Tourismuswelt

Die Reiselust der Schweizer hat zuletzt wieder zugenommen

Jean-Claude Raemy

Die Resultate einer Umfrage der European Travel Commission liegen vor. Schweizer vertrauen im Vergleich zu anderen relativ stark darauf, bald wieder reisen zu können - allerdings vermehrt zu Langstreckenzielen statt innerhalb Europas.

Die «European Travel Commission» hat im Auftrag der EU bei Einwohnern aus mehreren EU-Ländern sowie auch der Schweiz über einen längerem Zeitraum wiederholt Umfragen zu den Reiseabsichten durchgeführt. Kürzlich wurden die Resultate einer vierten Umfrage-Welle publiziert - die erste Welle dauerte vom 27.8.-15.9. 2020, die zweite Welle vom 21.9.-9.10.2020, die dritte vom 19.10.-6.11.2020 und die vierte vom 20.11.-3.12.2020. Somit lassen sich auch die Stimmungsveränderungen über die Monate hinweg gut dokumentieren, natürlich im Wissen, dass seit Beginn 2021 und neuer Umstände wie dem mutierten Coronavirus die Stimmung inzwischen bereits wieder geändert haben könnte. Zwei weitere Wellen sind geplant bzw. am laufen.

Insgesamt machen 5742 Personen mit; aus der Schweiz sind es 296. Beim Gesamtresultat zeigt sich aktuell, dass kurzfristig die Reiselust (für Reisen bis Ende Februar) deutlich, um 21 Prozent, abgenommen hat, d.h. aktuell wieder eine Wartehaltung erkennbar ist. Demgegenüber zeigt sich Optimismus, gepaart mit dem Aufkommen der Impfmöglichkeiten, sodass für den Zeitraum April bis Juni die Reiseabsicht um 20 Prozent zugenommen hat, jeweils im Vergleich zu Welle 3. Insgesamt haben 19 Prozent der Antwortenden angegeben, zurzeit gar keine Reisepläne mehr zu schmieden, während 50 Prozent an ihren Reiseplänen so oder so festhalten werden und falls nötig die Reisen nochmals verschieben würden.

Das sagen die Schweizer

Die Schweizer legen im Vergleich zu Antwortenden aus anderen europäischen Ländern ziemlich Zuversicht an den Tag. Bei der Frage nach den «Reiseabsichten in den kommenden sechs Monaten» antworten aktuell noch 26 Prozent, dass sie nicht oder höchstwahrscheinlich nicht reisen werden. Das ist gegenüber der Welle 3 immerhin ein Rückgang von 17 Prozent und der tiefste Stand seit Beginn der Umfrage 2020. Allerdings ist auch der Anteil jener zurückgegangen, welche eine Reise in den kommenden sechs Monaten sicher oder höchstwahrscheinlich unternehmen werden, auf 45,3 Prozent, während die «Abwartenden» inzwischen bereits 28,7 Prozent ausmachen - also jene, die eigentlich gerne reisen wollen, aber auf Nummer sicher gehen wollen und deshalb aktuell noch nicht buchen.

Parallel dazu steigt der Anteil jener, die in 5-6 Monaten reisen wollen, um satte 35 Prozent an, während die Reiseabsicht in näherer Zukunft relativ tief bleibt und teils gar abnimmt.

Spannend auch, wohin die Schweizer offenbar reisen wollen: Der Anteil jener, die innerhalb der Schweiz reisen wollen, hat ganz leicht zugenommen, während der Anteil an beabsichtigten Fernreisen deutlich von 15,6 auf 19,7 Prozent zugenommen hat innerhalb einer Umfrage-Welle. Dies spricht dafür, dass die Situation innerhalb Europas als besonders volatil aufgenommen wird, derweil Fernziele wie die Malediven oder die Dominikanische Republik eine gewisse «Corona-Sicherheit» ausstrahlen dürften. Untermauert wird dies von den (leichten) Rückgängen bei der Reiseabsicht innerhalb Europas. Bei der Rangliste der Staaten, deren Bewohner am ehesten im eigenen Land Ferien verbringen wollen, figuriert die Schweiz auf Rang 4, hinter Polen, Italien und Österreich, aber etwa noch vor Spanien.

Die Schweizer Umfragewerte im Überblick. Quelle: ETC Survey

Generelle Trends

Bei weiteren Resultaten wird leider nicht mehr auf landeseigene Umfragewerte verwiesen. Dennoch sind die Resultate interessant. Zum Beispiel: Bei aktuellen Reiseplanungen spielen Überlegungen zu «Gesundheit und Sicherheit» die grösste Rolle (22,5%), gefolgt von «Entspannung und Seelenruhe» (14,6%), «Preis/Erschwinglichkeit» (10,3%), «Komfort» (8,5%), «Entdeckungen» (5,9%) und «Privatsphäre» (5,5%). Letzteres haben die Lockdown-geplagten Europäer zuletzt offenbar genug genossen, dennoch gibt man sich vorsichtig.

Aktuell am meisten Sorgen bereiten den potenziellen Reisenden die drohenden Quarantänemassnahmen (14,6%), gefolgt von der Möglichkeit, am Zielort zu erkranken (14,3%) und steigenden Infektionszahlen im geplanten Zielgebiet (14,0%). Die Angst ist also primär auf die unsichere Entwicklung bei Reisebestimmungen wie auch bei der epidemiologischen Lage zurückzuführen. Erstaunlich tief dagegen ist die Sorge um Buchungs- und Annullations-Vorgaben (7,1%) sowie um Covid-Massnahmen bei den Transport- und Unterbringungs-Firmen (6,1%). Oder anders formuliert: Die Maskenpflicht im Flugzeug schreckt niemanden ab, ständig wechselnde Quarantäneregeln hingegen schon. Untermauert wird dies übrigens auch durch eine sanfte Steigerung des Vertrauens in das Flugprodukt über die vier Wellen hinweg.

Und wo wir schon bei den Massnahmen sind: 38,6% der Reisenden fühlen sich sicherer, wenn am Zielort die Massnahmen strikt umgesetzt werden; lediglich 8,4% sagen, dass die strikte Umsetzung die Ferienfreude beeinträchtige. Man lernt also, mit der neuen Realität umzugehen - da deren konsequente Umsetzung immerhin das Reisen per se ermöglicht. Das stimmt doch zuversichtlich.

  • Die gesamte Auswertung der 4. Welle dürfen wir aus rechtlichen Gründen nicht publizieren. Weitere Infos gibt es auf der ETC-Website.