Tourismuswelt

Die Tourismusverbände zeigen sich erleichtert über das Nein bei der Begrenzungsinitiative. Bild: courage-civil.ch

Aufatmen bei SRV, Hotelleriesuisse und Gastrosuisse

Die Abstimmung über die Begrenzungsinitiative lief ganz im Sinn der Reise- und Tourismusverbände – das Ja zum Vaterschaftsurlaub sorgt für weniger Begeisterung.

Ein Ja zur SVP-Begrenzungsinitiative hätte der im Corona-Jahr gebeutelten Reise-, Tourismus- und Gastrobranche gerade noch gefehlt. Doch gestern Sonntag kam es an der Urne zu einem deutlichen Nein zu dem auch als Kündigungsinitiative bezeichneten SVP-Versuch, die bilateralen Verträge mit der EU zum Erliegen zu bringen. Die Brücken von und nach Europa werden nun jedenfalls nicht abgebrochen. Mit einem Nein-Anteil von rund 62 % hat sich die Schweizer Stimmbevölkerung deutlich gegen die Begrenzungsinitiative und für die Personenfreizügigkeit zwischen der Schweiz und der EU ausgesprochen. Entsprechend zufrieden äussern sich heute die einzelnen Verbände.

«Wir sind gemeinsam mit allen anderen Tourismusverbänden geschlossen gegen die Begrenzungsinitiative aufgetreten», sagt Walter Kunz, der Geschäftsführer des Schweizer Reise-Verbands (SRV), auf Anfrage von Travelnews. «In der aktuellen Lage ist der Tourismus besonders darauf angewiesen, dass die Schweiz die guten wirtschaftlichen Beziehungen mit dem Ausland fortführen kann. Bereits in der Vergangenheit hat sich die Zuwanderung immer der wirtschaftlichen Situation des Landes angepasst und sich automatisch geregelt.»

Auch GastroSuisse ist erleichtert, dass eine weitere Verschärfung der aktuellen Wirtschaftslage abgewendet wurde. Mitten in einer Jahrhundertkrise seien solche Experimente besonders gefährlich. «Das klare Resultat zeigt, dass die Schweizer Bevölkerung den Bilateralen Weg weiter beschreiten will und gerade in unstabilen Zeiten auf Kontinuität setzt», sagt Casimir Platzer, Präsident von GastroSuisse.

Eine Kündigung der Bilateralen Verträge hätte sich stark negativ auf die Auslandnachfrage in der Beherbungsbranche ausgewirkt, die sich aufgrund der Corona-Krise ohnehin bereits auf einem Tiefstand befindet, teilt Hotelleriesuisse mit. Für den Geschäfts- und Leisuretourismus hätte dies verheerende Folgen gehabt. Stabile Beziehungen zur EU seien gerade jetzt elementar, damit die Schweiz eine international erfolgreiche Tourismusdestination bleibt.

Das heutige Resultat sichere die Reisefreiheit und offene Grenzen. Davon profitieren nicht nur ausländische Touristen bei ihrer Einreise in die Schweiz, sondern auch Schweizerinnen und Schweizer, die ihre Ferien in Europa verbringen. Die Fortführung der Personenfreizügigkeit sei ausserdem eine wichtige Voraussetzung für die Stabilisierung und Erholung der Tourismusbranche. Der Erhalt der europäischen Reisefreiheit sei für den Tourismussektor in dieser historisch einmaligen Krise überlebenswichtig.

«Die Ablehnung der Kündigungsinitiative hat eine zusätzliche Verschlechterung der Rahmenbedingungen für unsere Branche abgewendet», sagt Nicolo Paganini, Präsident des Schweizer Tourismus-Verbands. Für den von der Corona-Pandemie besonders stark betroffene Tourismussektor gehe es darum, möglichst rasch und effektiv die Krise bewältigen zu können.

Ja zum Vaterschaftsurlaub findet keinen guten Anklang

Im Gegensatz zur Begrenzungsinitiative fallen die Voten zum Ja beim Vaterschaftsurlaub anders aus. GastroSuisse etwa bedauert die Zustimmung zum gesetzlich vorgeschriebenen zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub. Die Mehrheit der Stimmbevölkerung ziehe ein undifferenziertes Modell einer branchenspezifischen Lösung vor, monieren die Gastronomen. Der «One-size-fits-all»-Ansatz schwäche die Sozialpartnerschaft zwischen Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden.

Im Gastgewerbe erhöht sich nun der Vaterschaftsurlaub von fünf Tagen auf zwei Wochen. Vor der Abstimmung haben die Gewerkschaften für die Branche sogar eine Erhöhung auf drei Wochen gefordert. Die daraus entstehenden Mehrkosten werden der durch Covid-19 gebeutelten Branche weiter zusetzen. Casimir Platzer zeigt sich besorgt: «Seit anfangs Jahr sind im Gastgewerbe rund 33'000 Arbeitsplätze verloren gegangen. Das entspricht einem Achtel aller Arbeitsplätze in der Branche.»

SRV-Geschäftsführer Walter Kunz sagt zum Abstimmungsausgang beim Vaterschaftsurlaub: «Der Vaterschaftsurlaub ist für Branchen mit einem hohen Anteil an KMUs, die zudem noch eine geringe Rendite ausweisen, extrem kostenintensiv. Glücklicherweise werden die finanziellen Auswirkungen in der Reisebranche durch den hohen Frauenanteil, der sich auf 80 Prozent beläuft, um einiges abgefedert.»

(GWA)