Tourismuswelt

Sunday Press Das Comeback der Autoreise

Designer Tyler Brûle nennt die kommenden Reisestrends. – Schweizer Ferienorte vor Rabattschlacht um einheimische Touristen. – Flugtickets könnten bald 50 Prozent mehr kosten. – Swiss streicht Osaka und Washington.

Jetzt ist die Zeit der Analysten gekommen, die sich über die Zukunft des Reisens äussern. Während des weltweiten Lockdowns kommt heute in der «NZZ am Sonntag» Trendsetter Tyler Brûle zu Wort, seines Zeichens Designer der Airline-Marke Swiss und Herausgeber des Lifestyle-Magazins «Monocle». Diese kommenden Reisetrends stehen für Brûle fest:

  • Die Autoreise erlebt ein Comeback: Er nennt das Auto das modernste, sicherste und hygienischste Verkehrsmittel für Ferienreisen, die vorerst ohnehin nicht sehr weit wegführen.
  • Saubere Verkehrmittel: Eisenbahngesellschaften, Fluglinien und Busunternehmen werden deutlich in Sauberkeit investieren müssen.
  • Niedergang von Airbnb: Es ist fraglich, ob Wohnungen weiterhin begehrt sein werden, in denen Hygiene nicht oberste Priorität hat.
  • Ciao, China: China wird von der Liste der gefragstesten Fernreiseziele verschwinden, meint Tyler Brûle.
  • Firmenkonferenzen in der Schweiz: Die Geschäftsreisen ins Ausland werden reduziert. Physische Zusammenkünfte werden aber verstärkt im eigenen Land erfolgen. Für Schweizer Tourismusorte könnte dies die Gelegenheit sein, auf einen ganzjährigen Betrieb umzustellen.
  • Keine Sperrstunde: Jetzt sei der Zeitpunkt gekommen, dass Schweizer Städte ihre Gastronomie revitalisieren und dem einheimischen Tourismus neue Impulse geben sollten – mit einem mediterranen Lebensgefühl und Restaurants, Terrassen und Bars, die lange offen bleiben.
  • Weniger Billigflugreisen: Am Ende des Jahres werde es weniger Billigfluganbieter geben – und das sei gut so.

Rabattschlacht um Schweizer Touristen

Die «Sonntagszeitung» geht davon aus, dass die Schweizer Ferienorte jetzt beginnen, einheimische Gäste zu umwerben – und zwar mit Tiefpreisen.

Um die Schweizer Touristen werde es in etlichen Bergregionen und Städten zu einer Werbe- und Rabattschlacht kommen, wird Andreas Züllig, Präsident der Hotelleriesuisse, zitiert: «Hotels werden versuchen, sich über einen tieferen Preis zu verkaufen, vor allem Regionen und Orte, die im Sommer einen hohen Anteil an internationalen Gästen haben.»

Auch der Präsident von Graubünden Ferien, Jürg Schmid, spricht von einer zu erwartenden Marketingschlacht um Schweizer Gäste. Bei der Werbeoffensive werde nicht zuletzt das Thema Sicherheit ausgespielt: «Wer Hygienemassnahmen umsetzt und die Auflagen zur sozialen Distanz einhält, wird die meisten Feriengäste anziehen.» Schmid geht davon aus, dass man von einer Preisdumpingstrategie absehen werde, dafür viel in kreative Angebote, Packages und Mehrwerte investieren werde.

Weiter geht die Zeitung davon aus, dass vor allem die Ferienorte Luzern, Engelberg und Interlaken, die unter dem Touristeneinbruch aus Asien und Nordamerika am heftigsten leiden, den Bündnern und Wallisern mit preislich attraktiven Angeboten Schweiz Gäste abjagen wollen.

Swiss streicht Osaka und Washington

In diesem Frühling hätte die Swiss neu nach Osaka und Washingten D.C. abheben sollen, dies nach jahrelanger Vorbereitung. Wie die «Schweiz am Wochenende» schreibt, seien die beiden Destinationen die ersten Opfer im Swiss-Netz im Zuge der Corona-Krise. Die Slots seien abgegeben worden.

Eine Swiss-Sprecherin bestätigt der Zeitung, dass Osaka und Washington momentan nicht buchbar sind und frühestens zu Beginn des Sommerflugplanes Ende März 2021 wieder aufgenommen würden. Doch in der Branche herrsche mehrheitlich Einigkeit, dass es mehrere Jahre dauern könnte, bis das alte Flugvolumen wieder erreicht wird.

Deutlich höhere Flugpreise

Die Preise fürs Fliegen werden deutlich steigen, schreibt die «NZZ am Sonntag». Die europäischen Airlines haben derzeit das Angebot um 90 Prozent reduziert. Eine Rückkehr zu alten Mustern – vollgepackte Flüge, geschäftige Flughäfen, enges Stehen in langen Warteschlangen – sei nicht denkbar, solange es keine Covid-19-Impfung geben wird. Zur Erinnerung, so die Zeitung, gebe es gegen jenes Virus, das Aids auslöst, trotz intensiver Forschung seit dreissig Jahren keinen Impfstoff.

Die Flugindustrie müsse sich neu erfinden. Die Zeiten des billigen Fliegens seien gemäss IATA-Chef Alexandre de Juniac vorerst vorbei. Die Einführung von Abstandsmassnahmen in Flugzeugen werde zu einer starken Reduktion der Passagiere führen, die pro Flugzeug transportiert werden können. De Juniac: «Die Preise müssen um mindestens 50 Prozent erhöht werden, um wenigstens einen minimalen Gewinn zu erwirtschaften.»

Boeing bläst Embraer-Deal ab

Der US-Flugzeugbauer Boeing wird den brasilianischen Rivalen Embraer doch nicht übernehmen. Der Kauf von vier Fünfteln des Verkehrsflugzeugsgeschäfts von Embraer für 4,2 Milliarden Dollar sei gescheitert, schreibt Cash.ch.

Man habe sich in zweijährigen Verhandlungen letztlich nicht über die Bedingungen der Übernahme einigen können, erklärte der zuständige Boeing-Manager Marc Allen. Embraer kündigte an, Schadenersatz zu fordern. Boeing wolle wegen hausgemachter Probleme aus der Kaufvereinbarung herauskommen und nutze angebliche Unstimmigkeiten als Vorwand, teilte Embraer auf die Erklärung Boeings hin mit.

Unterstützung für Air France-KLM

Während in den nächsten Tagen der Entscheid fallen dürfte, wieviel staatliches Geld die Lufthansa Group erhält, verzeichnet Air France-KLM bereits sichere Zusagen. Wie verschiedene Medien berichten, gewährt die französische Regierung Air France Milliardenhilfe.

Der Konzern Air France-KLM kann in der Corona-Krise mit staatlichen Finanzhilfen von neun bis elf Milliarden Euro rechnen. Frankreich stützt die Air France mit sieben Milliarden Euro Kredithilfen. Die niederländische Regierung stellt der Schwestergesellschaft KLM zwei bis vier Milliarden Euro in Aussicht.

«Wir sollten Fluggesellschaften nicht einfach retten»

Im «Sonntagsblick» wird eine Polit-Ökonomin interviewt. Die in Schottland lebende Australierin Katherine Trebeck engagiert sich bei «Economists for Future». Sie spricht von einer grossen Chance eines wirtschaftlichen Neustarts.

Beim Thema Airlines hat sie eine klare Meinung: «Wir werden auch nach Corona in einer Welt leben, die Bewegung und Reisen erfordert. Aber in dem Mass, wie wir das vor Corona gemacht haben, haben wir den Planeten enormem Stress ausgesetzt. Umweltkosten sind in Flugtickets zum Beispiel nicht eingepreist. Von Glasgow aus ist es für mich billiger, nach London zu fliegen, als den Zug zu nehmen. Das ist verrückt. Wenn Fluggesellschaften jetzt Rettungspakete wollen, sollte das an Konditionen geknüpft sein. Geld vom Steuerzahler muss mit der Erwartung einhergehen, dass die Unternehmen am Aufbau einer mitfühlenden, sozialeren und gerechteren Gesellschaft mitwirken.»

Pneuschlitzer im Engadin?

Weiter findet sich eine Geschichte in der «Sonntagszeitung» über das forsche Vorgehen des Bündner Corona-Krisenstabs, die auf Aussagen «hinter vorgehaltener Hand» beruhen. Offensichtlich kam der Appell «so weit wie möglich – insbesondere über Ostern – davon abzusehen, ihre Ferienwohnung zu besuchen» nicht überall gleich gut an. Einige Orte hätten den Aufruf nur auf der wenig beachteten Gemeinde- und nicht auf der Marketing-Webseite aufgeschaltet.

Nicht so im Engadin, dort sei der Aufruf beherzigt worden. Schliesslich sei die Stimmung im Hochtal aber auch aufgeheizt gewesen, insbesondere wegen der Nähe zu Italien. Zweitwohnungsbesitzern seien sogar die Heizungen abgestellt worden, will die Zeitung wissen und spricht davon, dass mancher Zweitwohnungsbesitzer Angst hatte, dass ihm die Pneus aufgeschlitzt würden. Se non è vero è ben trovato.

Keine Reiseseiten

Die Suche nach Reisereportagen, Inspiration für einen nächsten Trip oder Reistipps erfolgt an diesem Sonntag vergeblich. Die Reiseseiten der verschiedenen Sonntagszeitungen sind nicht mehr existent.

Einzig die «Sonntagszeitung» blickt hinter die Kulisse zweier Hotels. Im Sorell Rütli in Zürich und dem Golpanorama in Lipperswil packen Direktor und Lehrlinge derzeit selber an, um die Häuser in Schuss zu halten, bevor sich hoffentlich eines Tages wieder Gäste blicken lassen.

(GWA)