Tourismuswelt

Sunday Press Städtetouristiker hoffen auf globalen Impfpass

Die Wirkung von Impfungen soll der Buchungsmisere in den Schweizer Städten ein Ende setzen. – Skigebiete kämpfen um neue Gäste. – Das sagen Flugbegleiterinnen, die ihren Job verloren haben.

Die Sonntagspresse beschäftigt sich heute mit der Frage, in welcher Form der Wintertourismus in den Schweizer Bergen erfolgt und welche Auswirkungen die angekündigte Corona-Impfung hat. Auf eine solche hoffen insbesonder die Schweizer Städte, die seit Monaten in den Seilen hängen.

Im Herbst hätten die Touristiker in den Städten noch gehofft, dass zumindest noch Weihnachtsmärkte stattfänden, schreibt die «Sonntagszeitung». Diese Hoffnung habe sich mit steigenden Corona-Zahlen jedoch zerschlagen. Guglielmo Brentel, Präsident von Zürich Tourismus, hofft auf die Wirkung der Impfungen. Er schlägt einen international anerkannten Impfausweis vor. Die Schweiz müsse jetzt mit anderen Ländern über eine gegenseitige Anerkennung eines solchen Ausweises verhandeln.

«Wenn die Impfung tatsächlich zu 90 Prozent oder mehr wirkt, wie das bei zwei der drei aussichtsreichen Kandidaten der Fall sein soll, dann ist das Virus bald gegessen», prophezeit Brentel. «Wir sollten die Zeit nutzen, um uns Gedanken zu machen, wie wir den internationalen Reiseverkehr wieder hochfahren können, ohne dass schon die ganze Bevölkerung durchgeimpft sein muss», sagt Brentel und schlägt einen international anerkannten Impfausweis vor. «Die Schweiz muss jetzt beginnen, mit anderen Ländern über eine gegenseitige Anerkennung eines solchen Ausweises zu verhandeln.» Nur wenn der weltweite Reiseverkehr wieder zum Laufen komme, könne sich der Städtetourismus rasch wieder erholen. Brentel hat die Weltgesundheitsorganisation auf seiner Seite. Die UN-Behörde plant einen elektronischen Impfpass für internationale Reisen.

Die Stadthotellerie trifft die Corona-Pandemie hart. Während die Bergdestinationen dank der Skigebiete attraktiv sind, zieht es nur wenige Touristen in die Städte. Tiefer könne das Buchungsniveau kaum noch sinken, sagt Andreas Züllig, Präsident von Hotelleriesuisse, dem «SonntagsBlick».

Kantone beraten neue Massnahmen

Obwohl diese Woche Deutschland, Frankreich und Italien die Schweiz darauf gedrängt haben, die Skisaison bis im Januar stillzulegen, hat sich der Bundesrat bekanntlich für einen Betrieb ausgesprochen, wenn auch mit einigen Auflagen. Geschlossene Gondeln dürfen nur zu zwei Dritteln besetzt sein, ins Restaurant Einlass gibt es nur bei freien Tischen. Wer ansteht, muss eine Maske tragen und den Abstand einhalten. Eine Maskenpflicht gilt auf allen Bahnen, auf Ski- und Sesselliften.

Doch das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Schliesslich steigen die Corona-Zahlen in den letzten Tagen in einigen Kantonen wieder an. In einem Sitzungsmarathon haben Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga und Gesundheitsminister Alain Berset am Samstag per Video-Konferenz die Regierungen von sechs Kantonen aufgefordert, angesichts steigender Infektionen mit dem Coronavirus die Massnahmen zu verschärfen. Laut «NZZ am Sonntag» und «SonntagsBlick» nahmen Vertreter der Kantone Aargau, Basel-Landschaft, St. Gallen, Solothurn Tessin und Thurgau an den Gesprächen teil.

Das Treffen zeigte Wirkung. In den nächsten Tagen wollen die Kantone über Massnahmen beraten und Entscheide fällen. Bundesrat Berset fordert ein konsequentes Vorgehen. So sollen Freizeit- und Kultur-Einrichtungen geschlossen werden. Auch die Obergrenze für Veranstaltungen soll rasch weiter sinken. Allenfalls sollen auch Restaurants in die Zwangsferien geschickt werden. Handeln die Kantone nicht rasch, greife der Bund durch. Dem Vernehmen nach zeigten sich die meisten Kantone kooperativ.

Kein Verständnis für Restaurant-Schliessung

Der «Sonntagsblick» hat sich in Davos auf den Pisten umgeschaut und stellt fest, die Masken werden getragen, die Abstände beim Anstehen eingehalten. Dass die Bündner Regierung nun aber beschlossen hat, ab dem 4. Dezember alle Restaurants für 14 Tage zu schliessen, sorgt bei Gastronomen für einen Schock. «Dafür habe ich kein Verständnis», sagt Cyrill Ackermann, Chef des Hotels Grischa. «Hätte man das nicht früher machen können?» Seit Monaten habe er investiert und seine Restaurants coronakonform gemacht. «Wir haben alles geschluckt – und jetzt das! Was kommt nach diesen zwei Wochen?», fragt er kopfschüttelnd. «Eine dritte? Eine vierte?»

Martin Vincenz, Direktor von Graubünden Ferien, zeigt aber Verständnis: «Natürlich hätten wir lieber offene Restaurants. Aber es ist doch besser, wir schliessen jetzt als über Weihnachten.»

Neue Angebote in Skigebieten

Um die Gäste in den Wintersportorten möglichst gut verteilen zu können, lancieren die Skigebiete neue Angebote, stellt die «Sonntagszeitung» fest.

Im Skigebiet Glacier 3000 (Les Diablerets/Gstaad) ist in diesem Winter die Grotte beim Scex Rouge besonders spektakulär. Das abfliessende Wasser hat eine begehbare Sandbank freigelegt. Betreten auf eigene Gefahr. St. Moritz lanciert auf dem St. Moritzersee eine ein Kilometer lange Eisbahn präpariert. Daneben wird ein kleines Dorf mit Liegestühlen, Strandkörben, Musik und Essensständen aufgestellt.

Am Fuss des Simplonpasses im Wallis setzen die Touristiker auf die Sammelwut der Schweizer. Statt Cumulus- oder Superpunkte gibt es dort Gipfelpunkte. Auf der «Simplon Winter-App» stehen den Skitouren- und Schneeschuhgängern 25 Touren zur Verfügung. In der der Region Dents du Midi steht für Skitouren-Neulinge eine Einsteigerroute bereit, auf Infotafeln erfährt man alles Wissenswerte zu einem Tourengang.

Der Langlaufsport gehört zu den Profiteuren des Corona-Winters. Darum hat die Skischule Corvatsch-Pontresina ungewöhnliche Massnahmen ergriffen. Sie lässt ihre Skilehrer umsatteln. 15 Skilehrer werden fitgemacht für den Langlaufunterricht. Und auf der Engstligenalp setzt man auf Eisklettern. Dort können Touristen auf diversen Routen die gefrorenen Engstligenfälle beklettern.

Berge von Schnee

Schneefallmengen von bis zu 70 Zentimetern haben in der Nacht auf Samstag zu Problemen auf Schienen und Strassen geführt. Im Tessin war der Zugverkehr teilweise unterbrochen. In Graubünden kam es in der Surselva zu Stromausfällen, wie der «Sonntagsblick» berichtet. In den Bergen waren einige Strassen für den Schwerverkehr gesperrt oder nur mit Schneeketten passierbar. Es kam zu mehreren Unfällen. In Sachseln (OW) stürzte ein Auto mehrere hundert Meter einen Abhang hinunter. Die beiden Insassen wurden schwer verletzt. In den Alpen ist die Lawinengefahr meist erheblich bis gross.

Kein Imageschaden

Herr Nydegger, für den Schweizer Tourismus war es eine super Woche, spricht die «NZZ am Sonntag» den Schweiz-Tourismus-Chef an, erst schneite es, dann hab der Bundesrat weitgehend auf Einschränkungen für die Skigebiete verzichtet. Dazu sagt Nydegger: «Für uns ist es ein Befreiungsschlag. Es wurde so viel Druck aufgebaut, wir sassen wirklich auf Nadeln. Die Branche befand sich ja mitten in den Vorbereitungen. Nicht auszudenken, wenn wir das alles plötzlich hätten stoppen müssen.»

An einen Imageschaden im Ausland wegen der vielen Negativschlagzeilen glaubt Nydegger nicht: «Die anderen Länder haben auch ihre Probleme, und die Schweiz ist da nicht zuoberst auf der Prioritätenliste. Ausserdem, und das liest man bei uns nirgends, gibt es auch ganz viele Leute, die es gar nicht so schlecht finden, wie es die Schweiz macht.»

Weiterhin hofft der oberste Touristiker des Landes auf zahlreiche Schweizer Gäste, auch solche, die es in anderen Jahren im Winter nicht in die Berge gezogen hat: «Wir wollen jenen das Element Schnee näherbringen, die bis jetzt lieber internationale Städtetrips gemacht haben oder über Weihnachten nach Thailand geflogen sind. Es gibt ja auch ganz andere Aktivitäten als Ski fahren. Und so eine verschneite Winterlandschaft ist doch einfach auch gut fürs Gemüt. Wir rechnen damit, dass wir rund 10% mehr Schweizer Gäste haben werden als sonst.»

Carabinieri stoppen Skifahrer in Zermatt

Wie die Italiener nun auf den in der Schweiz stattfindenden Skibetrieb reagieren, hat die «Sonntagszeitung» bei einem Besuch in Zermatt ausfindig gemacht. Wer sich bis zur Station Klein Matterhorn auf 3821 Meter über Meer hinaufwagt und von dort die Abfahrt Richtung Italien in Angriff nehmen will, wird gestoppt: Die Piste ist mit einem improvisierten Grenzzaun abgesperrt. Und damit sich wirklich niemand ins verbotene Tal hinunterwagt, patrouillieren zwei Carabinieri auf Ski.

Die Ordnungshüter kommen aus Cervinia, dem Dorf auf der südlichen Seite des Matterhorns. Erwischen sie einen Schweizer Skifahrer, der trotz Absperrung die Abfahrt nach Italien nimmt, stellen sie Bussen von bis zu 400 Euro aus.

Impfaktion ab Januar

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) erwartet den Start der Corona-Impfaktion in der Schweiz Anfang Januar. Geplant sind bis zu 70'000 Impfungen pro Tag. Die Impfungen sollen bis zum Sommer dauern. Es sollen sechs Millionen Menschen geimpft werden können. Bis im Januar sollte in der Schweiz ein erster Impfstoff zugelassen sein. Dies sagt Virginie Masserey, Leiterin Infektionskontrolle beim BAG, in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag». Geplant sei, im ganzen Land gleichzeitig mit den Impfungen zu beginnen.

Mehrere Kantone seien bereits sehr weit mit den Vorarbeiten. Andere prüften noch, wie viele Impfzentren sie einrichten wollten. Die hohe Zahl von Impfungen sei nur mit grossen Zentren möglich. Das könnten Turnhallen, Zivilschutzanlagen, Spitäler, Arztpraxen oder Apotheken sein. Die Kantone entschieden über die Zahl der Zentren. Zuerst sollten Risikogruppen geimpft werden. Neben Senioren seien dies unter anderem Diabetiker, Menschen mit chronischen Lungenkrankheiten oder Bluthochdruck.

Pragmatischer Weg

Die Wogen der Diskussionen, was nun in der aktuellen Corona-Situation richtig und falsch ist, gehen derzeit hoch. Der ruppige Ton in den Leserkommentaren aller Medien verdeulicht dies. Die «Schweiz am Wochenende» kommentiert die aktuelle Lage so:

«In Summe darf man festhalten, dass Bern mit den Beschlüssen von Freitag am liberalen und pragmatischen Weg der Seuchenbewältigung festhält. Das hebt sich wohltuend vom deutschen Rigorismus und vom französischen zentralstaatlichen Weg ab, mit dem Paris den Bürgern jede Luft zum Atmen abschnürt. Kritiker gerade in jenen Ländern, aber auch hierzulande, mögen an diesem Weg bemängeln, dass er Tote in Kauf nehme. Ihnen sei gesagt: Politik muss, wenn sie verantwortungsvoll sein soll, stets Güterabwägungen vornehmen. Dazu gehören auch wirtschaftliche Aspekte. Und es gehört dazu die Frage der Wohlfahrt der breiten Masse der Bevölkerung. Ein Weihnachtsfest feiern oder dem Hochnebel für ein paar Tage auf die Pisten entfliehen zu können, gehört dazu.»

Mein Leben als Flugbegleiterin

Der «Sonntagsblick» hat mit zwei Flugbegleiterinnen und einem Piloten gesprochen, die sich schweren Herzens von ihrem Beruf verabschiedet haben. Für sie war Fliegen weit mehr als nur ein Job.

«Als ich im Oktober meinen letzten Flug hatte, sind am Schluss die Tränen geflossen. Ich war zwei Jahre Vollzeit Flight Attendant bei der Swiss und hatte eigentlich vor, das mein ganzes Leben lang zu bleiben», sagt eine der Flugbegleiterinnen, die jetzt in der Buchhaltung einer Firma arbeitet, die Gartengeräte verkauft. «Ein, zwei Tage an Ferienorten wie Daressalam in Tansania kamen mir vor wie ein Klassenlager, von dem man sich wünscht, dass es niemals zu Ende geht», blickt sie zurück.

Die zweite Flugbegleiterin schwärmt ebenso: «Jeder, der schon mal geflogen ist, kennt das Kribbeln, das einen beim Start erfasst. Das Gefühl einer Chance, die sich bietet, etwas Neues kennenzulernen. Ich spüre immer ein starkes Gemeinschaftsgefühl in der Kabine. Niemand kann sie verlassen, man muss sich arrangieren.» Jetzt arbeitet sie am Empfang im Unispital Zürich. «In meiner Freizeit fahre ich oft mit meiner Vespa zum Outdoor-Grill am Flughafen Zürich, spaziere am Rand des Naturschutzgebiets und schaue den wenigen Flugzeugen zu, die im Moment starten und landen. Das beruhigt mich.»

Und der gekündigte Swiss-Pilot blickt ebenfalls nostalgisch zurück: «Es war ein Privileg meines Berufs, dass ich quasi in der Pause neue Welten kennenlernen konnte. Ich bin mit dem Velo über die Golden Gate Bridge in San Francisco und mit den Rollerblades den Venice Beach in Los Angeles entlanggefahren, habe in Miami das Beach Life genossen und in Bangkok Streetfood gegessen.»

Kleine Wintesportorte in der Romandie

Auf den Reiseseiten hat die «Sonntagszeitung» in die Romandie geblickt und kleine Wintersportorte ausgemacht. Die sieben Geheimtipps lauten: Vallée de Joux VD, Vercorin VS, Ovronnaz VS, Château-d’Oex VD, Charmey FR, Champex-Lac VS und Bugnenets-Savagnières NE/BE. Und zum Samichlaustag hin hat die Zeitung einen Ausflug gemacht nach Flüeli-Ranft, wo Bruder Klaus zum Schutzpatron wurde.

(GWA)