Tourismuswelt

Sunday Press KMU werden von der Schweiz im Stich gelassen

Die Härtefallentschädigungen sind für viele Firmen unzureichend. Im Ausland scheinen Regierungen grosszügiger zu agieren. – Swiss und SBB vertiefen ihre intermodale Kooperation. – Die Pandemie lässt die (Reise-)Versicherungsprämien steigen – Trotz allem gute Prognosen für die allgemeine Wirtschaftsentwicklung.

Ist die Schweiz zu knausrig mit Corona-Hilfen?

Das Thema «Härtefallhilfe» bewegt schweizweit viele Branchen und Tausende Unternehmer und Arbeitnehmer. Auch in der Reisebranche ist das ein Riesenthema - und bislang geben sich viele Reiseunternehmer kritisch.

Fakt ist: Die Schweiz ist eines der reichsten Länder der Welt, mit rekordtiefem Schuldenstand zu Beginn der Corona-Pandemie auf rekordtiefem Niveau. Trotzdem ist unser Land bei der Hilfeleistung für von Umsatzeinbussen betroffenen Firmen so knausrig wie fast kein anderes Industrieland. Wie die «SonntagsZeitung» anhand von Zahlen des Internationalen Währungsfonds darlegt, sprach die Schweiz bis Mitte September Corona-Nothilfen in Höhe von 4,8 Prozent des Bruttoinlandprodukts. Zum Vergleich: In Deutschland waren es 8,3 Prozent, in Grossbritannien 9,2 Prozent, in Japan 11,3 Prozent, in den USA 11,8 Prozent, in Singapur gar 16,1 Prozent. Die Schweiz gibt damit ähnlich wenig aus wie Italien (4,9 Prozent) und etwas mehr als Spanien (3,5 Prozent), die jedoch beide unter einem hohen Schuldenberg leiden. Selbst deutlich ärmere Länder wie Brasilien (8,3 Prozent), Peru (6,6 Prozent) und Südafrika (5,3 Prozent) werfen mehr Geld auf als die Schweiz.

Die Folgen der knausrigen Schweizer Politik offenbaren sich jetzt in der Gastronomie, in der Eventbranche und natürlich auch in der Reisebranche, wo die Umsatzeinbussen im letzten Jahr und auch weiterhin enorm sind. Zunehmend müssen Kleinunternehmer in Not sogar ihre Altersguthaben anzapfen, um ihre Existenz zu retten. Viele fühlen sich von der Schweiz im Stich gelassen, zumal Bundesrat, Parlament und Kantone den Unternehmen in besonders hart betroffenen Branchen zwar seit Monaten Hilfe in Form von Härtefallentschädigungen versprechen, doch ist bis heute kaum Geld geflossen: Von 2,5 Milliarden Franken, die der Bund und die Kantone für Härtefälle bewilligt haben, wurden gemäss einer Umfrage der «Handelszeitung» gerade mal 8,4 Millionen Franken ausbezahlt. Das ist weniger als ein halbes Prozent. Der Hauptgrund: Geld gibt es nur bei einem Umsatzrückgang von mindestens 40 Prozent, und auch dann werden höchstens 10 Prozent des Umsatzes ausbezahlt. Viele Kantone haben ein noch restriktiveres Auszahlungsregime.

Die vergleichsweise bescheidene Corona-Hilfe der Schweiz gerät nun zunehmend in die Kritik. Dass die Schweiz mit von der Pandemie betroffenen Firmen so geizig ist, liege vor allem an bürgerlichen Politikern, welche bislang Mietausfallentschädigungen ablehnten und hohe Anforderungen an Härtefallmassnahmen setzten. Doch auch bei diesen setzt sich langsam die Einsicht durch, wonach die Massnahmen im Sommer funktionierten und ausreichten, doch inzwischen genüge es nicht mehr. Eine Hoffnung bleibt den von den Schliessungen besonders betroffenen Firmen: Der Bundesrat wird am Mittwoch über ein neues Hilfspaket diskutieren. Unter anderem soll die Schwelle, ab welcher ein Unternehmen als Härtefall gilt, gesenkt werden.

SBB und Swiss kooperieren: Mit dem Nachtzug hin, im Flugzeug heim

In der «Schweiz am Wochenende» findet sich ein lesenswerter Artikel über eine verstärkte Zusammenarbeit der Schweizerischen Bundesbahn (SBB) mit der Fluggesellschaft Swiss. Demnach wollen die beiden wichtigsten Personentransportunternehmen des Landes Angebote entwickeln, bei denen ein Weg mit dem Flugzeug und einer mit dem Zug gebucht werden kann.

Die Kooperation fusst darauf, dass sich die Unternehmen nicht mehr nur als Konkurrenten ansehen, zumal es nicht mehr so ist, dass man entweder Auto, Zug  oder Flugzeug nimmt für Reisen, sondern ein Modal-Mix moderne Ansprüche befriedigt. Da sich diese Grenzen der Beförderung aufweichen, suchen SBB und Swiss gezielt nach Kooperationen mit anderen Leistungsträgern. Eine Idee, welche die Swiss und die SBB derzeit verfolgen, ist folglich die Kombination beider Verkehrsmittel für Städtereisen. So könnte es Angebote geben, bei denen die Anreise mit dem Nachtzug gebucht wird und die Rückreise mit dem Flugzeug, lässt Armin Weber (Leiter Internationaler Personenverkehr, SBB) wissen. SBB-CEO Vincent Ducrot hat diesen Pläne in einem Gespräch mit der «Schweiz am Wochenende» bestätigt und dabei von «coopetition» gesprochen – einem Kunstwort aus dem Englischen, das sich aus «cooperation» und «competition» zusammensetzt.

Christian Sigg, Leiter der Unternehmensentwicklung von Swiss, sagte an einer Podiumsdiskussion der Gruppe «Umverkehr» im November, die Swiss und die Bahn seien nicht primär Konkurrenten, sondern könnten sich ergänzen. «Gerade auf Kurzstrecken müssen wir ein vernünftiges Angebot schaffen, das kombinierbar und einfach buchbar ist», erklärte Sigg. Wichtig sei, dass ein solches Angebot, das Wege mit dem Flugzeug und der Bahn beinhalte, auch in dieser Kombination buchbar sei und als Angebot aus einer Hand wahrgenommen werde. So müsse es auch beworben werden. Eine Swiss-Sprecherin bestätigte inzwischen auf Anfrage, die Airline stehe mit den SBB im engen Austausch, «um auf das steigende Kundenbedürfnis nach einer nahtlosen Kombinierbarkeit der verschiedenen Verkehrsmittel zu reagieren».

In einer ersten Phase stünden allerdings Verbindungen in der Schweiz im Fokus, nämlich in die grossen Städte und touristisch relevanten Orte. Solche Angebote dürften vor allem für Touristen interessant sein. Aufgrund der Coronakrise und in Folge reduzierter Ressourcen und Einstellungs- und Investitionsstopps bei der Swiss seien solche Themen «etwas in den Hintergrund gerückt». Eine im Herbst 2019 abgeschlossene strategische Partnerschaft zwischen der Swiss und den SBB sei aber langfristig ausgelegt und habe das Ziel, das Reisen mit verschiedenen Verkehrsmitteln zu fördern. Das gelte auch für Reisen über die Landesgrenzen hinweg, so die Sprecherin.

Wie sich der internationale Flugverkehr und das Angebot der Swiss diesen Sommer entwickeln, ist noch unklar. Dass das Angebot auf der Schiene allerdings wächst, ist jetzt schon klar: Ende Jahr wird ein neuer Nachtzug eingeführt, der Zürich und Basel mit Amsterdam verbindet.

Steigende Versicherungsprämien wegen der Pandemie

Die Corona-Welle trifft Versicherungskonzerne mit voller Wucht. Diese werden seit Ausbruch der Pandemie mit rekordhohen Meldungen über Schadensfälle überhäuft, wie Zahlen der Zurich-Versicherung und von AXA zeigen, was die «SonntagsZeitung» berichtet. Weil diese beiden Grossversicherungen einen für die Gesamtbevölkerung repräsentativen Versichertenbestand haben, lasse dies den Schluss zu, dass die Kosten auch bei anderen Versicherern steigen.

Auch die Reisebranche ist da direkt involviert, und nicht immer zufrieden mit den Leistungen der Versicherer. Bis heute verzeichnen diese allerdings überdurchschnittlich viele Schadenmeldungen in der Reiseversicherung. Ein Grossteil davon betreffen die ständig ändernden Quarantänebestimmungen. Bei der Zurich-Versicherung lagen die Schadenmeldungen bei der Reiseschutz- und Assistance-Versicherung im ganzen Corona-Jahr achtmal höher als im Schnitt. Zehntausende Menschen mussten im Lockdown auf gebuchte Reisen verzichten oder in aufwendigen Rückkehraktionen in die Schweiz zurückgebracht werden. Im März gingen bei der Axa über 3500 Schadenmeldungen ein, im Rekordmonat April waren es viermal mehr Meldungen als im Vorjahr, auch im Oktober waren sie noch doppelt so hoch. Auf die Versicherer kamen ständig neue Deckungsfragen zu, unter anderem weil zahlreiche Grossanlässe wie die Fussball-Europameisterschaft, Tennisturniere oder der Karneval in Venedig abgesagt wurden.

Die Schadensfälle schiessen aber noch in ganz anderen Bereichen in die Höhe: So hacken sich etwa Cyberkriminelle bei immer mehr Firmen-Mitarbeitenden, die im Home Office arbeiten, ins Heimbüro. Solche Schäden aufgrund von Cyberangriffen haben im letzten Jahr um 250 Prozent zugenommen, sagt die Zurich-Versicherung. Die Angriffe auf Firmen erfolgten am häufigsten über E-Mails, nicht aktualisierte Firewalls oder unsichere Passwörter. Die Angreifer, die sich Zutritt zum System verschaffen konnten, verschlüsseln Datenbanken und verlangen Lösegeld, um sie wieder zu entschlüsseln. Oder sie schleusen Viren ein, sodass die Programme nur noch langsam oder gar nicht mehr arbeiteten.

Die Corona-Krise hinterlässt auch in rechtlicher Hinsicht ihre Spuren. Die Rechtsschutzversicherung von Axa wird seit Beginn der Krise mit Anfragen überrannt. Allein in den ersten acht Monaten des vergangenen Jahres stiegen die Fallzahlen beim schweizweit grössten Rechtsschutzversicherer im Vorjahresvergleich um 21 Prozent. Häufig ging es um Fragen des Arbeitsrechts: Lohn während der Kurzarbeit, Kündigungen aufgrund von Corona, Fragen rund um das Homeoffice, Lohnfortzahlungen während der Quarantäne für Reiserückkehrer.

Nicht zuletzt gab es auch Zusatzkosten wegen gesundheitlicher Aspekte. So müssen etwa Versicherungen für Gesundheitspersonal, das sich infiziert hat, Geld lockermachen, denn im Gesundheitswesen gilt eine Ansteckung am Arbeitsplatz als Berufskrankheit und wird über die Unfallversicherung verrechnet. Darüber hinaus stiegen die Kosten während der Pandemie wegen psychischer Erkrankungen wie Burn-outs und Depressionen. Und es gab auch hohe Kosten aus dem Strassenverkehr: Zwar kam es während dem Lockdown zu weniger Schäden, doch das wurde später überkompensiert, weil die Schweizer wegen Covid-19 den öffentlichen Verkehr mieden und verstärkt auf eigenen Rädern zur Arbeit fuhren oder viele die Ferien in der Schweiz verbrachten, was den Freizeitverkehr und damit auch die Zahl der Unfälle ansteigen liesst. Neben diesen Corona-Folgeschäden kommen die Absenzen der Covid-Patienten auf die Krankentaggeldversicherer zu. Allein die Zürich-Versicherung rechnet mit mehreren Millionen Franken.

Das alles wird die Prämien steigen lassen. Die Allianz Suisse hat kürzlich angekündigt, dass die aktuelle Situation sicher zu einer Tarifüberarbeitung führen werde. Der Versicherer rechnet mit einer Erhöhung der Tarife um über 10 Prozent.

Bund sagt Wirtschaftsboom voraus

Viele Firmen müssen wegen der Corona-Pandemie erneut schliessen, etliche kämpfen ums Überleben. Trotzdem signalisiert der Chefökonom des Bundes Zuversicht: Die Wirtschaft werde eine kräftige Erholung erleben, sagt Eric Scheidegger im Interview mit der «NZZ am Sonntag». Laut seiner Prognose wächst sie in diesem und im nächsten Jahr um je 3 Prozent. In einem positiven Szenario seien sogar 4 Prozent möglich: «Ich bin überzeugt, dass sich unsere Wirtschaft schnell wieder aufraffen kann.»

Hoffnung weckt dabei, dass laut Informationen der «NZZ am Sonntag» spätestens am Dienstag die Zulassung des Moderna-Impfstoffes erfolgt. Die Schweiz hat 7,5 Millionen Dosen eingekauft. Die Chancen stehen gut, dass bis Sommer die Hälfte der Bevölkerung eine Impfung erhält.

Vermischtes

Im Reiseteil der «SonntagsZeitung» geht es vorweigend um Themen aus der Schweiz bzw. dem Wintersport. Auf einer ganzen Seite werden «Die fünf schwierigsten Schlittelbahnen der Schweiz» (Wildhaus-Unterwasser SG, Rinerhorn-Davos GR, Muottas Muragl-Pontresina GR, Engelberg OW, «Big Pintenfritz»-Grindelwald BE) präsentiert. Daneben gibt es einen Artikel über den früheren Banker und jetzigen Hotelier Jan U. Schoch vom Hotel Bären in Gonten im Appenzellerland, mitsamt Winter-Tipps für einen Aufenthalt im dortigen Gebiet. Ebenso wird über einen «Winterkodex» im österreichischen Vorarlberg berichtet, mittels welchem Schweizer in Skigebiete im Nachbarland gelockt werden sollen.

In der «NZZ am Sonntag» findet sich überdies ein Text mit dem Titel «Spucktest, Maske und Impf-App sind die neuen Flugbegleiter»; Travelnews hat über diese Themen (siehe Links) auch schon berichtet.

(JCR)