Tourismuswelt

Das Meer plätschert friedlich vor sich hin. Griechenland präsentiert sich in diesen Tagen noch von der besten Seite – dies dürften Reisebüros einem interessierten Kunden durchaus erzählen. Bild: Adobe Stock

Einwurf «Was ist mit Griechenland? Können Sie da etwas empfehlen?»

Artur K. Vogel

Artur K. Vogel, Journalist und Buchautor, wollte aus Solidarität mit der Branche seine Ferien in einem Reisebüro buchen. Dort folgte die Ernüchterung.

Bob Marley beschallt die Bucht. Ich sitze in der kleinen Taverne am Agios Pavlos Strand an Kretas Südküste, einen Ouzo und ein Souvlaki vor mir. Es ist halb zwei Uhr nachmittags, angenehme 26 Grad warm, das Wasser 24. Ein paar Schäfchenwolken tummeln sich am fernen Horizont. Das Meer plätschert friedlich vor sich hin.

Vielleicht ein Viertel der Liegestühle sind belegt. Einheimische geniessen das perfekte Wochenende, Deutsche, Schweizer und Franzosen verlängern hier den Sommer und versuchen, den Corona-Albtraum wenigstens für ein paar Wochen zu vergessen.

Normalerweise buche ich solche Reisen immer selber: den Flug bei der Fluggesellschaft, das Hotel – nach entsprechenden Recherchen im Freundeskreis und im Internet – direkt auf seiner Webseite oder per Mail. So entsteht ein erster Kontakt schon vor der Ankunft. Diesmal wollte ich aus Solidarität mit der arg gebeutelten Branche im Reisebüro buchen.

Ich entschied mich für ein bekanntes privates Reisebüro mit mehreren Standorten in einer grossen Schweizer Stadt und betrat dessen Filiale im Stadtzentrum. Anwesend waren zwei Frauen, eine ältere und eine jüngere. Die Ältere telefonierte, die Jüngere nahm sich meiner an.

«Ich möchte kurzfristig zehn, zwölf Tage Ferien buchen, am Meer und irgendwo, wo es noch warm ist. Wohin kann ich denn überhaupt reisen?»

Die Antwort, dachte ich, müsste ohne Umschweife erfolgen. Schliesslich bin ich hier bei Spezialistinnen. Fehlanzeige!

«Oh, Entschuldigung!» stammelte sie. «Da muss ich mich zuerst erkundigen. Vielleicht weiss die Kollegin Bescheid.» Aber die telefonierte und war somit unabkömmlich.

Ich stand also wieder auf der Strasse

Ich wusste bereits, dass von den nicht allzu fernen Zielen Griechenland, die Türkei und Ägypten offen waren und man danach nicht vom Schweizer Staat zu zehntägiger Quarantäne verknurrt wurde. Zypern war unsicher (und verhängte kurz darauf seinerseits eine Quarantänepflicht für einreisende Schweizer), ebenso Tunesien und Marokko, Spanien war ohnehin ausgeschlossen, und Italien sah laut BAG bald wie ein Flickenteppich aus mehr und weniger riskanten Regionen aus.

Auf ein Touristenghetto am Roten Meer hatte ich keine Lust, und Erdogan will ich nicht mit meiner Anwesenheit beehren, also blieb eigentlich nur Griechenland.

«Was ist mit Griechenland? Können Sie da etwas empfehlen?»

«Ich weiss wirklich nicht», antwortete sie hilflos. «Ich muss zuerst …» Die Kollegin telefonierte weiter.

Dann kam der jungen Frau die erlösende Eingebung: «Ich glaube, der Bundesrat gibt heute die neue Risikoliste bekannt. Vielleicht sollten Sie morgen nochmals vorbeikommen. Aber wir sind nur von zehn bis zwölf und zwei bis vier offen. Sie wissen: Kurzarbeit.»

Ich stand also wieder auf der Strasse. Der Bundesrat entschied an jenem Tag für einmal gar nichts, und ich ging am nächsten Tag nicht mehr im Reisebüro vorbei, sondern buchte auf die übliche Weise, siehe oben.

Und die Moral von der Geschichte? Der USP der Reisebüros ist die professionnelle, kenntnisreiche und detaillierte Beratung der Kundinnen und Kunden. Können sie diese nicht erbringen, sehe ich schwarz für die Branche – nicht nur in Zeiten von Corona.