Tourismuswelt

Vom 16. Oktober bis 21. November findet das diesjährige «Rendez-vous Bundesplatz» unter dem Thema «Planet Hope» statt. Bild: rendezvousbundesplatz.ch

«Auch die Gastronomie und Hotellerie profitieren vom Rendezvous Bundesplatz»

Artur K. Vogel

Trotz Corona kann Brigitte Roux ihr «Rendez-vous Bundesplatz» unter massiven Sicherheitsvorkehren auch dieses Jahr durchführen. Doch die Zukunft dieses Publikumsmagneten und für die touristische Wertschöpfung relevante kulturelle Veranstaltung ist gefährdet: Die Stadt Bern wird nächstes Jahr keinen Beitrag mehr leisten.

Frau Roux, Sie und Ihre Firma Starlight Events sind die Organisatoren des spektakulären «Rendez-vous Bundesplatz» mit dem Parlamentsgebäude als «Leinwand». Es findet vom 16. Oktober bis 21. November täglich drei- bis viermal statt. Seit wann wissen Sie, dass Sie die Schau tatsächlich durchführen können?

Brigitte Roux: Der definitive Entscheid ist am 9. September gefallen. Wenn wir ihn dann nicht bekommen hätten, hätte ich nicht mehr genug Zeit gehabt, alles aufzugleisen. Dann hätten wir das diesjährige Rendez-vous absagen müssen, was besonders schade gewesen wäre. Denn es findet zum zehnten Mal statt und feiert deshalb ein Jubiläum.

Brigitte Roux

Die Arbeit an diesem Gesamtkunstwerk, das letztes Jahr mehr als 550‘000 Zuschauerinnen und Zuschauer anlockte, hat schon vor vielen Monaten begonnen. Wie haben Sie diese erlebt?

Wir sind seit Januar daran, die Lichtkünstler, Szenografen, ein Grafiker. Das heisst, ich habe neun schwierige Monate hinter mir, schlaflose Nächte, Sorgen. Am Anfang der Corona-Pandemie waren wir noch zuversichtlich und dachten, Oktober sei weit weg und bis dann habe sich die Lage normalisiert. Später wurde einem dann bewusst, dass die Krise noch lange andauern wird.

Was wäre mit der Arbeit der Künstler von Lumine Projections aus Wien und der anderen Beteiligten passiert, wenn der Event abgesagt worden wäre?

Dann hätten wir das Ganze auf nächstes Jahr verschoben, natürlich in der Hoffnung, dass die Lage dann stabiler ist als heute, was leider niemand vorhersagen kann.

Das wäre allerdings mit zusätzlichen Kosten verbunden gewesen. Wer hätte diese getragen?

Viele wären an uns hängen geblieben. Aber man muss etwas wagen, und die Wiener Künstler waren glücklich über den Auftrag, denn ansonsten hatten sie dieses Jahr nicht viel zu tun.

Bleiben wir bei den Finanzen: Das Rendez-vous Bundesplatz kostet rund 850‘000 Franken. Ihre wichtigsten Partner sind das Migros Kulturprozent und die in Biel domizilierte Stiftung Vinetum. Die Stadt Bern hat sich bisher mit 180‘000 Franken beteiligt und hatte für 2021 eine Aufstockung auf 250‘000 Franken zugesagt…

Nein, eigentlich hatte sie die 250‘000 Franken bereits für dieses Jahr gesprochen. Die Aufstockung ist aber aus Spargründen ausgeblieben.

«Das rund eine halbe Stunde lange Spektakel dreht sich um die Welt, die Umweltzerstörung, die Rettung, die Hoffnung»

Nun ist der Hammer niedergegangen: Sie wurden vor einigen Tagen darüber informiert, dass Sie ab 2021 gar kein Geld von der Stadt mehr bekommen. Was bedeutet das für ihre Budgetplanung?

Ich bin mir am Überlegen, ob es überhaupt eine Planung braucht. Wenn sich die Stadt Bern, die durch das Spektakel einen Mehrwert in Millionenhöhe generiert, nicht mehr am Budget beteiligt, dann gibt es das Spektakel nicht mehr in Bern.

Das heisst, Sie könnten mit dem Rendez-vous wegziehen oder dieses ganz einstellen?

Alles ist möglich.

Dabei ist doch klar, dass die Stadt Bern viel mehr vom Anlass profitiert, als sie dafür bisher aufgewendet hat.

Das trifft zu. Eine vom Kulturprozent der Migros finanzierte Studie hat ergeben, dass die Wertschöpfung für die Stadt mehr als zehn Millionen Franken beträgt. Viele kommen extra nach Bern, essen vor oder nach der Vorstellung im Restaurant, gehen am Tag vielleicht in ein Museum, zum Shoppen oder auf den Gurten, übernachten sogar hier. Wichtig ist auch, dass vor allem die Gastronomie und die Hotellerie profitieren, zwei Branchen, die besonders hart von Corona betroffen sind.

Wie fühlen sie sie nach dieser Hiobsbotschaft? Stellen Sie sich und ihr Werk in Frage, oder obsiegt Ihr legendärer Optimismus?

Im Moment befasse ich mich nur mit dem diesjährigen Spektakel. Da gibt es noch viel zu tun, bis wir am 16. Oktober Premiere feiern können. Und ja, am Schluss obsiegt vielleicht tatsächlich mein Optimismus. Nennen wir es so: Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Um die Bewilligung für die Durchführung zu bekommen, mussten Sie zusammen mit der Stadt ein ausgeklügeltes Sicherheitskonzept erarbeiten. Nennen Sie uns bitte dessen zentrale Punkte.

Der Bundesplatz wird in drei voneinander abgetrennte Sektoren mit drei separaten Eingängen unterteilt, in welchen sich je maximal 300 Leute, also insgesamt 900 aufhalten können. Zusätzlich gibt es Wartezonen. Es herrscht Maskenpflicht und es kommt ein Tracking-System (get-entry) mit QR-Code zum Einsatz. Der Einlass erfolgt vom Bärenplatz, von der Schauplatzgasse und von der Amtshausgasse her; die Ausgänge führen in beiden Richtungen in die Bundesgasse, so dass ankommende und weggehende Besucher keinen Kontakt haben. Zudem verzichtet die Migros auf ihre Food Trucks und auf das Bistro der Nationalbank. Um die Abläufe zu garantieren und zu kontrollieren, sind Polizei, Securitas und viele freiwillige Helfer im Einsatz.

Wegen dieser Sicherheitsmassnahmen können allerdings insgesamt nur gut 117‘000 Menschen das Spektakel verfolgen, gerade mal ein Fünftel des letzten Jahres. Wie soll das gehen?

Ja, das ist ein echtes Dilemma. Aber es gab nur die Alternative, entweder die Restriktionen zu akzeptieren oder auf den Event ganz zu verzichten. So kommen immerhin mehr als 100‘000 Menschen in den Genuss der Vorführungen. Sie werden allerdings früh anstehen und unter Umständen längere Wartezeiten in Kauf nehmen müssen.

Wie gesagt: schon zehn Jahre. Wie sind Sie eigentlich ursprünglich auf die Idee gekommen?

Ich besass 35 Jahre lang eine Agentur für PR und Kommunikation. 2006 sah ich in Funchal auf Madeira eine Weihnachtsinszenierung. Ich war so begeistert, dass ich sofort Starlight Events gründete und anfing, mich mit Lichtkunst zu beschäftigen. Bald war mir klar, dass Bild und Ton nicht genügen, sondern dass als entscheidende Komponente eine Geschichte erzählt werden muss.

Und das konnten Sie am Bundeshaus einfach so inszenieren?

Nein, natürlich nicht. Stadtpräsident Alexander Tschäppät war zwar sofort begeistert. Aber die Verwaltungsdelegation des Parlaments lehnte ab, weil das Gebäude nur parlamentarischen, nicht kommerziellen Zwecken dienen dürfe. Das war unsere Rettung, denn der Eintritt zum Rendez-vous ist kostenlos; es handelt sich nicht um eine kommerzielle, sondern eine kulturelle Manifestation.

Letztes Jahr begeisterten Sie die Zuschauerinnen und Zuschauer mit einer turbulenten Schau zum fünfzigsten Jahrestag der ersten Mondlandung. Was dürfen wir dieses Jahr erwarten?

Das rund eine halbe Stunde lange Spektakel dreht sich um die Welt, die Umweltzerstörung, die Rettung, die Hoffnung. Ein Schiff namens «Planet Hope» setzt die Segel; es hat viele Ähnlichkeiten mit der Arche Noah. Es geht los in den Regenwäldern, der grünen Lunge der Erde, weiter mit der Sonnen-, Wind- und Wasserkraft. Durch die Erderwärmung in der Arktis gerät die Arche in Gefahr. Dann wird gezeigt, wie in der Dritten Welt neue, fruchtbare Anbaugebiete erschlossen werden, um damit die Menschheit zu ernähren. Friedens-Nobelpreisträger und Klimaaktivistinnen treten auf. Und schliesslich dockt die «Planet Hope» nach ihrer Reise durch das Heute in einem hoffentlich besseren Morgen auf dem Bundesplatz an.

Sie haben gesagt, dass das diesjährige Thema schon vor mehr als vier Jahren ausgearbeitet wurde. Was planen Sie denn für 2021, falls das Rendez-vous dann tatsächlich stattfinden kann?

Ganz einfach! «Planet Hope.2». Und wir werden viel «Hope» brauchen, denn wer weiss, wie sich die Lage bis dann entwickelt?