Tourismuswelt

Sunday Press Der Exodus der Reisebranchen-CEOs

In der Sonntagspresse werden die Wechsel an der Spitze diverser grosser Schweizer Reiseunternehmen thematisiert. Ebenfalls von Interesse: Swiss will Schnelltests statt Quarantäne. – Vanessa Bay, die Touristik-Kapitänin – SBB-CEO Vincent Ducrot spricht über Nachtzüge. – Vergleich der Reisenews-Portale.

Heute erlauben wir uns ein kleines Vorwort, bevor wir die touristischen Beiträge der Sonntagspresse durchleuchten... Wussten Sie, dass heute (27. September) Welttourismustag ist? Dieser Tag wurde 1980 von der Welttourismusorganisation (UNWTO) ins Leben gerufen und wird jährlich begangen. Er steht jedes Jahr unter einem anderen Motto. Das Motto dieses Jahr lautet: «Tourism and Rural Development» und soll die Rolle des Tourismus bei der Schaffung von Arbeitsplätzen auch in ländlichen Gegenden zelebrieren, und auch die Rolle des Tourismus beim Erhalt kultureller und naturverbundener Traditionen weltweit.

Das hat mehr mit der aktuellen Situation zu tun, als man denkt. In vielen Gegenden der Welt bemerkt man erst jetzt, mitten in der Krise, den wahren Wert des Tourismus für die Wirtschaft allgemein, aber eben auch für ländliche Communities, in denen der Tourismus ein wichtiges Ertrags-Standbein gerade auch für viele Frauen und Junge bildet. Die Behörden in zahlreichen Ländern tun gut daran, endlich dafür zu sorgen, dass dieser für viele Volkswirtschaften so wichtige Wirtschaftszweig endlich wieder in Gang kommt.


«Exodus der Reisechefs»

Die «Sonntagszeitung» greift den Wechsel an der Spitze der Hotelplan Group auf. Dass der bisherige CEO Thomas Stirnimann aufhören wollte, war bereits seit Sommer 2019 klar. Überrascht zeigt sich die Zeitung jedoch von der Ernennung der 39-jährigen Laura Meyer, die hauptberuflich bei der UBS in leitender Funktion im Bereich digitales Banking arbeitet. «Für Aussenstehende ist das ein Zeichen, dass bei der Hotelplan-Besitzerin Migros möglicherweise die Weichen gestellt worden sind für eine Neuausrichtung, allenfalls für eine Fusion mit einem Partner», steht geschrieben, was jedoch Stirnimann abstreite: «Es besteht kein akuter Handlungsbedarf für einen Zusammenschluss.»

Die Autorin des Artikels stellt auch in den Raum, dass in diesem Jahr mehrere langjährige CEOs abtreten: Anfang Jahr verliess Martin Witter die TUI Suisse, Ende 2020 geht Roger Geissberger, der CEO von Knecht Reisen. «Sind die Reisechefs zermürbt von der Corona-Krise, die die ganze Industrie ins Taumeln gebracht hat?», wird gefragt. Nun, Wittwers Abgang erfolgte ganz zu Anbeginn der Corona-Krise, jener von Geissberger war ihm zufolge seit 2018 geplant. Stirnimann wehrt sich seinerseits gegen den Eindruck, dass er nun das sinkende Schiff verlasse, und erklärt, es sei ein guter Zeitpunkt für einen Wechsel: «Wir haben alle Restrukturierungsmassnahmen initiiert. Die Situation ist geklärt. Es kann unter meiner Nachfolgerin tendenziell nur aufwärtsgehen.»

Swiss will Schnelltest statt Quarantäne

Die «NZZ am Sonntag» greift ein Thema auf, welches Travelnews bereits am vergangenen Donnerstag behandelte: Die Rede ist von der immer grösser werdenden Forderung nach (Schnell-)Tests statt Quarantäneregelungen, welche getragen wird von Airlines, Tourismusverbänden, Unternehmen – und zunehmend auch von Behördenvertretern, wie etwa Serge Gaillard, dem Direktor der eidgenössischen Finanzverwaltung, der erklärte, das Reisen sei inzwischen fast unmöglich.

Gerade die Schnelltests, welche Roche oder auch die US-Firma Abbott inzwischen herstellen und liefern können, sind für die Luftfahrt interessant. Die Lufthansa-Gruppe arbeitet diesbezüglich an einem Pilotprojekt. Gegenüber Travelnews zeigte sich die Swiss-Medienstelle diesbezüglich noch zurückhaltend; die «NZZ am Sonntag» hörte von einem Lufthansa-Sprecher: «Wir testen das Verfahren für alle Airlines der Lufthansa-Gruppe, also auch für Austrian Airlines und Swiss.» Deshalb kommt es zu obiger Titulierung.

Auch der Flughafen Zürich prüft, wie so ein System eingeführt werden könnte, bestätigt eine Sprecherin. Es hätten auch bereits verschiedentlich Bemü­hungen der Branche stattgefunden, beim BAG und dem Bundesrat zu erwirken, dass Testen statt Quarantäne möglich werde: «Bisher ohne Erfolg.» Ob Covid-19-Tests bald bei Einreisen in die Schweiz die Quarantäne ablösen oder zumindest verkürzen können, hängt zum grossen Teil von den Einschätzungen und Empfehlungen der Fachleute ab, die das BAG beraten. Es gehe grundsätzlich um die Frage, wie sich die Schnelltests unter realen Bedingungen bewähren.

Immerhin: Es wird erwartet, das die Er­gebnisse laufender unabhängiger Tests rasch in die Diskussionen einfliessen über Verkürzungen der Quarantänezeit und eine mögliche «Anpassung der Quarantäne-Regeln für Reisende».

(Auch die «SonntagsZeitung» widmet diesem Thema einen Artikel)

«Eine der wichtigsten Figuren der Schweizer Reisebranche»

Das freut uns natürlich ganz besonders: Unter dem Titel «Die Touristik-Kapitänin» widmet die «SonntagsZeitung» unserer Verwaltungsratspräsidentin Vanessa Bay einen kompletten Artikel. Sie wird als «eine der wichtigsten Figuren der Schweizer Reisebranche» bezeichnet, denn es gebe in diesem Geschäft «nur wenige mit einem so engmaschigen Netzwerk und derart zuverlässigen Kontakten zu Unternehmen, Medien und diversen Institutionen.» Sie scheue sich bei Unsicherheiten nicht, Rat einzuholen, und stelle ihr Ego beharrlich hinter die Sache. «Tugenden, die man bei manchen Herren der Schöpfung in der Branche vermisst», so der Autor.

Bay schildert im Bericht, wie es zur Gründung ihrer Kommunikationsagentur PrimCom kam, woher ihr Interesse für Tourismus kommt und wie sie sich darin verwirklichte. Und natürlich geht es auch um Travelnews. Bay erinnert daran, dass Travelnews.ch aktuell dreimal mehr Leser als vor der Corona-Krise verzeichnet, «doch der publizistische Effort liegt im Widerspruch zu den Erträgen, die wir momentan über Werbung generieren können.» Immerhin, 550'000 Visits pro Monat, 11'000 Abonnenten der verschiedenen Newsletter und Primeur-Storys, die von Leitmedien zitiert werden, können sich nach 5 Jahren Existenz sehen lassen.

Kommt es aber in der Rolle als Besitzerin einer PR-Agentur und als Verwaltungsratschefin eines Newsportals, das in der gleichen Branche unterwegs ist, zu Interessenkonflikten? «Nein», sagt Vanessa Bay energisch, «wenn unsere Redaktoren im Umfeld von Kunden recherchieren, begrüsse ich das. Kritischer Journalismus ist hilfreicher als Hofberichterstattung.» Die Redaktion achtet übrigens auf die Mischung. Nur ein geringer Teil der acht bis zehn täglichen Beiträge richtet sich ausdrücklich an Brancheninsider. Bay ergänzt: «Und wir sind davon abgekommen, immer die Schnellsten sein zu wollen. Manchmal macht es Sinn, eine News eine halbe Stunde zurückzuhalten, dafür aber mit eigenen Recherchen zu bereichern.»

Reisenews-Portale im Vergleich

Die «SonntagsZeitung» hat die drei wichtigsten Onlineplattformen der Schweizer Tourismusbranche – travelnews.ch, htr.ch und abouttravel.ch – unter die Lupe genommen. Wir erlauben uns, die jeweilige Beurteilung im Original zu übernehmen.

travelnews.ch

  • Einzige Plattform, die nur online existiert und keinem Printprodukt angeschlossen ist. Aktuelle und pointierte Berichterstattung mit vielen Eigenleistungen und persönlichen Kommentaren zum Branchengeschehen. Gute Service-Leistungen auch für Endkonsumenten mit Analysen und Tests von Reiseutensilien und -produkten in der Rubrik «Lounge». Zusätzliche Attraktivität dank Bewegtbild mit «Travelnews-TV». Etwas irritierend ist das Schriften-Layout mit abwechselnd kursiven und fetten Lettern innerhalb eines Titels.
  • Urteil: Journalistisch hochwertig, vielseitig und innovativ, grafische Darstellung mit Verbesserungspotenzial.

htr.ch

  • Übersichtliche, optisch ansprechende Darstellung. Logisch nachvollziehbare Unterteilung in Themensparten, die für Leserführung sorgt. Fokus auf Themen gesetzt, die das Reiseland Schweiz betreffen. Hoher Aktualitätsgrad mit ständig wechselnder Titelstory, auch aus Politik und Wirtschaft, mit direktem oder indirektem Tourismusbezug. Guter Mix von selbst recherchierten Hintergrundartikeln und Agenturmeldungen.
  • Urteil: Top-Adresse für Infos zum Reiseland Schweiz, etwas (zu) stark auf die Fachleserschaft fixiert.

abouttravel.ch

  • Ansprechender Auftritt, auf der eine Chronologie der News-Meldungen erkennbar ist. Newsletter prominent sichtbar. Fokus auf Auslandreisen (Outgoing). Attraktive Services für Mitarbeitende der Tourismusbranche mit Eventlisten und Jobangeboten. Die inhaltliche Aufteilung der Rubriken ist etwas unübersichtlich und teils nicht logisch nachvollziehbar. Unter «Ferien & Freizeit» tauchen zum Beispiel Wirtschaftsmeldungen auf. Die Seite wirkt teils überladen und macht etwas zu prominent Werbung für das Printprodukt «Travel Inside».
  • Urteil: Schnell, am Puls der Branche, wirkt etwas hausbacken im «Look and Feel», zu kleine Schrift.

«Ein Nachtzug kostet uns so viel wie ein Airbus»

In der «SonntagsZeitung» findet sich ein lesenswertes Interview mit Vincent Ducrot. Der parteilose, alleinerziehende Vater von sechs Kindern wurde mitten während der Pandemie neuer CEO der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) und äussert sich etwa zum heissen Thema der Neulancierung von Nachtzügen durch die SBB.

Über Letzteres freut sich Ducrot, sagt jedoch, die Bahn sei gegenüber den Airlines massiv im Nachteil: «Ein Nachtzug kostet uns so viel wie ein Airbus. Der Unterschied ist aber, dass wir nur einmal pro Tag fahren können, während Easyjet oder Swiss fünf- bis siebenmal pro Tag fliegen. Darum ist das Geschäft mit Nachtzügen nicht rentabel. […] Und darum haben wir via CO2-Gesetz Zuschüsse beantragt. Die Nachfrage ist tatsächlich stark gestiegen im letzten Jahr. Wenn das so bleibt, dann können wir die Kosten eines Tages sogar selbst tragen.»

Weiter erklärt Ducrot, dass die Bahn im Regionalverkehr schon jetzt wieder auf ungefähr 90 Prozent des alten Niveaus sei; im Fernverkehr sei man dagegen erst bei einer Auslastung von 70 bis 80 Prozent gegenüber Vor-Corona. Am meisten leide die SBB im internationalen Verkehr, «wo wir praktisch auf null sind».

Corona hat den SBB somit im ersten Halbjahr 2020 ein Loch von 480 Millionen Franken in die Kasse gerissen. Das Image der SBB habe sich aber gebessert, weil es nun mehr Platz gibt und mehr gereinigt werde. Ducrot will jedoch davon absehen, wie etwa die Trenitalia Hygienetäschchen mit Maske und Desinfektionsmittel an Fernreise-Passagiere zu verteilen, weil sich «Schweizer nicht gerne bevormunden lassen» und weil es auch Vorgabe der Politik sei, «möglichst unaufgeregt zu operieren».

Schweizer Ferienwohnungen sind gefragter denn je

Die Buchungen von Feriendomizilen im Inland haben sich im Herbst fast verdreifacht, schreibt die «SonntagsZeitung» und bestätigt damit den Trend, wonach Schweizer im Herbst des «Corona-Jahres» ihre Ferien vor allem im Inland verbringen.

«Die Nachfrage ist so gross wie nie», heisst es bei der Plattform E-Domizil, die in der Schweiz mehr als 14’000 Ferienwohnungen vermittelt. Damit die Firma in der Buchungsabwicklung nicht in Rückstand gerät, hat sie den Personalbestand um 230 Stellenprozent erhöht. Der Reiseumsatz für die Periode September bis November habe sich gegenüber dem Vorjahr fast verdreifacht – und es wird damit gerechnet, dass die Zahlen weiter steigen, zumal die Kunden aktuell extrem kurzfristig buchen. Bisher hatten Schweizer ihre Unterkunft kaum weniger als 30 Tage vor ihrer Anreise reserviert.

Eine Auswertung der Marketingorganisation Graubünden Ferien zeigt, dass die Ferienwohnungen auch abseits der bekannten Orte und Zentren gefragt sind. Und allein im Oktober 2020 verzeichnet Graubünden rund 70 Prozent mehr Logiernächte als vergangenes Jahr im selben Monat. Praktisch überall wird mit einem guten Herbst gerechnet – ausser in der Waadt, welche aktuell als Schweizer Corona-Hotspot gilt. Andreas Banholzer, Direktor von Waadtland Tourismus, bereiten die steigenden Corona-Fallzahlen in der Westschweiz Sorgen: «Natürlich spüren wir die Konsequenzen.» Der Direktor von Wallis Promotion, Damian Constantin, hofft seinerseits, dass die Schweizer differenzieren können. So sei das Wallis trotz negativer Corona-Schlagzeilen bei den inländischen Gästen nach wie vor sehr beliebt.

Derweilen mausern sich etwa Aargau und Thurgau zu Ferienregionen. Die stark zulegenden Besucherzahlen bestätigen Rolf Müller (Geschäftsführer von Thurgau Tourismus) wie auch Andrea Portmann (Direktorin von Aargau Tourismus).

Der Staat ist wieder die Lösung

In der Corona-Krise verstaatlicht Italien wieder zahlreiche Firmen. Ob das eine gute Idee ist? Das fragt sich die «SonntagsZeitung» auch. Ein «Fonds zur Sicherung der Beschäftigung und der Fortsetzung der Unternehmenstätigkeit» soll taumelnde Markenfirmen vor dem Aus bewahren. So hat sich Italien etwa mit einer Aktienmehrheit am Luxusschneider Corneliani beteiligt; es gibt weitere Beispiele. Besonders prominent und aus Sicht der Reisebranche interessant ist der Fall Alitalia: Dreimal ist die privatisierte Fluggesellschaft in den vergangenen zwölf Jahren an den Rand der Pleite geraten. Die italienischen Steuerzahler mussten Alitalia mit insgesamt 10 Milliarden Euro am Leben erhalten. Als die Regierung nun im März überstürzt ihr erstes Corona-Notpaket verabschiedete, stellte sie prompt weitere 3,3 Milliarden Euro zur Verfügung, um das Unternehmen zu verstaatlichen. Zum Vergleich: Für das von etlichen Sparrunden ausgezehrte Gesundheitssystem gab es auf dem Höhepunkt der Pandemie mit Hunderten Toten am Tag gerade ein Drittel davon.

In Italien ist es eben so: Lieber verteidigt man existierende Arbeitsplätze bis zum Äussersten, statt die Schaffung neuer Jobs zu fördern. Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie wurden inzwischen 100 Milliarden Euro lockergemacht, um die italienische Wirtschaft zu stützen - auf Pump finanziert. Dazu hat Italien ein generelles Kündigungsverbot verhängt, das bis Jahresende gilt. Finanzexperten sehen in der Verstaatlichungswelle grosse Probleme auf Italien zukommen, weil damit etwa Auslandsinvestitionen unattraktiv werden.

VERMISCHTES

Im Magazin der «NZZ am Sonntag» findet sich in der wöchentlichen Rubrik «Wandern» von Heinz Staffelbach dieses Mal eine kurze Reportage über eine Wanderung in die Bergwelt ­zwischen Linthal und Elm, im Glarnerland.

In der «SonntagsZeitung» findet sich ein Artikel, der die aktuelle Situation im globalen Tourismus widerspiegelt. Es geht um eine Reportage zur weltberühmten Sehenswürdigkeit Taj Mahal in Agra (Indien), mit dem Titel «Ganz schön leer hier». Etwa 40’000 Menschen wälzten sich in den vergangenen Jahren täglich aus den Bussen in die Elektro-Zubringer und in den Park mit dem berühmten Mausoleum. Nun sei aber vom «Overtourism» nichts mehr zu spüren. Erst vergangene Woche wurde wieder behutsam geöffnet. 5000 Menschen können täglich kommen, aber von den etwa 850 zugelassenen Guides seien nur maximal 50 im Einsatz. Und der Taj Mahal bleibt internationalen Gästen verwehrt, denn es gibt immer noch kaum Flugverkehr, so dass praktisch nur Touristen aus dem Inland da sind, welche wie üblich weniger Eintritt bezahlen. Im gesamten Land sollen durch die Schliessung aller Sehenswürdigkeiten bislang etwa zwei Milliarden Franken verloren gegangen sein.

Im Reiseteil der «SonntagsZeitung» geht es überdies ins Zürcher Oberland nach Sternenberg mit der dortigen Kultbeiz «Sternen» und Wanderungen zum nahe gelegenen Hörnli, und es gibt auch eine Reportage über Familienausflüge in die Karstlandschaft im Unesco-Biosphärenreservat Entlebuch im Luzernischen. Und es gibt noch eine ganzseitige Publireportage über die Adler Resorts.

Im «SonntagsBlick» schliesslich gibt es eine ganzseitige Publireportage über das Jungfraujoch. Dazu gibt es im «Magazin» des «SonntagsBlick» auch eine grosse Publireportage über das Disneyland Paris sowie mehrere Seiten zur Schweizer Seeschifffahrt, welche sich wegen Corona in der Krise befindet.

(JCR)