Tourismuswelt

Walter Kunz erläutert im Gespräch mit Travelnews die Erwerbsentschädigung für Reisebüro-Inhaber und weshalb die Härtefall-Hilfe aktuell noch problematisch ist. Bild: zVg

SRV fordert Erhöhung der Härtefallhilfen auf 600 Millionen Franken

Nina Wild

SRV-Geschäftsführer Walter Kunz erklärt im Gespräch mit Travelnews die Erwerbsatzentschädigung für Personen in arbeitgeberähnlicher Position ab 17. September 2020 und erläutert, in welcher Höhe die finanzielle Hilfe des Bundes für die Härtefallbranchen ausfallen muss.

Mit grosser Hoffnung wurde die Verordnung über Erwerbsentschädigung für Angestellte in arbeitgeberähnlicher Position erwartet. Anders als die Angestellten, sind diese Personen nämlich von der Kurzarbeit ausgeschlossen. Doch gerade die Schweizer Reisebürolandschaft, die von der gegenwärtigen Krise besonders getroffen wurde, besteht zu einem Grossteil von inhabergeführten KMU's. Der Bundesrat hat nun eine Lösung gefunden, um den Unternehmen finanziell unter die Arme zu greifen. Doch wie genau funktionieren die Entschädigungen? Travelnews hat sich dazu mit Walter Kunz, Geschäftsführer des Schweizer Reise-Verbands, unterhalten und um Erklärungen gebeten.

«Grundsätzlich kann auf den Lohnausfall eine Entschädigung in Höhe von 80 Prozent geltend gemacht werden», sagt Kunz. Zahlte sich also beispielsweise eine Person vor der Krise einen Lohn in Höhe von 6000 Franken aus und reduzierte das Salär auf 3000 Franken, erhält er von der Differenz von 3000 Franken nun maximal 80 Prozent (2400 Franken) Entschädigung von seiner Ausgleichskasse. Maximal kann pro Monat jedoch eine Entschädigung von 5880 Franken (196 Franken pro Tag) geltend gemacht werden. Diese Verordnung und die Beträge sind schweizweit einheitlich geregelt und die Ausfallentschädigung kann bei jeder Ausgleichskasse beantragt werden, egal ob ein Unternehmen bei der Branchenausgleichskasse Hotela oder der kantonalen Kasse angeschlossen ist.

Wer sich seit dem 17. September 2020 den vollen Lohn ausbezahlt hat, hat keinen Anspruch auf die Lohnausfallentschädigung. Nun stellte sich beispielsweise auf den Sozialen Medien die Frage, ob man nicht einfach den bereits ausbezahlten Lohn ab 17. September wieder zurück auf das Geschäftskonto zahlen und sich hingegen ein tieferes Salär auszahlen kann, um so für den Ausfall eine Entschädigung zu erhalten. Dies ist grundsätzlich möglich, aber es nicht klar, ob mit juristischen Konsequenzen gerechnet werden muss.

Risiko bei drastischer Lohnkürzung

Ebenfalls wichtig zu beachten ist, geht mit dem Gespräch mit Walter Kunz hervor, dass wenn sich ein Arbeitnehmer in arbeitgeberähnlicher Position entscheidet, seinen Lohn beispielsweise von 5000 Franken drastisch auf 1000 Franken zu reduzieren, um eine möglichst hohe Ausfallentschädigung zu erhalten, dass dann nur noch die 1000 Franken versichert sind. Es werden auch nur noch auf diesen Betrag AHV- und BVG-Beiträge bezahlt. Ein gewisses Risiko also. Jeder Unternehmer hat somit die Wahl, ob er entweder möglichst viel von den Ausfallbeiträgen profitieren oder auf der sicheren Seite sein will, falls etwas passiert. Zudem gibt es bei der Lohnfestlegung zu bedenken, dass man nicht unter die gesetzlich festgelegte Minimumgrenze (BVG 21'000 Franken pro Jahr, AHV 2300 Franken pro Jahr) für die Vorsorgebeiträge fällt.

Der SRV sprach sich in einer Mitteilung enttäuscht über die Handhabung dieser Ausfallentschädigung aus - warum? «Es gibt immer zwei Blickwinkel: Aus Steuerzahler-Sicht ist die Verordnung natürlich verständlich. Man kann schliesslich nicht den normalen Lohn beziehen und zusätzlich noch weiteres Geld beziehen. Wir waren enttäuscht weil wir dachten, dass wenn die Firma - also die eigene als Selbständiger oder Angestellter der eigenen Firma - in der Zwischenzeit in die Vorleistung geht, dass man dieses Geld wieder in die Firma zurückführen kann. Wie bei der Kurzarbeit. Wenn Angestellte in Kurzarbeit sind, erhält der Angestellte das Geld nicht zusätzlich zum Lohn, sondern das Geld fliesst zur Stabilisation in die Firma», erklärt Walter Kunz.

Die Entschädigung kann ab dem 17. September 2020 rückwirkend geltend gemacht werden. Doch die Krise hat schon viel früher im März begonnen und deshalb wurde angestrebt, dass die Erwerbsersatzentschädigung auch rückwirkend für die 3½  Monate (1. Juni – 16. September 2020) beantragt werden kann. Wie ist da der Stand? Kunz erklärt: «Ich sehe hierfür keine Chance mehr. Der Bundesrat argumentiert, dass er bei den Reisebüros kein Berufsverbot angeordnet hat, wie es beispielsweise bei den Schaustellern oder bei der Veranstaltungsbranche der Fall war.» Grundsätzlich konnten die Reisebüros in dieser Zeit Ferien verkaufen. «Der Antrag ist zwar immer noch hängig, ich glaube jedoch nicht, dass wir einen positiven Bescheid erhalten werden», so Kunz weiter.

Substantielle Erhöhung der Härtefall-Hilfe gefordert

Der Bundesrat hat sich dafür ausgesprochen, um durch die Krise in Not geratene Firmen, zusätzlich finanziell zu stützen. Insgesamt hat er 200 Millionen Franken gutgeheissen, mit welchen sogenannte Härtefälle unterstützt werden sollen. Die andere Hälfte soll durch die Kantone getragen werden. Dabei hat aber jeder Kanton die Wahl, ob er den Härtefällen helfen will oder nicht. Das sorgt bei Kunz für Unverständnis: «Wenn theoretisch alle Kantone verweigern mitzumachen, dann gibt es gar keine Hilfe. Der Bund zahlt nur dann, wenn auch die Kantone zahlen.»

Stellt nun beispielsweise der Kanton Zürich 40 Millionen für die Härtefall-Hilfe zur Verfügung, dann ist auch der Bund in der Pflicht zur finanziellen Unterstützung. Der Kanton Bern hingegen hat bereits kommuniziert, dass er gar keine Mittel für die Härtefall-Branchen zur Verfügung stellt - somit wäre auch der Bund aus seiner Pflicht entlassen. «Es kann doch nicht sein, dass ein Unternehmen in Bern keine Hilfe erhält, während dann beispielsweise an der Kantonsgrenze zu Solothurn oder Fribourg Geld fliesst, nur weil die Firma in einem anderen Kanton ist. Dagegen kämpfen wir nun an, denn ansonsten wäre das ja eine grobe Wettbewerbsverzerrung», führt der SRV-Geschäftsführer aus. Der Bund soll also auch bezahlen, wenn die Kantone nicht zahlen wollen.

Der Verband kritisiert zudem, dass der Hilfsbetrag für die Härtefallbranchen mit 400 Millionen (200 Millionen Bund und 200 Millionen Kantone), viel zu tief angesetzt ist. «Der Betrag soll substantiell erhöht werden. Unsere Eingabe haben wir zusammen mit den anderen betroffenen Branchen abgestimmt und beträgt 600 Millionen Franken vom Bund», erklärt Kunz. Über die ganze Härtefall-Problematik findet morgen, 13. November 2020 eine Zoom-Medienkonferenz statt. Daran teilnehmen werden Vertreter der verschiedenen Härtefall-Branchen, um die Politik auf die Forderungen aufmerksam zu machen.