Tourismuswelt

Sandra Claus auf dem Lindenhof Zürich, mit Sicht auf die Limmat und Altstadt Zürich. Bilder: Internaut

So will Sandra Claus mit Virtual City Tours durchstarten

Andreas Güntert

Im ersten Lockdown stand Stadtführerin Sandra Claus plötzlich ohne Job da. Da kam ihr die Idee: Virtuelle Stadtführung per Video anbieten. Online-Sightseeing – gesagt, getan, gefilmt.

Als das Coronavirus ab März 2020 dafür sorgte, dass Stadttouristen ausblieben, war auch Sandra Claus unter den Opfern. Live-Stadtführungen waren ein frühes Opfer der Pandemie.

Als der Lockdown kam, gab es für die Stadtführerin nichts mehr zu tun. Da kam Sandra Claus eine Idee: Wenn eine Pandemie den realen Stadtrundgang verhindert, kann die Lösung doch nur heissen: virtuelle Stadtführungen.

Also stellte Sandra Claus mit einem befreundeten Video-Filmer eine Online-Stadtführung durch Zürich auf die Beine. Was ihr von Anfang an klar war: Verschenken würde sie den virtuellen Stadtrundgang nicht. Gut gemachte Online-Exkursionen und Online-Touren dürfen und sollen ihren Preis haben.

Virtuelle Stadtführung: Verschenkt wird nichts

Zunächst stellte Sandra Claus den Online-Stadtrundgang auf die Video-Plattform Vimeo. Tatsächlich fand sie dort bald zahlende Kunden für die rund 15-minütigen Online-Touren. Doch Claus schwebte mehr vor: Die Kunden sollten die virtuelle Stadtführung auch im Multi-Pack mit mehreren Links einkaufen können.

Weil das auf Vimeo so nicht ging, war der nächste Entscheid klar: Erstellung der eigenen Online-Plattform Virtual City Tours für virtuelle Stadtführungen. Was Sandra Claus bei dieser Form des Tourismus wichtig ist: «Wir bieten mehr als übliche Youtube-Handy-Filme. Wir bieten Qualität. Und die hat ihren Preis.»

Problem: Coronavirus verhindert Live-Stadtführung. Lösung: virtuelle Stadtführung per Bildschirm.

Welches Problem löst Dein Startup?

Sandra Claus: Virtual City Tours löst zwei Probleme. Erstens kann man mit unseren Filmen Städte kennenlernen, ohne dass man selber hinreisen muss. Oder bevor man wirklich hinreist.  Zweitens verhelfen wir Stadtführerinnen und –führern in der schwierigen Corona-Zeit zu einem Einkommen.

Und wie tut Virtual City Tours dies?

In dem wir Stadtführungen auf unserer Plattform online stellen. Dies bezüglich Bild und Ton auf qualitativ hohem Niveau. Bisher sind Zürich, Basel und Luzern online. Aktuell sind wir daran, Amsterdam, Stockholm, Salzburg und Paris als nächste Städte auf die Plattform zu bringen.

Wie kam es zum Namen Virtual City Tours?

Das war eine eher leichte Sache. Gestützt auf eine Keyword-Suche auf Google habe ich nach den häufigsten Begriffen gesucht, die unsere Tätigkeit beschreiben. Und bin so auf den selbsterklärenden Namen Virtual City Tours gekommen.

Wie verdient Dein Startup Geld?

Das Geschäftsmodell stützt sich auf zwei Kundengruppen. Zum ersten einmal Einzelpersonen, die sich virtuellen Stadtführungen für 3.50 Franken pro Folge anschauen können. Wichtiger dürfte aber wohl das B2B-Geschäft werden, also die Verkäufe, die wir mit professionellen Kunden erzielen. Die Idee ist es hier, ganze Pakete mit Links zu virtuellen Führungen anzubieten. Etwa an Hotels. Beim Verkauf von Link-Paketen fallen die Preise natürlich tiefer aus als beim Einzelverkauf. 50 Links bieten wir für 150 Franken an, 100 Links für 250 Franken.

Wer ist die Zielgruppe von Virtual City Tours?

Wie schon gesagt: Das können Kunden aus dem B2C-Bereich sein, also vor allem Reisewillige. Und natürlich auch Menschen, die nicht mehr reisen können – und ihr Fernweh per virtueller Stadtführung stillen. Im B2B-Bereich ist die Zielgruppe fast unbeschränkt gross. Neben Hotels können es auch Relocation-Firmen sein, Altersheime, Hochschulen oder Arbeitgeber jeder Couleur. Einfach all jene Firmen oder Organisationen, die ihren Kunden, Geschäftspartnern oder Mitarbeitern eine virtuelle Einführung in eine Stadt geben wollen. Eine frühe B2B-Kundin ist beispielsweise die Schweizer Botschaft in Washington D.C.

Virtual City Tours-Gründerin Sandra Claus, im Niederdorf, einer der Sehenswürdigkeiten von Zürich.

Welches ist Eure grösste Herausforderung?

Die Online-Bekanntmachung und –Vermarktung ist eine riesige Herausforderung. Nicht weniger anspruchsvoll ist es, jetzt weitere Städte in der gewünschten Qualität auf die Plattform zu bringen. Ebenfalls eine Challenge ist es, lokale und regionale Tourismusbüros für eine Zusammenarbeit zu gewinnen. Bis auf wenige Ausnahmen war die Resonanz von Schweizer Tourismus-Organisationen bisher null. Das finde ich schade und unverständlich.

Welches sind die nächsten Meilensteine?

Meistens bin ich nicht der Typ, der sich an konkret gesetzten Zielen orientiert. In der Regel laufe ich lieber einmal los und nutze dann die Möglichkeiten, die sich an der Strecke ergeben. Aber weil 2021 unser erstes volles Geschäftsjahr ist, wollen wir alle Chancen packen. Definiert haben wir das so: Unser Ziel ist es, bis Ende 2021 mindestens 20 verschiedene Städte auf unserer Plattform zu haben.

«Bis 2030 hoffe ich auf eine weltweite Bekanntheit».

Welches war der bisher grösste Flop? Und was hast Du daraus gelernt?

An einen richtig grossen Flop kann ich mich nicht erinnern. Dafür war die Zeit wohl auch zu kurz bisher. Aber gelernt habe ich schon einiges. Zum Beispiel dies: Der Aufbau einer Online-Plattform ist immens aufwendiger, als man sich das so denkt. Es ist zeitraubender und finanziell intensiver, als ich mir das je hätte vorstellen können.

Wie gross soll Dein Startup für virtuelle Stadtführungen in drei Jahren sein?

Dann müsste Virtual City Tours Reisenden ein Begriff sein, am liebsten europaweit.

Wo steht Virtual City Tours in zehn Jahren?

Bis 2030 hoffe ich auf eine weltweite Bekanntheit.