Tourismuswelt

Besucherandrang an der letzten Fespo: Wie wird dieser 2021 sein? Wird es überhaupt genügend Aussteller haben? Die Messebetreiber tun alles, um die Tourismus-Messen zu retten. Bild: TN

«Es wird die Tourismusmessen immer brauchen»

Jean-Claude Raemy

Die grösste Schweizer Tourismusmesse, die Fespo in Zürich, steigt im kommenden Jahr vom 14. bis 17. Januar. Eine Vorverlegung gegenüber anderen Jahren, dazu noch die Pandemie-bedingte Tourismuskrise: Wie kann die Tourismusmesse unter diesen Umständen steigen und wie gross ist aktuell das Interesse von Ausstellern? Wir haben bei Messeleiter Stephan Amstad nachgefragt.

Mit den vom Bundesrat per 22. Juni 2020 beschlossenen Lockerungsmassnahmen fallen Messen nicht mehr unter den Begriff herkömmlicher Grossveranstaltungen (wie etwa Fussballspiele). Sie unterliegen damit nicht den Vorgaben zur Maximalzahl anwesender bzw. teilnehmender Personen. Allerdings muss weiterhin für den Betrieb ein Schutzkonzept vorgelegt werden. Der Bundesrat hat also einen grossen Teil der Verantwortung an die Messebetreiber zurückgegeben, dafür herrscht bei diesen einigermassen Planungssicherheit für die Messebetreiber. Reicht das, um gerade touristische Messen noch «retten» zu können?

Wir haben uns nach der aktuellen Lage bei Messebetreibern umgehört. Im zweiten Teil unserer Mini-Serie gibt Stephan Amstad, Messeleiter der Fespo in Zürich, Antworten.


Stephan Amstad

Herr Amstad, die Tourismusbranche durchlebt eine nie dagewesene Krise. Muss man von einer deutlich kleineren Fespo ausgehen?

Es wird eine den aktuellen Umständen entsprechend angepasste Fespo geben. Es gibt verschiedene Faktoren, welche das Gesamtbild einer Messe ausmachen. Zurzeit sprechen wir z. B. von 4 Meter breiten Gängen, was bedeutet, dass die Hallen komplett neu konzipiert und geplant werden müssen. Die Situation kann sich aber bereits nächste Woche wieder ändern. Deshalb müssen wir in dieser Zeit flexibel sein. Im Fokus steht für uns die Sicherheit und Gesundheit unserer Besuchenden und Ausstellenden. Wir werden gewährleisten, dass sie unbesorgt und ungestört an unserer Messe teilnehmen können.

Die Situation kann sich ändern? Messen sind aktuell von Bundesseite nicht verboten. Gehen Sie davon aus, dass dies auch so bleibt?

Leider haben auch wir nicht die Kristallkugel zur Hand, aber wir sind zuversichtlich, dass wir die Fespo und Ferienmesse Bern nächstes Jahr durchführen können. Wir prüfen die Situation laufend und sind stets in Kontakt mit unseren Ausstellenden und Partnern, um den Puls der Branche zu spüren.

Wie sieht denn der aktuelle Planungsstand für die kommende Fespo aus?

Wir erhalten täglich neue Anmeldungen, aber was fehlt sind die Zusagen der verschiedenen Reiseveranstalter, welche zum jetzigen Zeitpunkt einfach nicht wissen, was 2021 verkauft werden kann und was nicht. Das Interesse für unsere beiden Ferienmessen ist in der Branche vorhanden, obwohl es noch unklar ist, wie sich der Markt entwickelt. Bis dato haben wir erfreulicherweise praktisch keine Absagen erhalten. Dies zeigt, die Zuversicht auf bessere Zeiten ist da, aber trotzdem ist die Unsicherheit im Tourismus verständlich und somit auch die Zurückhaltung bei den Anmeldungen.

Gibt es für allfällige Interessenten spezielle Rabatte oder Goodies, um die Standnachfrage etwas anzukurbeln?

Gerne haben wir den Frühbucherrabatt bis Ende August verlängert. Sollte die Messe infolge von pandemiebedingten Einschränkungen nicht realisierbar sein, halten wir unsere Ausstellenden schadlos. Es fallen also keine Annullationskosten an und bereits geleistete Zahlungen werden wir vollumfänglich zurückerstatten.

«Sollte die Messe infolge von pandemiebedingten Einschränkungen nicht realisierbar sein, halten wir unsere Ausstellenden schadlos.»

Hat eine klassische Tourismusmesse überhaupt weiterhin eine Berechtigung?

Die Tourismusmesse hat neben ihrer bekannten Funktion als Informations- und Inspirationsplattform und Vertriebskanal neu auch die Funktion, dass die Spezialisten die Besuchenden in Zeiten der Unsicherheit mit ihrem Fachwissen begleiten, aufklären und beruhigen. Der persönliche Austausch ist eine unverzichtbare Komponente, wenn man etwas Neues entdecken will. Deshalb wird es meiner Ansicht nach die Tourismusmessen immer brauchen.

Es muss aber auch Neues kommen. Was muss man in Bezug auf die Ausarbeitung von neuen Sicherheits-/Hygienemassnahmen wissen?

Das gilt für alle Messen unter dem Dach der Bernexpo Groupe: Die Veranstaltenden sind verpflichtet, ein auf die Messe zugeschnittenes Schutz- und Hygienekonzept zu erarbeiten und umzusetzen. Ein entsprechendes Konzept haben wir in enger Zusammenarbeit mit Experten und den Behörden erstellt und beim Kanton zur Bewilligung eingereicht. Wir werden sicherstellen, dass die Schutz- und Hygienemassnahmen vor Ort sowohl seitens Ausstellenden wie auch Besuchenden problemlos eingehalten werden können.

Zum Beispiel werden wir unsere Besuchenden und Ausstellenden mittels Bodenkleber, Plakaten und Lautsprecherdurchsagen auf die geltenden Sicherheitsvorkehrungen an der Messe aufmerksam machen. Des Weiteren stehen Desinfektionsmittel-Spender vor Ort zur Verfügung und wir haben selbstverständlich die Reinigungsintervalle für viel benutzte Oberflächen und Gebrauchsgegenstände erhöht.

Ist es allenfalls angedacht, künftig mehr virtuellen Content einzubinden?

Die Frage nach neuen und alternativen Formaten, ausserhalb von Live-Events, stellt sich die Bernexpo Groupe schon länger. Die Krise beschleunigte die bereits laufenden Entwicklungen. Das viel diskutierte Eröffnen von neuen Geschäftsfeldern, besonders im digitalen Bereich, steht aktuell natürlich mehr denn je im Zentrum und hat absolute Priorität. «HeroFest» zum Beispiel wird dieses Jahr live und digital durchgeführt. Da die Besuchenden und Ausstellenden hier vertrauter mit der digitalen Welt sind, ist die hybride Umsetzung vergleichsweise einfacher als bei vielen anderen Messen.

Wie sieht es mit mehr - und eventuell bezahltem - Aus-/Weiterbildungs-Content aus? Könnte man damit allenfalls fehlende Standfläche wettmachen?

Auch für uns ist die Situation neu, aber wir sind immer offen für neue Services und prüfen diese fortlaufend, um unser Portfolio den Vorstellungen unserer Kunden entsprechend zu gestalten. Sofern die Branche ein Bedürfnis nach mehr Aus-/Weiterbildungscontent hat, haben wir das notwendige Know-how wie auch das Netzwerk, um ein solches Gefäss bieten zu können.

«Wir werden sicherstellen, dass die Schutz- und Hygienemassnahmen vor Ort sowohl seitens Ausstellenden wie auch Besuchenden problemlos eingehalten werden können.»

Wie zuversichtlich sind Sie für die Zukunft der Tourismus-Messen allgemein?

Das Reisen ist eine emotionale Angelegenheit und wir entscheiden über das Bauchgefühl. Somit wird der persönliche Austausch an der Messe auch in digitalen Zeiten unverzichtbar sein, wenn es um den Entscheid bezüglich des nächsten Reiseziels geht.

Das mag sein. Lässt sich eine Grossmesse wie die Fespo in der aktuellen Situation und mit den geforderten Sicherheitsmassnahmen aber überhaupt wirtschaftlich betreiben?

Wir sprechen von drei Szenarien. Ein erstes wäre ein behördliches Messeverbot – dies gilt zurzeit nicht. Somit kann die Messe wie also unter Berücksichtigung der Sicherheits- und Hygienemassnahmen durchgeführt werden. Hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit: Ja, wie wirtschaftlich ist die Messe, wenn wir zum Beispiel nur 10 Prozent der Ausstellenden haben? In einem solchen Fall werden wir die Messe nicht durchführen können und frühzeitig kommunizieren. Und dann gibt es noch den Faktor der Einstellung der Besuchenden: Sind die Besuchenden zum Beispiel bereit, eine Maske an der Messe zu tragen? Oder sind die Besuchenden überhaupt mental soweit, eine Messe zu besuchen?

Solche Fragen beschäftigen uns zurzeit im Rahmen von Besucherumfragen, denn nur so können wir die Situation besser einschätzen.


Serie & Umfrage

Im ersten Teil dieser Mini-Serie ging es um die St. Galler Ferienmesse Grenzenlos. In jenem Artikel war auch eine Umfrage integriert. Sollten Sie als potenzieller Aussteller/Besucher einer der Ferienmessen noch nicht an der Umfrage teilgenommen haben, dann können Sie dies noch bis Freitag (28. August) noch tun. Besten Dank im Voraus!