Tourismuswelt

Man muss auch das Ende des Tunnels sehen, um weiterhin motiviert zu sein. Bild: Claudia Soraya

Einwurf Jetzt nochmals durchbeissen

Jean-Claude Raemy

Europa befindet sich im Ausnahmezustand, die Reisebranche leidet weiter. Doch gibt es auch Zeichen der Zuversicht - gerade wenn man die Einreisebestimmungen durchgeht.

Die Reisebranche hat sie inbrünstig gehasst, die Quarantäneliste des Bundesamts für Gesundheit (BAG), welche über vier Monate lang die Reisewelt der Schweizer Bevölkerung immer mehr schrumpfen liess. Inzwischen befinden sich aber dank der neuen Auslegung des Risikos nur gerade mehr vier Länder auf der Liste: Andorra, Armenien, Belgien und Tschechien.

Damit könnte die Reisebranche an sich gut leben. Doch das Problem ist noch nicht überwunden. Bald wurde etwa befürchtet, dass die hohen Infektionszahlen in der Schweiz dazu führen würden, dass die Schweizer nicht mehr willkommen sind. Bereits kursierte ein deprimierendes Bonmot, wonach nicht mehr wir die halbe Welt auf einer Quarantäneliste haben, sondern die halbe Welt uns nicht mehr haben will. In Zeiten von Corona, wo man sich an negative News gewöhnt hat und sich stets für das Schlimmste wappnet, könnte man nun leicht in Verzweiflung geraten.

Es kommen bald bessere Zeiten

Ist die Lage wirklich so schlimm? Travelnews führt seit Monaten eine regelmässig aktualisierte Liste zu den Einreisebestimmungen. Da hat sich in den letzten Wochen ein Shift abgezeichnet - Europa wird tendenziell wieder schwieriger zu bereisen, dafür öffnen sich andere Länder weiter weg wieder. Ja, der Reiseverkehr innerhalb Europas ist wieder stark eingeschränkt, bzw. der Wille zum Reisen ist angesichts zahlreicher nationaler bzw. regionaler Sonderbestimmungen – man spricht ja nicht gerne von Lockdowns – ziemlich tief. Manche Länder wie Deutschland oder Grossbritannien haben sich für November eine Art temporären Winterschlaf verpasst, um Herr der Corona-Pandemie zu werden. Sieht man es mal positiv, kann man festhalten: November ist nicht wirklich ein Reisemonat, nicht mal innerhalb Europas. Da spielt es vorläufig auch noch keine riesige Rolle, wenn uns beispielsweise Rumänien seit dem 3. November wieder auf einer Roten Liste hat. Es ist wichtig, die Lage in Europa nun wirklich in den Griff zu bekommen, damit es 2021 nicht im selben Stil weitergeht.

Und dann gibt es ja noch die Fernstrecken! Dort hat sich eigentlich wenig geändert, seitdem die Zahlen in der Schweiz explodieren. Da waren doch beispielsweise die Seychellen – geradezu ein «Leuchtturm» unter den noch bereisbaren Reisezielen weltweit – oder auch die Malediven, welche wieder lockten, und wofür es vernünftige Fluglösungen gab. Doch gerade die Seychellen haben nun die Schweiz per 16. November in ein Land der «Kategorie 2» heruntergestuft. Will heissen: Es braucht nun einen PCR-Test und man muss die ersten 6 Nächte in einem zertifizierten Resort verbringen, in einer Art Resort-Quarantäne. Klingt zunächst mal abschreckend, muss es aber nicht sein: PCR-Tests werden nun fast überall verlangt, und 6 Tage Quarantäne in einem Tropenresort – wohlbemerkt nicht im Zimmer eingesperrt, sondern in der Hotelanlage oder allenfalls gar auf der Privatinsel – klingen machbar. Und die Schweizer haben Glück: Dank der für uns und wenige andere Länder geltenden Sonderregelung dürfen wir immerhin noch auf die Seychellen reisen. Reisende aus Kanada, Dänemark, Schweden, Litauen und Portugal wurden von den Seychellen aus der «Kategorie 1» entfernt, dürfen nun aber nicht mehr einreisen, weil es für sie keine «Kategorie 2» gibt.

Wie sieht es mit Thailand aus? Dort gab es kürzlich gute News von der Thai-Botschaft in der Schweiz: Auf deren Website steht, dass sich Schweizer seit heute (9. November) für ein «Medium Term Visitor- Tourist 60 days with Single Entry»-Visum bewerben können. Um dieses zu erhalten, sind zwar zahlreiche möglicherweise abschreckende Schritte nötig. Ausserdem ist überhaupt nicht klar, ob dieses überhaupt erteilt wird, denn vor Kurzem noch hatten die Thai-Behörden unmissverständlich festgehalten, dass Touristen aus «high risk countries» die Einreise verweigert wird. Dass man zu einem «low risk country» gehört sei oberste Priorität zur Erlangung eines «Special Tourist Visa». Ist das nun schlimm? Nun ja, bis auf Weiteres dürften Schweizer also noch nicht einreisen dürfen, doch wenn wir die Zahlen hier in den Griff bekommen, wird es schnell wieder möglich sein. Und man sieht, dass Thailand gewillt ist, den Tourismus wieder anzukurbeln.

Vermehrte Öffnung in Afrika und Südamerika

Es gibt sogar positive News zu vermelden! So ist beispielsweise seit heute (9. November) die Einreise in Botswana wieder erlaubt, womit das ganze Südliche Afrika wieder frei zu bereisen ist, wovon einige bereits Gebrauch machen. Auch in Lateinamerika haben sich zuletzt die positiven Nachrichten über geöffnete Grenzen gehäuft, etwa in Costa Rica oder Brasilien.

OK, die paar Öffnungen sind nicht gerade eine Rückkehr zum alten Geschäftsgang. Die Lage ist weiterhin sehr ernst und die freie Fortbewegung gerade innerhalb Europas noch sehr eingeschränkt; viele Reiseunternehmen kämpfen weiterhin ums Überleben. Was wir aber mit diesem Artikel ausdrücken möchten: Da müssen Reisende und die Reiseindustrie nun durch - doch ist ein Licht am Ende des Tunnels zu vernehmen. Gerade aus Übersee vernimmt man immer mehr Zeichen, wonach das Herauffahren des Tourismus eine Top-Priorität ist, spätestens ab 2021 - dann möglicherweise unter speziellen Bedingungen, aber immerhin. Und vielleicht wird sich auch Europa nun mal zusammenreissen können, um einerseits die Corona-Zahlen wieder in den Griff zu bekommen und damit die Wirtschaft und mit ihr die Reisebranche wieder hochfahren zu können. Die Behörden arbeiten da und dort an neuen Regelungen und Methoden, um internationale Verkehrsflüsse wieder aktivieren zu können. Man lernt langsam, mit Corona umzugehen, Unternehmen passen ihre Angebote oder auch Geschäftsmodelle an.

Wir glauben daran, dass es 2021 wieder aufwärts gehen wird. Jetzt gilt es, mit eigenen Massnahmen und auch mit Hilfe der Behörden die vorläufige Durststrecke nochmals zu überwinden. Und es gilt, unsere eigene Entscheidungspsychologie zu hinterfragen. Der Glaube, dass es besser wird, steht sehr oft hintenan. Lieber bleiben wir also bei den altbekannten Leiden als bei unbekannten Risiken. Doch jetzt gilt es, auch Optimismus zu verbreiten und die Welt wieder auf mehr Reisetätigkeit 2021 einzustimmen. Das Festhalten an Bekanntem bietet nicht immer mehr Überlebensvorteil als das Eingehen von Risiken.