Wie haben sich die Reiserisiken im vergangenen Jahr geändert? Grundlegend! «Mittlerweile ist keine Reise mehr einfach und keine Reise ist mehr gefahrenlos», erklärt Mirko Jacubowski, der im Business Development von A3M tätig ist im Rahmen eines virtuellen Round Table. Das Unternehmen entwickelt und betreibt Frühwarn-, Informations- und Kommunikationssysteme für ein professionelles und effektives Krisenmanagement.

Seit dem vergangenen Jahr hat das Coronavirus die Welt fest im Griff - und sorgt für allerlei Risiken auf Reisen. Ist ein Land sicher in Bezug auf die Gesundheitsversorgung? Gelten Reisewarnungen von Seiten der Regierung für gewisse Gebiete? Wie entwickeln sich die Ansteckungszahlen? Unter anderem all diese Aspekte lässt das Unternehmen in die Risikobewertung einfliessen. Eine Herkulesaufgabe, wenn man bedenkt, wie dynamisch die Entwicklung der Pandemie von sich geht. Und «es gibt alleine in Europa einen Flickenteppich von Reiserestriktionen», wie Jacuboski weiter sagt.

Durch diese Umstände ist das neue Produkt «Destination Manager» geboren. Dieser soll die Reisebranche aktiv unterstützen, die Reisetätigkeit wieder aufzunehmen. Denn jeder Veranstalter, Reisebüro und sogar die Kunden recherchierten selber, welche Restriktionen im Zielland gelten - und welche Empfehlungen das Heimatland gibt. Das Tool verfolgt das Ziel, all diese Informationen gebündelt zur Verfügung zu stellen und einen Überblick zu verschaffen. Dazu gehören auch die geltenden Corona-Testbestimmungen, Sperrstunden vor Ort, Quarantäneregelung im Ziel- und Heimatland etc. All dieses Know-How wird an die Reiseveranstalter weitergespielt. Und diese wiederum können die Bestimmungen an ihre Kunden weitergeben.

Reisen wird komplex bleiben

Jacubowski geht davon aus, dass die Reisetätigkeit weiterhin kompliziert sein wird. Deshalb plant A3M bereits ein neues Produkt: auf der-reisemanager.com (Seite existiert noch nicht) sollen Endkunden schnell und unkompliziert die aktuellen Reisebestimmungen abrufen können.

Ulrich Heuer, Leiter des TUI-Krisenstab ist seit 26 Jahren in diesem Bereich tätig. Er betrachtet das vergangene Jahr als besonders herausfordernd. «Noch nie gab es eine globale Reisewarnung und Menschen mussten aus allen Teilen der Welt evakuiert werden», sagt er rückblickend. Der Reisekonzern musste lernen, seine Gäste transparent über das Infektionsgeschehen vor Ort zu informieren, um die Reisetätigkeit weiterhin aufrecht zu erhalten - und dass eine Warnung über das Infektionsgeschehen im Zielland nicht gleich wie ein faktisches Reiseverbot zu deuten ist.

Auch Christin Khardani von FTI Touristik lässt das Jahr Revue passieren. Die Firma mit Sitz in Deutschland kümmert sich um das Krisenmanagement in allen Quellmärkten, auch der Schweiz. Für das Unternehmen war es herausfordernd, all die verschiedenen Bestimmungen der Regierungen in Österreich, der Schweiz, Niederlande oder Frankreich im Auge zu behalten.

Flexibilität und Kulanz sind wichtig

«Das war mit Abstand die heftigste Krise, die wir jemals hatten», bestätigt auch Edwin Doldi, Sicherheitsmanager von Studiosus. Er ist seit 20 Jahren im Business. Bereits früh im Januar und Februar, als erste Fälle von Covid-19 in China und Südostasien auftauchten, habe man gemerkt, wie verunsichert die Kunden seien. «Diese Verunsicherung zieht sich wie ein roter Faden durch die Krise», gibt Doldi zu bedenken. Zwei grosse Fragen haben das Unternehmen beschäftigt, als die globale Reisewarnung im Sommer aufgehoben wurde: Wie geht man mit Stornierungswünschen der Kunden um, und wie kann der Gast möglichst sicher unter Einhaltung von Hygienekonzepten reisen. Es wurden für die Studienreisen umfassende Sicherheitsmassnahmen ergriffen, sei dies für Busse, Führungen oder Aktivitäten. Dies sei gut angekommen bei den Reisenden. Aktuell hat das Unternehmen aufgrund der schlechten epidemiologischen Lage keine Gäste, die unterwegs sind.

Aktuell ist es wichtig, den Kundinnen und Kunden grosse Flexibilität und Kulanz entgegenzubringen. Darüber sind sich alle drei Reiseunternehmen einig. «Das nimmt den Kunden die Angst, falls die Situation dann doch nicht so ist, wie wir es erwarten», sagt Doldi.

Grundsätzlich sei man optimistisch, dass in Zukunft ein grosser Nachholbedarf vorhanden sei und die Leute wieder verreisen wollen. Norbert Fiebig, Präsident des Deutschen Reiseverbandes ist zuversichtlich, dass bereits im Sommer 2021 wieder vermehrt gereist wird und dann im Jahr 2022 normale Verhältnisse gelten. Die grosse Aufgabe von der gesamten Tourismusindustrie und des Verbands besteht nun primär darin, für die Reisebranche verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen und somit die Unsicherheit bei den Reisenden zu minimieren.

(NWI)