Tourismuswelt

Aus den Reisen nach Marokko, Portugal, Indonesien und ins Sittertobel wurde zum Leidwesen von Nina Wild nichts. Bild: Adobe Stock

Mein 2020 Ein gestohlenes Jahr

Nina Wild

Alles was Spass macht ist verboten. Kein leichtes Unterfangen für die 24-jährige Travelnews-Reporterin Nina Wild, die sich gerne unter Menschen mischt, Festivals zelebriert und die Welt ausserhalb der Schweizer Grenzen viel toller findet.

Viele kleinere und grössere Erlebnisse sollten mich in diesem Jahr mit Glück erfüllen. Stattdessen fiel eines nach dem anderen wie Dominosteine um.

Die Tragödie nahm am 28. Februar ihren Lauf. Fast ein Jahr lang habe ich mich auf das Konzert der deutschen Rockband «AnnenMayKantereit», das an diesem Abend im Hallenstadion in Zürich stattfinden sollte, gefreut. Doch am selben Tag trat der Bundesratsbeschluss in Kraft, dass Veranstaltungen über 1000 Personen bis auf Weiteres verboten sind. Für mich ist eine Welt zusammengebrochen. (Ein grosses Danke gebührt hier meinem Chef Jean-Claude Raemy, der mir ironischerweise ein Corona-Bier besorgt hat, um mich aufzumuntern. Hat mässig genützt.)

Über Ostern hatte ich einen Marokko-Trip mit einer Freundin auf dem Schirm. Eine Rundreise sollte es werden, inklusive Übernachtung in der Wüste unter den funkelnden Sternen. Und natürlich ein paar Tage Strand. Jeden Tag Falafel essen. In eine mir völlig fremde Kultur abtauchen. Doch der Bunderat rief am 16. März den Lockdown für die Schweiz aus. Zu diesem Zeitpunkt stand bereits ein Grossteil der Flugzeuge am Boden. «Bleiben Sie zuhause», mahnte der Bundesrat. Naja, wenn's denn halt sein muss - bis im Sommer wird es sicher wieder besser.

Der nächste Dämpfer

Die Lage entspannte sich tatsächlich und die Fallzahlen konnten immer weiter reduziert werden. Hoffnung auf einen grandiosen Sommer liegt in der Luft. Doch der nächste Dämpfer lässt nicht lange auf sich warten. In diesem Jahr gibt es nämlich keine Festivals. Auf mein heissgeliebtes Openair St. Gallen muss ich in diesem Jahr verzichten. Es tut mir leid, aber ein Sommer ohne die ausgelassene Stimmung mit tausenden anderen feierwütigen Menschen im Sittertobel ist einfach kein richtiger Sommer. (Das war übrigens die zweite Möglichkeit in diesem Jahr, meine Lieblingsband live zu sehen.) Und es nervt, dass die Vorfreude immer wieder zerstört wird.

Es wird Herbst in der Schweiz. Die vergangenen Monate haben mir gezeigt, dass ich mir besser keine Hoffnungen mache, dass ich die geplante dreiwöchige Indonesien-Reise antreten kann. Das war gut, denn Überraschung, auch diese fällt ins Wasser. Mein ultimativer Plan B ist ein Trip nach Portugal. Dort gibt es auch coole Leute und super Surf-Spots. Kurz vor meinen Ferien ergatterte sich das Land noch einen Platz auf der Quarantäneliste des BAG. Danke für nichts.

Zuversicht und Enttäuschung liegen in diesem Jahr für mich ganz nahe beieinander. Ich wäre nicht ich, wenn ich nicht dennoch das Beste rausgeholt hätte. Den Sommer habe ich in vollen Zügen genossen: Beim Velofahren im schönen Thurgau, beim Wakeboarden im Lienipark oder Wandern in den Bergen. Zeitweise habe ich sogar das Homeoffice ins Tessin verlegt, um direkt aus dem Bett in den Luganersee zu hüpfen.

Aber noch viel lieber hätte ich mich auf abenteuerliche Reisen im Ausland begeben und mich einfach treiben lassen. Mich vielleicht auch mal verlaufen - um so wieder mehr zu mir selber zu finden. Seite an Seite mit meinen Freunden getanzt und aus dem selben Glas getrunken. Gemeinsam hätten wir die Nacht zum Tag gemacht. Aber es kam nun Mal anders und alles was so richtig Spass macht und mich erfüllt, ist noch immer verboten.


Bisher erschienen in der Serie «Mein 2020»: