Tourismuswelt

Macht eine Impfpflicht für Auslandreisen Sinn? Bild: Sam Moqadam

Impfung gut, alles gut?

Nina Wild

Seit Beginn der Pandemie gilt der Impfstoff gegen das neue Coronavirus als Hoffnungsträger für das Ende der Krise. Vielleicht wird er in Zukunft sogar zum neuen Ticket, um die Welt bereisen zu können. Es laufen verschiedene Diskussionen darüber, ob eine Impfung Anreiz oder gar Bedingung für Auslandreisen oder Besuche von Grossveranstaltungen sein soll. Verraten Sie uns in der Umfrage, was Sie davon halten.

Ist ein Ende der Pandemie in Sicht? Weltweit tüfteln Unternehmen an Impfstoffen gegen das Virus Covid-19, das unsere Welt ziemlich durcheinander gebracht hat. Noch immer ist der Reiseverkehr stark eingeschränkt und einige Länder werden hart von einer zweiten oder gar dritten Welle überrollt. Doch es gibt einen Lichtblick: In den letzten Tagen gab es wiederholt Erfolgsmeldungen von Pharmaunternehmen hinsichtlich fortgeschrittener Impfstoff-Entwicklungen. Seit Ausbruch der Pandemie gilt ein erfolgreicher Impfstoff als wichtigster Hoffnungsträger auf dem Weg zurück zur Normalität.

Doch mit diesen «Good News» werden auch die Kritiker lauter. Die Unsicherheit über die neuartigen Impfstoffe ist gross. Normalerweise dauert es mehrere Jahre, bis ein Impfstoff von den Behörden zugelassen wird. Weil die gegenwärtige Pandemie jedoch eine Ausnahmesituation darstellt, soll die Zulassung im Schnellverfahren über die Bühne gehen. Experten rechnen damit, dass bereits im Frühling 2021 erste Dosen verabreicht werden könnten, wie Travelnews bereits berichtete.

Das Bundesamt für Gesundheit arbeitet derzeit an einer Aufklärungskampagne, um die Bevölkerung über die Impfung zu sensibilisieren. Doch die ganze Debatte geht noch weiter. Die Aargauer CVP-Nationalrätin Ruth Humbel sagte kürzlich in der Sendung «Sonntalk» von TeleZüri, dass künftig ein Immunitätsausweis notwendig sein könnte, um zu verreisen oder Grossanlässe wie Fussballspiele zu besuchen. Vorausgesetzt natürlich, dass feststeht, dass eine Impfung auch Ansteckungen verhindere. «Wer geimpft ist, hätte mehr Freiheiten», zitiert die «Aargauer Zeitung» Hubel in einem Beitrag.

Immunitätsausweis kommt bei der Bevölkerung gut an

Was hält die Schweizer Bevölkerung von einer solchen Bescheinigung über die Immunität? Dieser Frage hat sich das Universitätsspital Genf angenommen und rund 1400 Einwohner der Stadt in einer Studie befragt. Die Ergebnisse sind kürzlich im Magazin «Swiss Medical Weekly» publiziert worden. Die «Aargauer Zeitung» fasst die wichtigsten Erkenntnisse daraus zusammen: «Rund zwei Drittel gaben an, ein Immunitätsausweis sollte der Bevölkerung angeboten werden, falls die Immunität sichergestellt sei. Nützlich finden die Genfer einen solchen Ausweis vor allem für Flugreisen und Grenzübertritte, aber auch für die Teilnahme an Grossveranstaltungen. 49 Prozent plädierten sogar dafür, Immunitätsausweise für obligatorisch zu erklären. Zwei Drittel wittern aber auch eine Diskriminierungsgefahr.»

Wenn sich also Personen impfen lassen, könnten sie damit von Privilegien profitieren. Es wäre ein gewisser Anreiz. Auch Andreas Widmer, Präsident der Vereinigung der Fachleute für Infektionskrankheiten und Spitalhygiene, sprach sich kürzlich in der «Sonntagszeitung» dafür aus, die Impfung an eben solche Anreize zu binden.

Dass in Zukunft eine Coronavirus-Impfung für eine Auslandsreise bestätigt werden muss, ist gar nicht so abwegig. Die australische Nationalfluggesellschaft Qantas Airways will nämlich eine Impfpflicht für die Passagiere einführen, sagte der Unternehmenschef Alan Joyce dem australischen Sender «9 News» am Montag. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen würden dementsprechend für internationale Reisende angepasst. Ob die Pflicht auch für Inlandsflüge von nationalen Gästen gelte, darüber hat die Airline noch nicht entschieden. Er ist überzeugt, dass er mit der Einführung der Regelung nicht alleine ist: «Ich glaube, das wird eine normale Sache sein - nach Gesprächen mit meinen Kollegen von anderen Airlines zu urteilen.»

Keine Impfpflicht-Pläne bei Swiss und Edelweiss

Die Swiss sieht aktuell von einer Impfpflicht für Passagiere ab: «Swiss begrüsst die schnelle Zulassung eines Impfstoffs gegen Covid-19 und damit die Möglichkeit, möglichst viele Menschen weltweit impfen zu können. Ein verbindlicher Impfnachweis für ihre Fluggäste ist für Swiss aber aktuell kein Thema», sagt Karin Müller, Head of Media Relations bei der Swiss auf Anfrage von Travelnews. «Es liegt in der Verantwortung der einzelnen Regierungen, den Impfstoff ihrer Bevölkerung zeitnah zur Verfügung zu stellen, sobald dieser vorhanden ist, sowie Einreisebestimmungen zu veranlassen. Diesbezüglich begrüsst Swiss, wenn länderübergreifende Regelungen für die Einreise etabliert würden, um einen geordneten Reiseverkehr zu ermöglichen», so die Müller weiter.

Die Edelweiss zeigt sich ebenfalls zurückhaltend: «Wir haben bezüglich einer Impfpflicht für Passagiere noch keine Pläne», sagt Andreas Meier, Head of Corporate Communications bei der Airline, auf Anfrage von Travelnews.

Es ist durchaus denkbar, dass ein Nachweis künftig nicht nur für das Besteigen eines Flugzeuges, sondern auch bei der Einreise in ein anderes Land notwendig ist. Werfen wir hierzu einmal einen Blick auf Asien. Japan hält an der Durchführung der die Olympischen Sommerspiele 2021 fest, die ja in diesem Jahr aufgrund der Pandemie verschoben wurden. Gemäss aktuellen Plänen will Japan einer limitierten Anzahl ausländischer Olympia-Zuschauer die Einreise erlauben und die 14-tätige Quarantäne erlassen, berichtet der «Asienspiegel». Nun kommt der Impfstoff ins Spiel, der als regelrechter «Game Changer» fungieren könnte, sofern er bis zum Mega-Sportevent verfügbar ist. Thomas Bach, Präsident Internationales Olympisches Komitee sagte der Zeitung im Gespräch, dass «man für die Sicherheit Japans und aus Respekt vor der Bevölkerung grosse Anstrengungen unternehmen werde, um Athleten wie auch Zuschauer, die nach Japan reisen, zu impfen, falls dies bis dahin möglich sei. Für die Athleten und deren Mitarbeiter würde das IOK die Kosten für dieses Unterfangen tragen.» Man möchte aber keinen Impfzwang einführen, betonte Bach. Die japanische Regierung äusserte sich noch nicht dazu. Die Zeitung mutmasst jedoch, dass eine Impfpflicht gegen Covid-19 für touristische Reisen in das Land wohl unumgänglich sei. «Alles andere würde in der japanischen Bevölkerung auf Unverständnis stossen», heisst es im Bericht weiter. Zudem habe die Regierung beschlossen, allen Japanern eine Impfung kostenlos zur Verfügung zu stellen. Die grosse Mehrheit der japanischen Tourismusbranche hat bei einer Umfrage angegeben, dass die Entwicklung eines Impfstoffs eine wichtige Grundlage für die Wiederbelebung des stillgelegten Incoming-Tourismus schaffen wird.

Professor Thomas Jelinek, er ist wissenschaftlicher Leiter des Centrums für Reisemedizin in Deutschland, sagt im Interview mit der «FVW», dass Impfungen notwendig seien, um wieder zur Normalität zurückkehren zu können. Er geht davon aus, dass man in der Sommersaison 2021 mit touristischen Reisen rechnen kann. «Aber das hängt natürlich auch davon ab, wie weit die Reiseländer bei ihrer eigenen Bevölkerung sind und inwieweit die akzeptieren, dass geimpfte Menschen zu ihnen kommen. Sie müssen sich also umstellen von ‹Einreisende sind gefährlich› zu ‹Einreisende sind willkommene Gäste›».

Testen, testen und nochmal testen

Fakt ist, dass eine solche einheitliche und global geltende Regelung über die Impfpflicht vieles erleichtern würde. Keine Tests und Quarantäne-Regelungen wären damit mehr notwendig. Wer die Impfung vorweisen kann, darf auch wieder überall hinreisen. Bis es soweit ist und genügend Dosen vorhanden sind, gilt aber testen, testen und nochmal testen. Darum herum kommen wir wohl nicht, wenn wir eine Reise in naher Zukunft unternehmen wollen. Hierzu laufen auch in der Schweiz Projekte.

Karin Müller fährt fort: «Swiss fokussiert zum jetzigen Zeitpunkt im Rahmen eines Lufthansa Group Projekts auf ein Konzept zur Einführung von Schnelltests an den Landesflughäfen Zürich und Genf. Noch befinden wir uns diesbezüglich in der Ausarbeitungsphase allfälliger Pilotflüge für eine Erprobung ab der Schweiz. Ziel ist es, auch während der Pandemie Mobilität und Reisefreiheit zu ermöglichen und gleichzeitig den Gesundheitsschutz zu sichern. Insbesondere Schnelltests können künftig gesundheitlich sicheres Fliegen in Risikogebiete ermöglichen. Sie bieten darüber hinaus grosses Potenzial für den Abbau von Reiserestriktionen zwischen einzelnen Ländern. In bestimmten Fällen kann auch die Kombination eines Schnelltests vor Abflug und ein weiterer Test (Schnelltest oder PCR-Test) nach Ankunft ein zielführender Weg sein, um bei Risikogebieten ein besonders hohes Schutzniveau zu gewährleisten.»