Tourismuswelt

Sunday Press Reiseveranstalter setzen auf Glacier Express statt Gran Canaria

Für Schweizer Reiseveranstalter wird das Geschäft mit Ferien in der Schweiz wichtiger. – Swiss-Hilfskredit soll von Lufthansa-Rettung abhängen. – Konkurswelle bei Schweizer Hotels befürchtet.

Kuoni setzt auf Ferien in der Schweiz

Die Prognose für das Sommergeschäft der Reiseveranstalter ist getrübt, denn das Reisen ins Ausland wird aufgrund von Verboten oder Einschränkungen schwierig. DER Touristik Suisse baut deshalb in der kommenden Woche das Schweiz-Geschäft aus, wie die «Sonntagszeitung» schreibt. Im Zentrum stehen dabei die Angebote von Kuoni und Railtour. Konkret sieht der Plan so aus: Kuoni wird sein Angebot an Premium-Hotels in Schweizer Bergregionen und dem angrenzenden Ausland um 50 Hotelobjekte erweitern - eine Aufstockung um einen Drittel. Hotels im Nahbereich bietet der Reiseveranstalter unter dem Katalognamen «Erleben und geniessen» an.

Auch der Bahnreisespezialist Railtour baut sein Inland-Angebot, das bislang rund 20 Prozent ausmachte, massiv aus. Das Hotel-Portfolio steigt von 500 Unterkünften jeder Preisklasse auf 1000. Dazu werden auch touristische Bahnfahrten ausgebaut. Zum Glacier Express oder Bernina Express kommen Packages aufs Jungfraujoch oder den Titlis hinzu sowie Erlebnisse entlang der Grand Tour of Switzerland, wie die Zeitung weiter schreibt.

Heimische Kooperationen hat auch Nussbaumer Reisen in Burgdorf BE aufgegleist. Neu arbeitet Nussbaumer mit dem Schweizer Erlebnisreiseveranstalter Wallis Aktiv zusammen. «Zudem haben wir in den letzten Wochen etwa 30 Schweizer Hotels angeschrieben und sie angefragt, ob wir sie gegen Kommission verkaufen dürfen», sagt Inhaberin Natalie Dové, die auch im Vorstand des Schweizer Reiseverbands sitzt. Zudem habe man soeben eine exklusive Zusammenarbeit mit dem Berner Unternehmen Yellow Camper initiiert, um Abenteuerferien in der Schweiz per Camper zu verkaufen.

Ferienwohnungs-Boom kaum zu handeln

Während Auslandsreisen für dieses Jahr massenhaft verschoben oder gar abgesagt werden, boomen die Ferien in der Schweiz - ganz zur Freude der Ferienwohnungsvermittler. Bei E-Domizil müssen aufgrund des Andranges seit Wochen Überstunden gemacht werden, wie CEO Daniel Koller gegenüber der «Sonntagszeitung» sagt: «Wir erhalten täglich Hunderte Anfragen und haben allein in den letzten vier Wochen fast fünfmal so viele Reservationen getätigt wie in der gleichen Vorjahresperiode.» Die Kunden interessieren sich für alle möglichen Übernachtungsorte. Ganz egal ob Alphütten oder Maiensässe, allein stehende Ferienhäuser, Bauernhöfe oder sogar Baudenkmäler. «In der heissesten Periode zwischen Mitte Juli und Mitte August sind wir vielerorts schon bald ausgebucht», sagt Koller gegenüber der Zeitung.

Auch die zwölf Reka Feriendörfer in der Schweiz erleben einen regelrechten Boom: «An diversen Juli-Reisedaten könnten wir etliche Wohnungen inzwischen zweimal oder dreimal verkaufen», sagt Direktor Roger Seifritz. Einen solchen Ansturm habe er noch nie erlebt. Könnte man nun also nicht problemlos die Preise erhöhen? Ja, aber die Anbieter sehen davon ab. Interhome hat die Verträge mit den Wohnungseigentümern inklusive Preise und Rabatte bereits unterzeichnet und bei Reka würden Wucherpreise gegen die Philosophie widersprechen. Demnach bewegen sich die Durchschnittspreise für den Sommer im mittleren Preissegment von 1500 bis 2000 Franken pro Woche für eine Wohnung oder ein kleines Chalet.

Das Comeback der Geschäftsreisen

Ab Montag dürfen Geschäftsreisende wieder in die Schweiz kommen. Dies bestätigt das Departement von Justizministerin Karin Keller- Sutter auf Anfrage der «Sonntagszeitung»: «Ab Montag ist es wieder möglich, für nicht aufschiebbare geschäftliche Termine einzureisen.»

Zu diesem Beschluss kommt es, weil sich Wirtschaftsvertreter in der letzten Woche beklagt hatten, dass Geschäftsreisen immer noch verboten seien. Den Unternehmen würden deshalb Aufträge verloren gehen, weil Vertragsverhandlungen und Abschlüsse unmöglich seien. Genau das soll sich jetzt mit der partiellen Grenzöffnung ändern. Dennoch gilt: die Reisen sind nur bei äussersten Notwendigkeit möglich, zum Beispiel bei einer Kundenakquisition, die für die Region oder das betreffende Unternehmen von grosser wirtschaftlicher Bedeutung sei. Konkret würden Grenzübertritte für Angebotspräsentationen, Vertragsverhandlungen oder -unterzeichnungen wieder erlaubt werden.

Swiss-Hilfskredit hängt von Lufthansa-Rettung in Deutschland ab

Das Parlament hat der Swiss eine Kreditgarantie in der Höhe von 1,5 Milliarden Franken gesprochen, was die angeschlagene Airline und deren Mitarbeiter erst einmal aufatmen lassen konnte. Doch damit die Gelder überhaupt in Anspruch genommen werden können, muss auch der Mutterkonzern Lufthansa mit der Deutschen Regierung zu einer Einigung über die staatliche Hilfe kommen. Das gestaltet sich aber schwierig, weil unter den Verantwortlichen Ministern der Bundesregierung ein Streit im Gange ist, wie die «NZZ am Sonntag» schreibt.

Im Zentrum steht die Frage, welchen Einfluss die Deutsche Regierung für das Hilfspaket von 9 Milliarden Euro auf die Airline-Gruppe nehmen darf. Es werden verschiedene Varianten Diskutiert, wie eine stille Beteiligung des Staates mit weniger als 20 Prozent Aktienteil oder doch die Übernahme von 25 Prozent und damit verbunden eine Sperrminorität. Dabei stehe ein Kauf der Aktien zu massiv reduzierten Preisen zur Debatte. Um dies zu ermöglichen, müssten die bestehenden Aktionäre einem Kapitalschnitt zustimmen. Als Grossaktionär will der Staat auch einen oder zwei Aufsichtsräte stellen und die Spitzenpolitiker fordern Mitsprache in der Unternehmensführung.

Doch genau das löst in den Lufthansa-Managern Angst aus. Haben die Grünen Mitspracherecht, müssen kaum bezahlbare ökologische Vorgaben erfüllt werden aber ein Personalabbau ist gleichzeitig nicht erlaubt. Man befürchtet, dass die Lufthansa so zu einer Airline mutieren könnte, die dauerhaft von Staatszuschüssen abhängig ist.

Solange es in Deutschland zu keiner Einigung kommt, entspannt sich auch die Schweizer Luftfahrt nicht. Swiss-Chef Thomas Klühr Antwortet der Zeitung zwar auf die Frage, ob die Auszahlung des Swiss-Hilfskredits davon abhängig ist, ob sich der Mutterkonzern mit Deutschland einigt, dass dies nie Teil der Verhandlungen war. Gemäss Serge Gaillard, dem Direktor der Eidgenössischen Finanzverwaltung, sind die Verträge zwischen Bund, Banken und Swiss noch nicht unterschrieben. «Wir haben uns auf Eckwerte geeinigt, und die Detailverhandlungen laufen auf Hochtouren», sagt er. Auf die Frage, wie sich eine vom Lufthansa-Management angedrohte Insolvenz auf den Swiss-Rettungsplan auswirken könnte, erwidert er: «Ich hoffe doch sehr, es kommt auch in Deutschland rechtzeitig zu einer Einigung.» Somit lässt er durchblicken, dass die Situation in Deutschland sehr wohl ausschlaggebend für die Kreditzahlungen sind.

Ein Entscheid, ausgemacht zwischen Bundeskanzlerin Merkel, Finanz-, Verkehrs- und Wirtschaftsminister, wird in den nächsten Tagen erwartet. «Da hat die Lufthansa-Spitze dann gar nicht mehr viel dazu zu sagen», sagt ein langjähriger Manager des Konzerns, «wir müssen das schlucken, ob es uns schmeckt oder nicht.»

Wird der Hub Zürich in Zukunft weniger wichtig?

Für den Luftfahrt-Kredit der von Ueli Maurer an das Parlament präsentiert wurde, fordert er Standort-Garantien. Das bedeutet, dass die Muttergesellschaft Lufthansa den Langstreckenfluglan ab Zürich proportional zu den deutschen Umsteige-Hubs Frankfurt und München herauffahren muss. Doch in der Realität wird es schwierig, diese Forderung umzusetzen, schreibt die «Sonntagszeitung».

Falls sich der Hub in Zürich nämlich weniger schnell entwickelt als München und Frankfurt, muss der Bund das in einem «Schwankungsbereich» akzeptieren. Die Airline muss aber damit rechnen, dass die Schweizer die geschuldeten Beträge einfordern.

«Die Lage ist dramatisch»

In der heutigen Ausgabe des «Sonntagsblick» orientiert Andreas Züllig, Präsident von Hotelleriesuisse über die aktuelle Krise und wie es um die vielen Hotels in der Schweiz steht. Eines vorweg: Es sieht nicht gut aus. Auf die Frage, wie es der Hotellerie hierzulande geht, meint Züllig: «Die Lage ist dramatisch.» Demnach prognostiziert der Präsident für die Übernachtungszahlen für April und Mai ein Minus von 90 bis 95 Prozent.

Aber es gibt auch einen Lichtblick, denn für die Hauptferienzeit sei sein Hotel Schweizerhof auf der Lenzerheide schon sehr gut mit Schweizer Familien gebucht, was ihn enorm freue. Aufgrund der Schutzmassnahmen bleiben aber auch die Hälfte der Betten in seinem Hotel leer - in diesen Zeiten ein muss, weil die Gäste vor allem eines suchen: Sicherheit.

Weiter gibt er zu bedenken, dass die Stadthotellerie am Meisten unter der Krise leidet. In den Stadthotels machen die ausländischen Gäste 80 Prozent aus - diese bleiben aber fast komplett aus. Schweizer Gäste zu gewinnen sei für sie besonders schwierig. Ohnehin kann das Ausbleiben der ausländischen Touristen, die gesamthaft 55 Prozent der Übernachtungen in der Schweiz ausmachen, nicht kompensiert werden. Der Konkurrenzkampf um die inländischen Gäste wird deshalb um so grösser ausfallen und Züllig warnt, dass dies nicht in einer Rabattschlacht enden darf. «Wir dürfen nicht bei halber Kapazität und höherem Aufwand auch noch mit dem Preis herunterfahren. Das wäre eine Kamikaze-Übung», sagt er.

Schweizer wollen trotzdem Reisen

Die ersten sieben Seiten der heutigen Ausgabe des «Sonntagsblick» sind prall gefüllt mit touristischen Themen. Interessant ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage über die Ferienplanung. Sie zeigt, dass es die Schweizerinnen und Schweizer trotz Pandemie ins Ausland zieht. 32 Prozent gaben an, Ferien in einem anderen Land zu planen, 26 Prozent bleiben in der Schweiz, fast ein Drittel ist sich nicht sicher, wohin sie verreisen und 20 Prozent planen gar keine Ferien.

Ebenfalls ein Thema in der Zeitung ist der SVP-Vorschlag für einen Steuerabzug, für Schweizerinnen und Schweizer, welche dieses Jahr ihre Ferien im eigenen Land verbringen.

Martin Nydegger befürchtet Konkurswelle

Dieses Jahr fehlen in der Schweiz die asiatischen, indischen und arabischen Gäste. Das normalerweise gut besuchte Interlaken ist menschenleer. Martin Nydegger, Direktor von Schweiz Tourismus prognostiziert deshalb in einem Interview mit den Zeitungen der CH Media ein katastrophales Jahr für die Branche. Umfragen bei rund 4000 Betrieben haben ergeben, dass 23 Prozent angegeben haben, nicht unbeschadet aus der Corona-Krise herauszukommen. 80 Prozent haben Kurzarbeit für die Mitarbeitenden beantragt und 40 Prozent nahmen die Überbrückungskredite in Anspruch.

Weiter können bis Ende Juni nur rund zwei Drittel ihre Fixkosten decken. Eine Hochrechnung geht davon aus, dass sich die Verluste für den Schweizer Tourismus zwischen März und Juni auf 8,7 Milliarden Franken belaufen könnten. Bis die Buchungszahlen wieder auf dem Niveau von 2019 wieder ansteigen, ist es noch ein langer Weg, gibt Nidegger zu bedenken: «Ich befürchte eher fünf als drei Jahre. Der Einschnitt ist so tief.» Am 24. Mai findet in Bern diesbezüglich ein Krisengipfel statt, denn die Branche brauche gerade jetzt Planungssicherheit.

Werden wir in Zukunft überhaupt noch mit dem ÖV reisen?

Der Lockdown wurde ausgerufen und gleichzeitig dazu geraten, die Öffentlichen Verkehrsmittel zu meiden - zu gross ist die Gefahr, sich mit dem Coronavirus zu infizieren. Schweizerinnen und Schweizer stiegen deshalb auf das Auto oder Velo um. Nun fragen sich die Öffentlichen Verkehrsbetriebe, ob dieses geänderte Mobilitätsverhalten auch nach dem Lockdown bestehen wird. Ein Blick nach China zeigt, dass dieses Szenario nicht abwegig ist. Die «NZZ am Sonntag» hält fest, dass dort der Anteil der Befragten, die im Privatauto unterwegs waren, von 34 Prozent vor der Corona-Epidemie auf 66 Prozent nach der Lockerung des Lockdown gestiegen ist. Im Öffentlichen Verkehr wiederum ist eine Abnahme der Nutzung in gleichem Ausmass festzustellen.

Die ÖV-Branche bangt, ob sich diese Verhaltensänderung auch in der Schweiz abzeichnen wird. Immerhin rief der Bundesrat dazu auf, den ÖV zu meiden. Laut Ueli Stückelberger, Direktor des Verbandes öffentlicher Verkehr (VöV) war dies richtig, doch nun habe sich in den Köpfen der Menschen Angst festgesetzt und man müsse überlegen, wie man den Leuten vermitteln kann, den Öffentlichen Verkehr mit gutem Gewissen zu benutzen. Stückelberger glaubt, dass der Bundesrat dabei eine zentrale Rolle spielt, weil er zurzeit grosses Gehör bei der Bevölkerung findet: «Er muss zu gegebener Zeit klarstellen, dass man den öffentlichen Verkehr nun wieder bedenkenlos nutzen kann», sagt er gegenüber der Zeitung.

(NWI)