Tourismuswelt

Trotz einer gewissen Lockerung bleiben die Regeln des Social Distancing aufrecht. Bild: Macau Photo Agency

Bundesrat entscheidet Lockerung in drei Etappen

An der heutigen Medienkonferenz wurden erste Lockerungen des Lockdown kommuniziert. Am 27. April wird langsam hochgefahren, am 11. Mai gehen die öffentlichen Schulen wieder auf und wohl auch der Alltag für Läden. Noch unklar bleibt die Situation bei Restaurants oder hinsichtlich grösseren Anlässen. Und: Reisebüros erhalten keine Sonderunterstützung.

Keine Sonderunterstützung für Reisebüros

Der Bundesrat hat soeben, wie erwartet, Lockerungen des Coronavirus-bedingten Lockdown bekannt gegeben. Dies erfolgt in drei Etappen. 1. Etappe: Ab dem 27. April dürfen Coiffeur-, Massage- und Kosmetikstudios, Baumärkte, Gartencenter, Blumenläden und Gärtnereien («Betriebe mit personenbezogenen Dienstleistungen mit Körperkontakt») wieder öffnen. Ausserdem können Spitäler wieder sämtliche, auch nicht-dringliche Eingriffe vornehmen und ambulante medizinische Praxen den Betrieb wieder aufnehmen. Auch die Regelungen bei Beerdigungen werden etwas gelockert. Ab dem 27. April werden zudem die Sortimentsbeschränkungen in Lebensmittelläden aufgehoben. Wenn sich Güter des täglichen Bedarfs und weitere Güter auf der Verkaufsfläche der Lebensmittelläden befinden, dürfen sie verkauft werden.

Der Schutz des Publikums und der Arbeitnehmenden muss dabei aber sichergestellt sein; dazu müssen Schutzkonzepte präsentiert bzw. eingehalten werden. Der Bundesrat will damit verhindern, dass es zu einem Rückschlag kommt. Sprich: Die Distanz- und Hygienemassnahmen bleiben grundsätzlich in Kraft.

Nach unserem Verständnis müssten bereits am 27. April auch Reisebüros wieder öffnen dürfen: Laut Bundesrat können dann nämlich Einrichtungen öffnen, «die nur eine geringe Anzahl direkter Kontakte aufweisen, Schutzkonzepte einfach umsetzen können und keine bedeutenden Personenströme verursachen». Die Reisebüros werden übrigens von Bundesrat Guy Parmelin explizit erwähnt: Es spricht davon, dass man spezielle Unterstützungsmassnahmen für Reisebüros diskutiert habe; jedoch sei man zum Schluss gekommen, dass das Notrecht zu diesem Zweck nicht geeignet sei.  

2. Etappe: Wenn es die Entwicklung der Lage zulässt, sollen am 11. Mai dann auch die obligatorischen Schulen und Läden wieder öffnen; der Bundesrat entscheidet am 29. April hierüber. Die Priorität beim Hochfahren der Transportdienstleistungen wird sich laut Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga an diesem Datum orientieren. 3. Etappe: Die Mittel-, Berufs- und Hochschulen sowie die Museen, Zoos und Bibliotheken sollen dann schliesslich ab dem 8. Juni wieder öffnen.

Wann die Restaurants wieder aufgehen, ist ebenso unklar wie die Situation bei Massen-Events wie etwa Sportanlässen oder Konzerten. Bundesrat Alain Berset liess verlauten, dass hierzu weitere Sitzungen notwendig sein werden, über solche weitere Etappen habe der Bundesrat noch nicht entschieden. Eine etappenweise Öffnung wäre möglich; hinsichtlich Hotels hält sie fest, dass zahlreiche Hotels ja geöffnet sind. Der Übergang von einer Etappe zur nächsten könne erfolgen, wenn die Zahl der neuen Infektionen nicht deutlich angestiegen ist. Ein landesweites Monitoring wird hierzu in Kraft gesetzt.

Auf die Luftfahrt angesprochen, erinnert Sommaruga an ihre Ausführungen von letzter Woche. Weitere Schritte seien noch zu beschliessen.

Radio- und Fernsehabgabe ab 2021 um 30 Franken günstiger

Die Radio- und Fernsehabgabe wird ab 2021 von bisher 365 Franken auf neu 335 Franken für alle Schweizer Privathaushalte gesenkt. Auch die Wirtschaft wird entlastet: Die Tarifstruktur für die Unternehmensabgabe wird verfeinert und 93 Prozent der abgabepflichtigen Unternehmen werden weniger zahlen. Statt bisher 6 hat der Bundesrat nämlich neu 18 Tarifstufen definiert. Alle Unternehmen mit einem Jahresumsatz von weniger als 500'000 Franken bleiben weiterhin von der Abgabe ausgenommen.

In der tiefsten Stufe zahlen Firmen mit einem Umsatz von 500'000 Franken bis 749'999 Franken künftig eine Abgabe von 160 Franken, was einer Entlastung von 205 Franken entspricht. Insgesamt werden die Unternehmen um 53,3 Millionen Franken entlastet. Einzig die grossen Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als einer Milliarde werden höher belastet.

Den SRV dürfte dies freuen, hatte er doch stets die (letztlich vom Schweizer Stimmvolk akzeptierte) Revision des RTVG bekämpft, weil damit seit 2015 neu alle Unternehmen und KMU in die Tasche greifen mussten - und die Reisebüros mit zwar hohen Umsätzen aber tiefen Margen besonders getroffen wurden.

Massnahmen gegen Konkurse

Der Bundesrat will mit gezielten Massnahmen coronabedingte Konkurse und den damit verbundenen Verlust von Arbeitsplätzen verhindern. In einer Verordnung, die der Bundesrat heute verabschiedet hat, gibt es neu zwei vorübergehende Regelungen: eine befristete Entbindung von der Pflicht zur Überschuldungsanzeige sowie die Einführung einer befristeten COVID-19-Stundung. Beide Massnahmen haben zum Ziel, diejenigen Unternehmen vor einem drohenden Konkurs zu schützen, die allein aufgrund der Coronakrise in Liquiditätsengpässe geraten.

In einer normalen Lage sind Unternehmen gemäss Obligationenrecht (OR) verpflichtet, bei einer drohenden Überschuldung unverzüglich das Konkursgericht zu benachrichtigen. Von dieser Pflicht sollen Unternehmen entbunden werden, die per Ende 2019 finanziell gesund waren und bei denen Aussicht besteht, dass die Überschuldung nach der Coronakrise wieder behoben werden kann. Besteht keine konkrete Aussicht auf eine Behebung der Überschuldung, kann das Unternehmen nach wie vor auch eine Nachlassstundung beantragen. Der Bundesrat hat die Voraussetzungen dafür vorübergehend leicht gelockert.

Zusätzlich hat der Bundesrat für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die wegen der Coronakrise in Liquiditätsengpässe geraten, neu eine befristete Stundung eingeführt, die «COVID-19-Stundung». Mit dieser Massnahme kann KMU in einem unbürokratischen Verfahren eine vorübergehende Stundung von drei Monaten gewährt werden, ohne dass ein Sanierungsplan vorliegen muss. Die Stundung kann um weitere drei Monate verlängert werden. Zudem gelten – anders als bei der Nachlassstundung – zum Schutz der Gläubiger spezifische Einschränkungen: so werden namentlich Lohnforderungen und Alimentenansprüche nicht von der Stundung erfasst und sind weiterhin voraussetzungslos geschuldet.

Auch für die Zustellung von Betreibungsurkunden gelten vorübergehend erleichterte Bedingungen: so ist in gewissen Fällen die Zustellung auch ohne Empfangsbestätigung gültig, sofern ein Zustellnachweis erbracht wird (z. B. mittels "A-Post-Plus" der Schweizerischen Post).

Lehrabschlussprüfungen werden schweizweit koordiniert

Schweizweit schliessen im Sommer 2020 rund 75'000 Jugendliche ihre berufliche Grundbildung ab - darunter auch solche in der Reisebranche. Die schon im April erzielte Einigung unter den Verbundpartnern der Berufsbildung (Bund, Kantone, Organisationen der Arbeitswelt) soll es Lehrlingen ermöglichen, trotz den Auswirkungen des Corona-Virus ein anerkanntes eidgenössisches Fähigkeitszeugnis bzw. Berufsattest zu erhalten.

Wie der Bundesrat nun mitteilte, heisst er diese Vorschläge für dieses Jahr gut. Für die praktische Arbeit wird pro berufliche Grundbildung eine schweizweit durchführbare Variante gewählt. Je nach Beruf soll eine praktische Prüfung oder eine Beurteilung der praktischen Leistungen durch den Lehrbetrieb vorgenommen werden. Die schulischen Prüfungen werden mit den Erfahrungsnoten ersetzt. Einzelne Kantone, denen die Durchführung einer praktischen Prüfung aus epidemiologischen Gründen nicht möglich ist, erhalten die Möglichkeit, eine entsprechend begründete Ausnahme zu beantragen.

Einkaufstourismus bleibt verboten

Seit Mitte März hat die Schweiz aus gesundheitspolitischen Gründen temporäre Binnengrenzkontrollen wieder eingeführt und Einreiseverbote erlassen. Kurz: Der Bundesrat rät von nicht notwendigen Reisen ab.

Die Eidgenössische Zollverwaltung (EZV) hat jedoch in den vergangenen Wochen weiterhin ein reges grenzüberschreitendes Einkaufsverhalten festgestellt. Diese Kontrollen binden Ressourcen der EZV, die für die wirksame Kontrolle der Binnengrenzen benötigt würden. Deshalb wurde die Verordnung mit einem Artikel ergänzt: Bei der Wiedereinreise in die Schweiz wird eine Busse von 100 Franken ausgesprochen, wenn offensichtlich ein Fall von Einkaufstourismus vorliegt und die Grenzüberschreitung ausschliesslich zu diesem Zweck erfolgt ist. Mit dieser Busse wird nicht der Einkauf an sich sanktioniert, sondern die erfolgte Behinderung der Arbeit der Grenzschutzbehörde.

Parallel dazu hat das SEM Präzisierungen in der Weisung zur Corona-Verordnung des Bundesrates vorgenommen. Es geht unter anderem darum, präziser zu definieren, welche ausländischen Personen sich in einer Situation absoluter Notwendigkeit befinden und deshalb in die Schweiz einreisen dürfen. So sind beispielsweise neu Ein- und Ausreisen auch aus den nachfolgenden Gründen erlaubt, sofern sie hinreichend belegt und glaubhaft gemacht worden sind (nicht abschliessend):

  • Betreuung von erkrankten oder betagten Familienangehörigen (mit entsprechenden Belegen wie Arztzeugnis, Familienregister etc.).
  • Wahrnehmung des zivilrechtlich geregelten Besuchsrechts von getrenntlebenden Eltern.
  • Wahrnehmung von wichtigen gerichtlichen Terminen oder nicht aufschiebbaren geschäftlichen Besprechungen.
  • Fortführung medizinischer Behandlung im In- und Ausland.

Die Ausreise aus der Schweiz an geöffneten Grenzübergängen ist ohne weiteres möglich. Die EZV bittet die Personen jedoch, die aktuellen Bestimmungen zur Einreise der jeweiligen Nachbarländer zu beachten. Vom Überqueren der geöffneten Grenzübergänge für Freizeitzwecke wird im Sinne der Empfehlungen des Bundesrats abgeraten.

(JCR)